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ABGEGEBEN

(angeregt durch Eure Anmerkungen - Danke -
wird es weitere Kapitel dieses Romans geben)

Ginger White: DURCH DIE WÜSTE

Kap. 1
Er hatte das Projekt abgegeben, nicht, dass er an ihm gescheitert
wäre - und auch das Projekt selber war noch nicht verloren, aber
er hatte es abgegeben, abgeben müssen.
Abgesehen von diesen Reibungsverlusten mit den drei Mechatro-
nikern war ja von Grund auf dort immerzu etwas schräge geblieben.
Die Statik muss auch zwischen den Personen stimmen, jedenfall
was das Grundlegende betrifft, sonst stemmt das Team als Team
nichts.
Traurig war er schon, aber auch erleichert, diese Bürde lag nun auf
anderen Schultern und er konnte sich neu bewerben - so einen wie
ihn suchte man überall. Er verließ die Kellerräume, deren Boden,
Wände und Decken aus Beton-Modulen zu einem kleinen halb-
kühlen Labyrinth kombiniert worden waren, zwar weiß gekachelt,
aber: 32 Grad die unterste Temperatur hier in diesen Breiten -
auch unter diesen Bedingungen der entwickelten Architektur, die
auf elektrischen Strom verzichten musste. Ein letztes Mal noch
drehte er die Armaturen auf, aber dies konnte man vergessen.
Der Wasservorrat im Tank war zwar bis auf 10 Meter Höhe vom
Windrad vollgepumpt worden, aber das Rohrsystem hatte zu viel
Sand inzwischen, hier ging nichts mehr, eine Grundreinigung war
angesagt, schon wieder - so lange konnte er nur per Eimer Wasser
zapfen.
Er betrat sein Arbeitszimmer im Bungalow über dem Keller und
inspizierte den Tapeziertisch, der ihm immer noch als Schreibtisch
diente: Er hatte schon 14 Anfragen. Einen guten Ingenieur mit sei-
nen Spezialkenntnissen suchte man von überall und weither, denn
die Materie war schwierig. Er würde die Anfragen in 5 Stapel sortieren:

a) zu weit weg, aber vielleicht doch gut
b) zu schlecht bezahlt aber dafür weniger Stress
c) miesestes Betriebsklima und mangelnde Sicherheit aber saugut bezahlt
d) Großbetrieb aber dafür so gut wie an allen Plätzen langjährige Filialen mit guter Infrastruktur
e) klimatisch problematische Angebote auf isolierten Posten
Ihm stand aktuell der Sinn nach Angeboten unter e), es lagen vier davon auf dem Stapel, zwei davon ganz oben:
e/1) Gas-Pipe-Line bei Udscha
e/2) Projekt "Neue Iresko-Verfahren" in Upernavik.

Er sortierte weiter, alle Stapel, nach der Wichtig-
keit bzw nach seinen aktuellen Neigungen.
Er schwankte immer wieder zwischen e- und
a-Angeboten.

Die Nacht brach an. Und Cola auf Eis war alle.
Es kühlte etwas ab, aber er las auf dem Thermo-
meter immer noch 38 Grad.
Das Sateliten-Internet funktionierte auch bei dieser
Hitze, er recherchierte weiter und ergänzte seine
Stapel insgesamt um 17 weitere Angebote, die er
auf die fünf Stapel verteilte.

Die erste Dose eiskaltes Bier öffnete er um 2:30 Uhr
und während er gierig trank, hatte er das Gefühl, das
Bier sofort als Schweiß wieder auszuschwitzen.

So ging es weiter bis halb-fünf, als der Jeep vorbeikam.
Wie immer jeden morgen war sein Fahrer gut gelaunt.
Ombo war überhaupt immer gut gelaunt. Er war Schwede.
Niemand wusste, was ihn hierher hatte verschlagen können.
Aber er war da. Er war schon immer hier gewesen. Und er
lieferte pünktlich. Er bevorzugte die Nacht, die sternenklare
Nacht hier in dieser Region. Der Fahrtwind hatte wie immer
alle Waren heruntergekühlt.

Sie wurden sich schnell einig.

Nachdem Ombo ihn hatte nach Herzenlust ab- und
auf seinen luftbereiften Bollerwagen umladen lassen,
ging alles ganz glatt und schnell.

Der folgende Dialog, er war schon oft so gelaufen:
"40 für alles!"
"50!"
"Nun mal halblang: 42."
Du willst mich anscheißen, Du weißt ganz genau, dass das zu wenig ist."
"Gut: 44, mein letztes Angebot."
"50. Wie immer. 50!"
Hier endete der Dialog.
Ein Schein wechselte den Besitzer und die Ware auch:
4 xToastbrot
2 x Butter
1 Kasten Cola, Literflaschen aus Glas
8 Batterien
10 Dosenfleisch
8 Kilo Zwiebeln
10 Kilo Basmati-Reis

Er winkte Ombo zum Schluss hinterher.

