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Wasserüberreißen

Wasserüberreißen

3.505 16

Thomas Reitzel


Premium (World), Fountain, RP

Wasserüberreißen

Hierunter versteht man das Mitreißen von vielen im Dampf verteilten Wassertröpfchen. Gelangen diese in den Zylinder, so können schwere Schäden auftreten(Zerstörung der Zylinderdeckel, Treib- und Kolbenstangenbrüche). Die mitgerissenen gröberen, kolloidalen und molekularen Verunreinigungen im Wasser brennen im Überhitzer fest, vermindern den Wärmeübergang, ergeben geringere Überhitzung und damit größeren Brennstoffverbrauch und führen schließlich zum Ausglühen der Überhitzerrohre.

Das Wasserüberreißen kann u.a. durch zu hohen Wasserstand im Kessel, aber auch durch Schrägstehen der Lok, wie hier auf einer starken Steigung, verursacht werden, wenn sich hinten in der Nähe des Dampfentnahmestutzens der Wasserstand der Dampfeinströmöffnung am Regler zu stark nähert.

Im Fall des Wasserüberreißens müssen sofort die Zylinderhähne geöffnet werden, damit das Wasser abfließen kann und die Zylinder nicht durch Kondensation beschädigt. Außerdem ist der Regler zu drosseln oder ganz abzusperren.

Grundsätzlich soll daher der Wasserstand im Kessel bei waagrechter Strecke sich etwa auf der halben Höhe des Wasserstandsglases halten. Gewisse Schwankungen sind natürlich nicht ausgeschlossen, zumal auf Bergstrecken, wo der Wasserstand geringfügig höher sein darf und es deshalb gerade dort zur Gefahr des Wasserüberreißens, in Verbindung von großer Kesselanstrengung und großer Dampfentnahme(weit offenem) Regler kommen kann.

Frei zitiert aus: Rudolf Radde: " Die Dampflokomotiven im maschinentechnischen Dienst der Deutschen Eisenbahn, Teil II, Lokomotivbetriebsdienst. Verlag Georg Achterfeld, Berlin Lichterfelde 1951


Meine Aufnahme ist der Nachschuß zu

Twilight of Steam
Twilight of Steam
Thomas Reitzel

01 008 und 01 180 befördern gemeinsam am 22.5.1973 den Eilzug 1649 von Bamberg nach Hof.
Dieser Zug war wegen seiner Länge von 11-12 Wagen planmäßig mit zwei Maschinen bespannt, auch, weil die Schiefe Ebene zu bezwingen war, die den Lokomotiven das Letzte abverlangte und deshalb mit dem Ende des Dampfbetriebs Scharen von Eisenbahnfotografen aus aller Welt anzog.

Trotzdem stand ich hier in Marktschorgast, am Ende der Steigung, allein am Bahnhof, um das optische und akustische Spektakel zu würdigen und es Kamera- und Erinnerungsseitig abzuspeichern.

Wenige Tage sind es noch bis zum Fahrplanwechsel, ab dem die Diesellok diese Leistungen übernehmen wird.

In diesem dramatischen Moment hängt das Zuggewicht fast allein an der 01 008, weil die neubekesselte 01 180 mit Wasserüberreißen zu kämpfen hat, einer Unart der Heißdampfregler bei diesen Maschinen. Das Foto zeigt, wie die 01 180 von einem Nebel aus Wassertröpfchen eingehüllt ist.

Beide Fotos mit Olympus FTL und Normaloptik. Scan vom Dia.
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Kommentare 16

  • BR 45 28. Mai 2018, 17:16

    Damals aus Mangel an Kenntnissen verkniffen, heute verspätet noch ein Kommentar zu diesem feinen Nachschuss im flachen Nachmittagslicht.
    Zum "Kotzen" und zum Heißdampfregler wurde schon alles gesagt drum Dank an Dich und die "alten Hasen" für die ausfgührliche Bearbeitung dieses Themas.
    Nur frage ich mich immer wieder warum die DB den mangelhaften Regler nicht wieder gegen den tausendfach bewährten Naßdampfregler getauscht hatten ??
    Iss`es das selbe Problem wie heute auch das man gemachte Fehler nicht eingestehen will ???
    Grüße Andy
    • Thomas Reitzel 28. Mai 2018, 18:21

