Vergebung
Wie schafft man es, sich zu vergeben?
Manchmal besteht der einzig gesunde Weg, um vorwärts zu kommen, darin, liebevoll auf unsere Vergangenheit zurückzublicken und Vergebung in unser Leben zu bringen.
Auf dem Weg zu Mamas Grab.
Sie war 38 Jahre, ich 12 Jahre.
Wie furchtbar wütend ich als Kind war…sie war weg…ich fühlte mich zurück gelassen und einsam, so verdammt alleine.
Ich verstand nicht warum sie gehen musste.
So ungerecht!
Einige Tage zuvor besprach der Arzt mit meinem Stiefvater das nichts mehr getan werden kann bezüglich der Krebserkrankung.
Sie anstelle der Medikationen (nur) noch Vitamine und Schmerzmittel bekäme, in der Hoffnung, das es nicht mehr allzu lange dauert…auf den Tod zu warten.
Von all’ dem wurde ihr nichts gesagt.
Niemand sollte ihr die Hoffnung nehmen das zu überleben.
Ab dem Zeitpunkt brach für mich die Hölle los!
Über den Tod wurde in unserer Familie nie wirklich gesprochen.
Eines Tages kam ich von der Schule, Mama war schwer erkrankt und lag im Bett.
Ich sah durch den Türschlitz…Oma saß bei ihr auf der Bettkante und hielt ihre Hand.
Niemand bemerkte mich, Mama weinte.
Ich hörte wie sie mit zerbrechlicher Stimme zu Oma sagte: „So,schlecht wie es mir geht, ich werde sterben. Ich spüre es… Oder??! Warum sagt mir niemand die Wahrheit?“
Ich habe bis zum Schluss, oft bei ihr geschlafen, Nähe gesucht.
Sie war auf unter 40Kilo abgemagert, nur noch Haut und Knochen, trotzmittlerweile künstlicher Ernährung.
Dem Ende entgegen veränderte sich Mamas Geruch, was mir sehr zu schaffen machte.
Die Nächte wurden zu Horrorszenarien, jede Nacht weinte ich leise in mich hinein und wünschte mir alles würde wieder gut, das sie nicht mehr so schrecklich leiden muss.
Ich wünschte mir insgeheim das Mama erlöst wird.
Ab da brodelten das schlechte Gewissen und vor allem Scham in mir…tagtäglich, die Nächte fühlten sich noch furchtbarer an, lange Zeit hatte ich noch das Gefühl ihren Atem zu spüren oder zu hören oder ihren Duft wahrzunehmen.
Ich habe noch heute Schuldgefühle weil sie starb, auch wenn ich weiß das dieses Gefühl so nicht richtig ist…ich weiß nicht wie ich das (be-)schreiben soll.
Merkte damals schon als Kind, das irgendwas nicht stimmt…ja,ja, so ist das mit dem sich selbst belügen angefangen!
Und wie ein jeder weiß…Übung macht den Meister!!!
derRolli 24. Oktober 2021, 22:58
mag ich ;)lg
habla_hansi 11. Oktober 2021, 20:08
Eine sehr gute Arbeit und ein berührender Text.VG Johann
EwGö 11. Oktober 2021, 11:13
Eine interessante Arbeit mit dieser Beschreibung nochmal in einem anderes Licht gezeigt..VG Ewald
Bruder J. 11. Oktober 2021, 10:02
Da kann man nichts passendes zu schreiben.Gefühle. Mitgefühl... Trost.
Jemanden, den man liebt, zu verlieren ist immer
schwer. Betroffenheit. Trauer. Es ist immer der falsche
Zeitpunkt. Thomas .
UliF 11. Oktober 2021, 8:15
ja die Aufarbeitung der Vergangenheit incl dem neuen Sehen mit dem Wissen der Vergangenheit und Gegenwart - ich denke das ist es was uns auch (mehr) beschäftigen sollteLG Uli
Ralf Melchert 10. Oktober 2021, 23:59
Super zum SonntagMonika St. 10. Oktober 2021, 11:18
Sehr berührend deine Zeilen, aber du bist an gar nichts schuld, niemand ist schuld! Das Leben ist leider nicht fair!Ich hatte eine Mutter, sie wurde alt, aber ich war ihr zeitlebens egal! Tut auch heute immer wieder mal weh!
LG Monika