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Wenn das unendliche Meer nicht mehr trägt...

Wenn das unendliche Meer nicht mehr trägt...

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Franz-Josef Wirtz


Premium (Pro), Düsseldorf

Wenn das unendliche Meer nicht mehr trägt...

Vermutlich hat jeder von uns schon einmal Steine flach über's Wasser geworfen, so dass sie hüpfen. Vielleicht verläuft unser Leben auch wie der Flug eines solchen Steines. Wir bekommen am Anfang einen kräftigen Anschub und fliegen damit ein ganz gutes Stück. Dann können wir munter hüpfen und scheinbar ganz leicht über das Wasser hinweg oder in der Luft tanzen - zur gelösten Freude der Betrachter. Und doch ist es ein stetes Auf und Ab. Manchen ergeht es so, dass womöglich nur eine kleine Welle ungünstig anlandet und der Stein schon früh versinkt. Die meisten können hüpfen, bis dass die Energie aufgezehrt ist und sie zuletzt einsinken in die Welt unter der spiegelnden Oberfläche. Und manch anderen verlässt die Zuversicht zu früh. Der Sog des Dunkels und der Stille ist zu groß geworden. Sie drehen sich selbst so zum Wasser, dass das Meer sie nicht mehr tragen kann, sondern sie sacht in sich birgt und die Wellenarme dicht um sie legt.

Ein umspülter Stein am Neustädter Ostseestrand in der Dezembersonne für die einstige Mitstreiterin Ulrike Germeshausen, 25.10.1966 - 22.01.2007, aus Neumünster/Schleswig-Holstein

http://www.germi-naturfoto.de/

Trauer um Ulrike Germeshausen
Trauer um Ulrike Germeshausen

*25.10.1966 Ulrike Germeshausen † 22.1. 2007
*25.10.1966 Ulrike Germeshausen † 22.1. 2007
† Ute Allendoerfer

Ulrike....
Ulrike....
Gabriela Ürlings

Trauerfeier Ulrike Germeshausen 12.Februar 2007
Trauerfeier Ulrike Germeshausen 12.Februar 2007
† Ute Allendoerfer

Kommentare 19

  • Franz-Josef Wirtz 7. Februar 2007, 17:16

    @Marlis: bei einem für uns ruhenden Stein wissen wir nicht, wie die Zeit sich bewegt, an welcher Stelle eines Zyklusses wir uns befinden. Ist er angespült (=Ende) oder wartet er darauf, dass wir ihn aufheben (=Anfang). Auf jeden Fall tritt zwischen diesen beiden Momenten eine Verwandlung ein, die uns nicht nachvollziehbar erscheint. Die Eigenheiten des Meeres und der Steine verdeutlichen uns viele Zyklen und Zeitskalen.

    @Armin: Momente der Trauer vernebeln einem die Sinne und der Kloß im Hals lässt die Sprache stocken. Es muss nicht alles diskutiert werden. Bei der Steinallegorie ist der Flug der sicherlich längste Teil - inklusive der positiven Aufstiege. Das Eintauchen ist nur ein kurzer Moment des Schnitts. Für uns relativiert sich durch die Ungewissheit des Fortgangs auf einer anderen Ebene (und zu einer anderen Zeit, siehe Marlis) die Zeit. Für uns bleibt eben die Erinnerung, weil das andere uns nicht zugänglich ist. Diese Erinnerung können wir in unsere eigene Gegenwart einbringen und damit stellvertretend fortsetzen.

    Für mich gibt es zwischen dem ersten und dem dritten Weg keinen Unterschied. Das Sinnbild ist unsere "gesunde" Warte. Einem Menschen, der selbstmordgefährdet ist steht weder die angemessene Gewichtung noch die Visionärskraft für alternative Ausgänge noch die schlichte Zuversicht auf unerwartete Wendungen noch das Gefahrenbewusstsein zur Verfügung. Damit ist keine "bewusste", rationelle Entscheidung wie wir sie kennen möglich - die zu anderen Ausgängen führen würde. Es ist wie das Leben in einer anderen Welt, wo vieles unsichtbar und völlig verzerrt bleibt. Ein Kleinkind, das einem davonhüpfendem Ball auf die Straße folgt lebt in dem Moment ganz in der faszinierenden Welt des Ballspiels. Gefährlicher Autoverkehr ist etwas aus einer anderen Dimension. Niemand würde ein totgefahrenes Kind selbstmörderisch nennen, obwohl es selbst entschieden hat, dem Ball zu folgen. Therapie heißt dann, diese anderen Dimensionen etc. wieder sichtbar zu machen. Leider gelingt nicht jede Therapie und nicht jede Krankheit lässt sich leicht erkennen.
  • Silke Maria Christoph 29. Januar 2007, 12:16

    ;-(
    Alles Gute und Grüßlies
  • Marion Germeshausen 28. Januar 2007, 23:05

    danke
  • Armin Ates 26. Januar 2007, 14:55

    @ute: jetzt aber! :)
  • † Ute Allendoerfer 26. Januar 2007, 7:12

    Armin, nein ich habe keine Mail bekommen. Schau mal bitte nach.
    Marlis, Ulrike war Teammitglied, und ist kurz vor ihrem Tod ausgeschieden.
    Wir werden das noch in der Sektion nachtragen. Aber du siehst es an den Bildern der Sektion, Uli war bekannt, hat an vielen Treffen teilgenommen. LG ute
  • Armin Ates 25. Januar 2007, 21:52

