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„Nur“ ein ICE?

„Nur“ ein ICE?

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Patrick Rehn


Premium (World), Bebra-Lüdersdorf

„Nur“ ein ICE?

Für die meisten Betrachter mag die obige Aufnahme „nur“ die Doppeltraktion aus einem Triebzug der Baureihe 411 (7-teiliger ICE mit derzeit inaktiver Neigetechnik) und einem der Baureihe 415 (5-teilig) zeigen. Wer sich indes etwas genauer damit auseinandersetzt wird einige interessante Details erkennen:

Beginnen wir mit dem führenden Triebzug 4011 092-6: Der Triebzug war früher für die Deutsche Bahn AG als 411 016-9 im Einsatz und wurde Ende 2006 im Vorgriff auf die für den Jahresfahrplan 2008 geplante ICE-Verbindung zwischen Frankfurt und Wien über Passau gemeinsam mit dem Triebzug 411 015 an die ÖBB verkauft, welche die beiden Triebzüge zum 1. Januar 2007 als neue Baureihe 4011 in ihren Bestand übernahmen. Zu besseren Unterscheidung von den DB-Zügen erhielten sie auch neue Ordnungsnummern: Der Triebzug 411 015 ff wurde zum 4011 091 ff, der 411 016 ff zum 4011 092 ff. Im Herbst 2007 wurde mit dem 411 014 ff eine dritte Einheit an die ÖBB verkauft, welche dort als 4011 090 ff zum Einsatz kommt. Ähnlich ihren deutschen "Brüder" bekamen die drei ÖBB-ICE-Einheiten auch Taufnahmen größerer Städte, der oben zu sehende 4011 092 wurde auf den Namen Linz getauft.

Der zweite ICE-Triebzug mit der Nummer 415 020-7 entstand durch einen Umbau: Für den Verkehr zwischen Stuttgart und Zürich wurden ab dem Sommerfahrplan 1999 neben den italienischen CISALPINO-Zügen auch fünfteilige ICE-T-Einheiten beschafft. Neben den schweizerischen Zugsicherungssystem bekam einer der beiden Endwagen (415 58x) auch einen Stromabnehmer mit den für den Einsatz in der Schweiz notwendigen schmaleren Schleifleisten. Als dann durch das gut angenommene Angebot auch die Fahrgastzahlen stiegen stand die Deutsche Bahn vor dem Dilemma, dass der Platz in den kleinen fünfteiligen Zügen nicht mehr ausreichte, dass Fahren in Doppeltraktion aufgrund der zwischen Stuttgart und Singen zu bedienenden Halte mit ihren mitunter zu kurzen Bahnsteigen nicht ohne Weiteres möglich war. Da der Kauf von weiteren Mittelwagen und deren Einreihung in die vorhandenen Züge ebenfalls nicht ohne Weiteres möglich war entschied man sich dazu einen Teil der ICE-T-Flotte einem Tausch der Endwagen zu unterziehen: Die fünfteiligen schweiztauglichen ICE-T mit den Nummern 415 080 bis 415 084 gaben ihre Endwagen (und somit auch ihre für den Einsatz in die Schweiz erforderlichen Ausrüstungen) an die Triebzüge 411 020 bis 411 024 ab, deren Endwagen (rein für den nationalen Einsatz ertüchtigt) wiederum an die „kurzen“ ICE-T gekuppelt wurden. Die Endwagen erhielten folglich auch neue Baureihennummern, so dass aus dem führeren 415 080 der 411 080 wurde und aus dem 411 020 der 415 020. Somit standen für den Einsatz zwischen Stuttgart und Zürich fünf siebenteilige ICE-T zur Verfügung.

Im Zuge der Achsenproblematik (Bruch einer Achse bei einem ICE 3 im Jahr 2009 im Kölner Hauptbahnhof) wurde die für den Einsatz auf der kurvenreiche Strecke zwischen Stuttgart und Singen erforderliche Neigetechnik stillgelegt, so dass fortan auch kein Fahrzeitvorteil mehr gegenüber einem konventionellen lokbespannten Reisezug bestand. Verschärft wurde die Situation dann zusätzlich durch den Abzug der siebenteiligen CISALPINO aus den Verkehren zwischen Stuttgart und Zürich bzw. Mailand.

Der Rest ist weitgehend bekannt: Im Fernverkehr auf der Gäubahn zwischen Stuttgart und Singen und weiter nach Zürich kommen aktuell aus fünf SBB-Wagen gebildete Garnituren zum Einsatz, während die schweiztauglichen ICE-T mittlerweile in rein nationalen Verkehren, überwiegend auf der Achse zwischen Frankfurt und Dresden und zwischen München und Hamburg über Jena, Leipzig und Berlin eingesetzt werden.

Aufnahmedatum: Montag, 17. Februar 2014 - 16:10 Uhr || Aufnahmeort: Wirtheim [KBS 615 „Kinzigstrecke“ / VzG 3600]

Der ebenfalls durch Tausch der Endwagen entstandene 415 022 als ...

Goldnase
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Patrick Rehn

Hier waren die schweiztauglichen ICE einst im Einsatz ...
Unten am Fluß ...
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Patrick Rehn

Kommentare 1

  • makna 5. August 2014, 22:54

    Das Motiv dieses ICE-T-Doppels an sich ist schon sehr gut !
    Doch Deine Ausführungen dazu sind dann der Hammer !
    Besonders, was die 415-Kopf-Tausch-Aktion betrifft ...
    ... das war mir völlig neu ! Danke also für die Infos !!!
    Und für das schöne Motiv !
    BG Manfred

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Ordner Bahn - Hessen
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Objektiv 18-105mm f/3.5-5.6 G VR
Blende 8
Belichtungszeit 1/800
Brennweite 42.0 mm
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