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Bahnhof Friedrichstraße

Ein bisschen Geschichte dazu:
Im Jahr 1878 wurde auf einem Grundstück zwischen Friedrichstraße und Spree nach Plänen von Johannes Vollmer mit dem Bau des Bahnhofs begonnen. Strecken und Bauwerke wurden am 7. Februar 1882 für die Vorortbahn (spätere S-Bahn) und am 15. Mai desselben Jahres für die Fernbahn als Centralbahnhof Friedrichstraße eröffnet.

Zur Zeit der deutschen Teilung war der Bahnhof Friedrichstraße eine der wichtigsten Grenzübergangsstellen zwischen Ost- und West-Berlin. Er befindet sich innerhalb der ehemaligen Osthälfte Berlins im historischen Stadtviertel Dorotheenstadt des Ortsteils Mitte. Von hier fuhren S-, U- oder Fernbahn aus der DDR nach West-Berlin.
Gleich nach dem 13. August 1961, dem Tag der Errichtung der Berliner Mauer, wurde der Bahnhof nach einer provisorisch organisierten Übergangsphase in mehrere Bereiche geteilt, die nach und nach durch Wände und Zwischendecken baulich streng getrennt wurden:
Die unterirdischen Anlagen mit den Bahnsteigen der S-Bahn standen ausschließlich den Fahrgästen zur Verfügung, die aus dem Westen kamen. Sie konnten nur zum Umsteigen, zum Einkaufen an den Intershop-Kiosken und als Zugang zur Grenzübergangsstelle genutzt werden. Der U-Bahnsteig konnte nur über einen langen Verbindungsgang vom unterirdischen S-Bahnsteig aus erreicht werden.
An diesem Verbindungsgang in Nähe des Abgangs zum Bahnsteig der U-Bahn gab es den sogenannten „Dienstübergang“ für Mitarbeiter der Deutschen Reichsbahn, der auch der Agentenschleusung und dem unbeobachteten Passieren von Funktionären von KPD und SEW diente. Bei Insidern hatte dieser Übergang die Bezeichnung „Ho-Chi-Minh-Pfad“ in Anlehnung an den gleichnamigen Schleichweg in Vietnam.
Durch diese Agentenschleuse wechselten am 7. Juli 1976 die steckbrieflich gesuchten RAF-Angehörigen Inge Viett, Monika Berberich, Gabriele Rollnik sowie Juliane Plambeck und am 27. Mai 1978 Till Meyer in die DDR, der HVA-Überläufer Werner Stiller floh auf diesem Wege am 18. Januar 1979 Richtung West-Berlin.
Die oberirdische Anlage war durch eine bis zur Decke reichende, jeden Blickkontakt verhindernde Wand aus Profilglas, später aus Metallplatten zwischen den Bahnsteigen B und C geteilt. Diese Wand erfüllte hier faktisch die Funktion der Berliner Mauer. Auch der Ausblick zur Friedrichstraße wurde durch sichthemmendes Glas und Plakate verhindert. Im Bahnhofsgebäude gab es somit zwei getrennte Bahnhöfe ohne direkte Kontaktmöglichkeit.
Es gab getrennte Abfertigungschalter für:
• „Bürger Berlin West“ (bzw. der „Besonderen politischen Einheit Westberlin“)
• „Bürger der BRD“
• Ausländer, Diplomaten (Schnellabfertigung)
• Transitreisende (meist schnelle Abfertigung)
• DDR-Bürger (penible Kontrollen)

Tränenpalast ist die umgangssprachliche Bezeichnung im Berliner Volksmund für die ehemalige Ausreisehalle der Grenzübergangsstelle Bahnhof Friedrichstraße in der zwischen 1961 und 1989 geteilten Stadt Berlin. Die Bezeichnung Tränenpalast leitet sich davon ab, dass die meisten DDR-Bürger im genannten Zeitraum keine Reisefreiheit nach West-Berlin hatten und ihre westlichen Besucher hier unter Tränen verabschieden mussten. Im Tränenpalast befanden sich die Kontroll- und Abfertigungsschalter der Grenztruppen der DDR.