    @franz-josef: das sollte jetzt auf gar keinen fall als kritik in irgendeinerweise rübergekommen sein, btw....!
    abgesehen davon, dass jeder vergleich nur bedingt übertragbar ist,hab ich vielleicht in diesem fall auch einfach zu wenig hintergrundwissen und du hast das noch viel treffender erkannt, als ich es aus meiner sicht zu erkennen in der lage war.
    ich muss gestehen, dass ich ulrike quasi nur oberflächlich aus der fc kannte.
    ich weiss, dass sie sehr aktiv im support war und kenne natürlich ihre fotos.
    die "rauhen steine", die sie beschreiten musste kenne ich gar nicht. deswegen fiel es mir bis jetzt auch sehr schwer überhaupt irgendeinen kommentar in diese sektion zu schreiben.ich respektiere die entscheidung, die andere für ihr leben fällen, denn ich maße mir nicht an über gut und schlecht bewerten zu können.

    du siehst, ich kann und will dir nicht entgegensprechen,
    mir fehlte im gleichnis nur irgendwie noch ein positives element ;)
    ab und an über die eigene endlichkeit zu reflektieren kann in gesundem maße nicht schaden. und um positiv zu enden: ich freu mich wenn z.b. doris k. schreibt: "das team rückt enger zusammen" und ich freu mich, wenn sich menschen wie du, oder z.b. gabriela so viele gedanken und mühe machen und schreiben.

    @ute: jetzt hab ich so lang an der mail an dich geschrieben und editiert, ich weiss gar nicht, ob ich sie versendet hab, oder ob sie noch in meinen "entwürfen" hängt...

    liebe grüsse!
  • † Ute Allendoerfer 25. Januar 2007, 17:01

    danke für eure Gedanken, sie trösten mich. Ute
  • Franz-Josef Wirtz 25. Januar 2007, 13:51

    @Armin: bei einem Stein traut man ihm nun nicht gerade als erstes die eigene Entscheidungsfreiheit zu. Es sollte aber zumindest doch etwas angeklungen sein dadurch, dass es Dinge gibt, die nicht beeinflusst werden können (anlandende Welle) und Dinge, die selbst beeinflust werden (zumindest im poetischen Sinne), eben, wie der Stein sich gerade dreht und auch, wie dann in der Luft getanzt wird...

    Tatsächlich ist es wohl so, dass wir damit zurechtkommen müssen, dass die Rationalität und damit der freie Wille durch manche Faktoren wie Erkrankungen oder andere Faktoren eben eingeschränkt werden oder gar verloren gehen können. Und es ist auch so, dass nicht alles alleine erreicht werden kann, sondern das ganze Zusammenspiel von Umgebung und Selbst den Ausgang bestimmt.

    Ich bin mit Sicherheit kein Verfechter der deterministischen Schicksalstheorie.

    Ulrike hatte ja bereits neue Wege eingeschlagen, um zu neuen Lösungen zu kommen, den nächsten Hüpfer geplant. Dennoch schienen ihr diese Wege - vielleicht sogar ganz kurzfristig - nicht mehr gangbar. Sie hatte den Stein schon wieder in die richtige Richtung gedreht, aber die letzten Grade fehlten dann doch, oder sie hat etwas gekippelt.

    per aspera ad astra

    kommt mir sehr sinnfällig vor, wenn die Durststrecke erst einmal hinter einem liegt. Und es ist sicher, dass die nächste kommen wird. Ein stetes Auf und Ab.

    Ich möchte eigentlich ermutigen, dass oft Auswege möglich sind, die nicht greifbar scheinen oder einfach sehr viel Opfer erfordern, aber letztlich doch eine Besserung ermöglichen, und sei es nur eine Veränderung der Sichtweisen. Dafür ist die Allegorie vielleicht nicht hinreichend.

    Im Hinterkopf hatte ich u.a. den Prophet-Text von Khalil Gibran, in dem auch eine Frage zu Kindern beantwortet wird, die dann als Pfeil symbolisiert werden.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Gibran_Khalil_Gibran

    und Passagen aus dem Buch "Das verborgene Wort" von Ulla Hahn, wo ihre Kindheit am Rhein mit dem Schnippen der Steine eben auch wunderbar beschrieben wird.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Ulla_Hahn

    Vielleicht klingt auch noch etwas aus dem Text

    "Ich bin gekommen Euch zum Spaß
    und gehe hin wo Leides ist
    und Freude
    und wo beides ist,
    zu lernen Mensch und Maß"

    (1954, Auszug)

    von Hanns Dieter Hüsch mit.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Hanns_Dieter_H%C3%BCsch
  • Armin Ates 25. Januar 2007, 12:06

    .
    (@fjw: habe länger über dein "bild" nachgedacht... ein sehr poetischer vergleich.
    was mir in dem gleichnis fehlt ist die kraft, die aus uns selbst kommt und mit der wir uns auch selbst nochmal einen neuen impuls geben können. denn das können wir menschen. der stein ist nach dem abwurf ganz der umwelt und ihren faktoren ausgeliefert. wir können für uns selbst entscheiden, auch wenn wir nicht immer alles so bewegen können, wie wir das gern hätten)
  • Margit Rath 25. Januar 2007, 10:02

    Ein wunderschöner Text zu einem aussagekräftigem Bild.
    LG Margit
  • Angelika Oetker 24. Januar 2007, 17:57

    .
  • Ricarda Grothey 24. Januar 2007, 16:20

    .
  • Dirk Steinis 24. Januar 2007, 11:54

    ein wunderbares Bild hast Du gefunden und geschaffen. Gute Zeilen und hoffende Zuversicht auf die bergenden Arme.
    LG
    Dirk
  • Christian Knospe 24. Januar 2007, 8:49

    .
  • Ike B. 24. Januar 2007, 1:18

    Tiefe Worte.....und sehr berührend!
    Leider zu einem sehr, sehr traurigen Anlass!
    LG
    Ike