      Das hast nicht nur Du Dich gefragt.
      Wahrscheinlich wollte man einfach nicht mehr in teure Umbauten investieren.
      Andererseits gab es auch Stimmen, die behaupteten, daß man eben nur mit den Heißdampfreglern, respektive den Maschinen, die dranhingen, richtig umgehen mußte... wir werden´s nicht mehr eindeutig klären!
    • BR 45 29. Mai 2018, 9:28

      Das ist wohl war Tom,
      Naja, 01 180 läuft ja wieder und wenn Du noch mehr von der Maschine reloaden tust, werd ich in meiner Am dann mal in die Runde fragen (wenn Du`s nicht schon machst)
      ob/was die Nördlinger in dieser Beziehung mit der Maschine jetzt für Erfahrungen machen.
      Gruß Andy
  • Weltensammler 19. Oktober 2011, 10:47

    Sehr informativer Text und ein Foto, dass Träume entfacht!
    VG vom Weltensammler
  • blind lense 18. Oktober 2011, 23:44

    Noch eine kleine Ergänzung zum Thema Wasserreißen.

    Die Wassertröpfchen gelangen wie bereits erwähnt in den Überhitzer. Hier werden sie vollständig in Dampf umgewandelt, selbst wenn der Lokführer den Regler schließt, sorgt der entstehende Dampf für eine ungehinderte Fortsetzung der Fahrt. So ist es mir mal als junger Lokführer ergangen. Zu schnelles Öffnen des Reglers führte zu Wasserüberreißen. Nur mit Mühe gelang es mir, nicht gegen ein anderes Fahrzeug in dreißig Metern Entfernung zu brettern.
  • Thomas Jüngling 18. Oktober 2011, 23:32

    Auch mir ist die qualitative Steigerung der Anmerkungen und auch der fotografischen Dokus an sich in den letzten Tagen aufgefallen. Die "alten Hasen" sind wieder da, bereichern auch das Werk der Jugend hier wieder vermehrt mit ihrem Wissen, mit ihren Hinweisen. Danke Euch dafür und natürlich danke auch für dieses Bild und die informativen Ausführungen dazu.

    Eure Bilder - deren Qualität - sind es, die mich seit Jahren immer wieder zum Bahndamm treiben, teilweise mit Jahrzehnte alten Kameras und neuerdings sogar manchmal mit Schwarz-weiß-Film. Diese Bilder strahlen einen Reiz aus, dem man in Zeiten der leichtferigen Digitalfotografie (nicht böse gemeint, aber beim Film kam es auf jedes Bild an - Film und Entwicklung kosten, löschen gibt's nicht - Analogfotografie bedeutet ein Stück weit Handarbeit) schwer etwas entgegen setzen kann.
    Historische Bilder kann man eben nicht in drei Tagen erzeugen, aber Eure Aufnahmen aus längst vergangenen Tagen, Eure Erfahrungen, Eurer Wissen haben für mich persönlich etwas von Vorbild. Bitte werdet nicht müde, das zu zeigen!

    Man verzeihe mir den Aufsatz, aber ich denke, das passte gerade mal - mal eine Stimme aus der Sicht der Jugend ;-)

    Gruß Thomas
  • Hans-Dieter Illing 18. Oktober 2011, 20:55

    Dank Dir Tom für das Foto und die ausführlichen Erläuterungen. Auch allen anderen hier meinen Dank. Macht es Spaß etwas zum Hintergrund zu erfahren.
  • Roni Kappel 18. Oktober 2011, 18:49

    Hallo!