Kommentare 20

  • Fotofroggy 20. November 2017, 10:02

    Im Tränenpalst habe ich früher öfter mal stundenlang gestanden.
    Als ich jetzt mal drin war wurde mir genau wie früher schlecht.
    Ich habe noch das warme Gedränge gespürt. Gruselig.
    Das Bild ist richtig gut.
    LG Barbara
  • Urs V58 3. September 2017, 11:16

    Ich habe Berlin während der Zeit der Teilung nie besucht und der Hauptstadt erst 2013 meinen ersten Besuch abgestattet. Trotzdem kann ich mir die unheimliche Stimmung an der Grenze gut vorstellen und habe mich auch beruflich intensiv mit diesr Zeit beschäftigt.
    Der Anblick kommt mir auch deswegen vertraut vor, weil ich bei meinem zweiten Besuch Berlins im Hochhaus im Hintergrund übernachtet habe. Zur DDR-Zeit war es ein von Diplomaten bevorzugtes Hotel.
    Vielen Dank für die ausführliche Dokumentation.
    LG Urs
  • Maria Kaldewey 3. September 2017, 0:07

    Eine sehr schöne Aufnahme, die ob der Hintergrundinfo nachdenklich stimmt.

    Liebe Grüße, Maria.
    .
  • nature and MoRe 2. September 2017, 23:45

    Dieser Anblick ist mir doch sehr vertraut. Noch heute bekomme ich aber eine Gänsehaut, wenn ich an den Bahnhof Friedrichstraße zu Zeiten der Berliner Mauer denke. Wenn ich mit der U-Bahn damals DDR-Gebiet durchfahren habe, dann habe ich mich immer unwohl gefühlt. Spätabends, wenn nicht mehr viele Leute unterwegs waren, habe ich diese Strecke immer gemieden und bin lieber Umwege gefahren, um die DDR zu umfahren, weil dort immer Wachleute mit Gewehr im Anschlag patrouillierten, während die Züge langsam durch den Bahnhof hindurchfuhren ohne anzuhalten. UNHEIMLICH! Ich bin froh, dass das nun schon lange vorbei ist - aber die Erinnerungen bleiben ...
    Eine gute Aufnahme mit dem stimmungsvollen Himmel darüber.
    LG Monika
  • Pixelfranz 2. September 2017, 22:47

    ein klasse Motiv.
    LG Franz
  • Macrone 2. September 2017, 20:44

    Diese alten Bahnhofsgebäude finde ich architektonisch einfach wunderschön. Ich könnte stundenlang darin herum laufen und alles betrachten. Über die Archiktektur und die Reisefreude vergisst man oft, dass Bahnhöfe wie dieser auch ausgesprochen geschichtsträchtige Orte sind. Danke für die interessante Geschichtsstunde.
    P.S. Dass Ausländer mit Diplomaten zusammen schneller abgefertigt werden, kann man sich heute kaum noch vorstellen. LG Annette
  • Rolf Paul Fütterer 2. September 2017, 19:44

    Eine bewegende und hochinformative Storie zu diesem besonderen Foto.
    Gut, dass du mit beiden, dazu beiträgst, das es nicht vergessen wird, wieviel Leid und Unrecht hier geschehen ist. Aus einem Verbindenden Ort wurde einer der Trennung und Abgrenzung. Noch immer begreifen einige nicht, welches Glück uns in der Wiedervereinigung zuteil wurde.
    Freundesgrüße von Rolf
  • Rumtreibär 2. September 2017, 16:18

    sehr gut
    Gruß Dieter
  • Ulli Schmidt 2. September 2017, 15:57

    Klasse.
    VG Ulli
  • Frank Keller 2. September 2017, 14:21

    Mal ein anderer Blick auf die Friedrichstraße.

    LG von Frank
  • sabiri 2. September 2017, 11:21

    Tolles Bild mit einer sehr schönen Wolkenstimmung, die fast aber nur fast den Wahnsinn der Trennung vergessen läßt.
    LG Gerhard
  • Buntspecht 78 2. September 2017, 10:52

    Habe ihn selbst passiert,kurz vor dem Mauerfall,war eine bedrückende Atmosphäre!
    lg lisa
  • Rainer Rauer 2. September 2017, 10:02

    Ein ganz schöner Brocken. Hab oft über ihn in der Zeitung gelesen - und sehe ihn jetzt auch mal in "Natura".
    LG Rainer
  • STRESS PHOTOGRAPHY 2. September 2017, 9:27

    Da kann ich mich Wolfgang nur anschliessen.
    LG Hans Peter
  • Momay 2. September 2017, 9:26

    Dein Bild zeigt nur den Bahnhof Friedrichstraße. Als "Tränenpalast" bezechnet man ein Gebäude am Bahnhof Friedrichstraße. Kenne es gut, habe selbst auf diesem Wege zu Mauerzeiten die DDR verlassen.
    https://www.museumsportal-berlin.de/de/museen/tranenpalast/
    LG Moni

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