Es wurde langsam hell.

Er schaltete das Sateliten-Fernsehen ein und sah
mit 12 Stunden Zeitverschiebung einen Spätfilm
bei Sonnenaufgang.

Kommentare 11

  • † dannpet 1. August 2017, 21:29

    Als Kind war ich in Afrika, genaugenommen, ich ließ mich "mit Blitzlicht und Büchse im Zauber des Elelescho" von diesem Kontinent gefangen nehmen.
    https://www.zvab.com/Blitzlicht-B%C3%BCchse-Zauber-Elelescho-Hervorragend-erhalten/16951651779/bd

    Es war auch die Zeit, als ich sehnsüchtig zu den Ingenieuren (ein Onkel gehörte zu ihnen) aufschaute, die, im Rahmen der Deutsch-Sowjetischen-Freundschaft, arbeitend reisen durften, um dem Großen Bruder in den entfernten Weiten Sibiriens beim Bau der BAM (Baikal-Amur-Magistrale) unter die Arme zu greifen.

    Dann wurde ich selbst so etwas wie ein Ingenieur und begab mich ins zweite Kapitel ...
  • E. W. R. 20. November 2009, 10:23

    Lieber Werner, der Ingenieur in deiner Kurzgeschichte

    Frühlicht
    Frühlicht
    E. W. R.


    hat ja, wie es scheint, viele berufliche Möglichkeiten; dafür ist er zu beglückwünschen. Wie aber, wenn es Berufe gäbe, bei denen man im Leben nur einmal eine einzige Chance hat? Oder vielleicht auch gar keine? Es gibt solche Berufe. Eigentlich ist es verrückt, sich dafür viele Jahre auszubilden. Aber dennoch gibt es Menschen, die das tun. Eckhard
  • † werner weis 1. Juni 2009, 20:45

    vor diesem Job war ich als Ingenieur in einer Kläranlage in Münster tätig
    und:
    zu diesem Foto

    die drei Antworten zu meinen diesbezüglichen mehr oder minder qualifizierten drei Fragen dort:
    1. Tampons
    2. Slipeinlagen
    3. Kondome
  • † werner weis 13. Mai 2009, 13:38


    hier könnte das dritte Kapitel spielen/enden:

    Wolga
    Wolga
    M. Stucke


  • Rolf Gleitsmann 23. April 2009, 11:56

    "Durch die Wüste", den Roman kenne ich aus Zeiten meines zarten Jugendalters des damals und heute von mir sehr verehrten Schriftstellers Karl May.
    Nun bedient sich Werner bei seiner Erzählung des gleichen Titels, natürlich nicht nur einen Steinwurf von Karl May entfernt.
    Es ist wie in Fernsehfilmen, ohne den Ingenieur oder Frau Doktor oder Herrn Rechtsanwalt lässt sich ein Film nicht verkaufen. Sprich, die Einschaltquoten lägen sonst im Argen.
    Lieber Werner, muss es denn unbedingt ein Ingenieur sein, den Du zu Deinem Helden machst ?
    Ich finde ein Tagebuch aus Deinem Leben, aus Deiner Heimat, aus Deinen Gewohnheiten usw. viel interessanter. Zudem könnte ich mich damit auch indentifizieren, Vergleiche ziehen und mit vielen Kommentaren meinen Senf dazugeben. Letztlich ist es ja auch schön zu wissen, wie man miteinander umgeht und sich respektiert.

    Gruß Rolf



  • Janne Jahny 23. April 2009, 1:46

    Dein Bild ist auch bei 28 Grad geknipst ?? Nee, ich kenn das, das ist bei mir bei 800 ISO.

    Die Story entwickelt sich in kleinen Sprüngen um einen "heißen Brei" herum. So spür ich das jedenfalls. Mach mal weiter und schau mal, was noch so geschieht, bis der eigentliche Kernpunkt sichtbar wird. Ist sehr spannend
    LG
  • Bernd Osthoff 22. April 2009, 20:15

    wie Peter

    Du kannst das

    dann mach es auch

    +++++
    LG Bernd
  • Adrena Lin 22. April 2009, 18:37

    Ich bin schon gespannt auf seine Entscheidung.....
    LG Andrea
  • Gisela Aul 22. April 2009, 16:44

    es ist immer gut einen Freund wie Ombo zu haben und vielleicht hilft er ihm ja bei seiner Entscheidung...
    lg. Gisela