    Stark! :-)

    lg,
    Roni
  • Michael PK 18. Oktober 2011, 17:37

    So macht der FC wieder richtig Spass,gute Bilder und lehrreich.Bitte weiter so
  • Stockhaldekehrtunnel 18. Oktober 2011, 17:19

    FC wie sie bis vor 2-3Jahren noch regelmässig war- gute Motive mit Klasse Erklärungen dazu über Betriebsabläufe und Dampfloktechnik von Usern die diese Zeit noch selbst erlebt und bei der Bahn Ihren Dienst taten.......oftmals wenige neue Motive in der Woche,aber immer sehenswert und ungestellt aus der Dampfplanzeit in Ost und West.
    Keine 40 oder 50 Anmerkungen alla " Fein,Prima,Klasse, erinnert mich an meine Kindheit...."
    dafür ehrlich gemeinte,anerkennente und fundierte Kommentare zu den Motiven.
    Wäre schön wenn die FC sich wieder darauf besinnen könnte.
    Danke auch hier wieder mal an "Ralf Göhl" für seine hier eingestellten Motive aus der Planzeit und seine fundierten Texte dazu und alle erdenklich besten Wünsche zur baldigen Genesung.

    Grüsse
  • Thomas Reitzel 18. Oktober 2011, 17:05

    Danke, Ralf, für Deine ergänzenden Erläuterungen.
    Alle DB-Lok mit Mischvorwärmer und Heißdampfregler neigten zum kotzen, weshalb sie dann auch viel früher aufs Abstellgleis gingen als ihre Vorgänger mit Altbaukessel, oder die 23er mit Naßdampfregler und Oberflächenvorwärmer.

    Auch den anderen bis hierher: Danke!

  • Ralf Göhl 18. Oktober 2011, 17:01

    Kotzen bei einer Dampflok, wie wir dazu sagen, ist somit eins der schlimmsten Vorkommnisse überhaupt. Was mitunter schwere Folgen nach sich ziehen und auch viel später noch ihre Auswirkungen zeigen kann.
    Wie z.B. undichte Elemente kaum sichtbare Anrisse am Kreuzkopf usw.
    Die Ursachen des Kotzens sind noch Umfangreicher als von Tom hier aufgeführt.
    Denn auch die innere Wasseraufbereitung spielt eine große Rolle dabei.
    Wo Wasser genommen wird und zu welcher Jahreszeit wie bei uns in Camburg wo das Lok- Speisewasser direkt aus der Saale entnommen wurde.
    Das wichtigste Instrument für den Lokführer. abgesehen von seiner guten Nase die schon riechen kann wenn die Lok kotzt, ist das Heißdampfthermometer welches ihn die überhitzte Dampftemperatur anzeigt oder im Falle des Wasser- Überreißens stark absinkt.
    Danach richtet sich sein weiteres handeln um den Missstand wieder schnellst möglich zu beseitigen.

    Tom die 01 180 hat bei ihren Aussehen nicht nur einmal gekotzt wahrscheinlich des Öffnern was möglicher Weise an den Heißdampfregler gelegen hat.

    Kleiner Tipp, wenn eine Lok mal kurz übergerissen hat ist das sofort unschön an den abgerissenen Ölfilm der Schieber und Kolbenstangen sichtbar. Die Spuren sollte man mit Pinsel und Öltopf danach schnell beseitigen.

    Oh wie ich sehe habe ich zulange gebraucht für das Thema andere waren schneller.

    VG Ralf
  • Dieter Jüngling 18. Oktober 2011, 16:58

    Das ist nicht nur ein sehr interessantes Foto. Wichtiger sind ja deine Erleuterungen dazu. Es gibt ja in der FC auch viele begeisterte Eisenbahnfotografen. Aber mit der alten Eisenbahntechnik kennen sie sich nicht so gut aus. Und deshalb finde ich auch solch kleine Diskusionen, wie z. B. zur Beschriftung einer Dampflok gar nicht so schlecht. Ich habe dem BP noch einen kleinen Hinweis per persönlicher Mail gegeben. Sonst werden es zu viele Bildunterschriften im einseitigen Dialog.
    Gruß D. J.
  • Tobias Pokallus 18. Oktober 2011, 16:28

    Schön beschrieben. Nicht schön wenn die Maschine anfängt zu kotzen...Immer gut, wenn eben dieses nicht passiert...
    Die Steuerung der 01 1066
    Die Steuerung der 01 1066
    Tobias Pokallus

    Gruß Tobi
  • Wilhelm Bischoff 18. Oktober 2011, 15:47

    Klasse Foto und sehr informativ...
    VG Willi
  • Klaus Kieslich 18. Oktober 2011, 15:44

    Eine sehr intersante Info zu dieser sehr guten historischen Aufnahme
    Gruß Klaus