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Kreislauf des Lebens

Kreislauf des Lebens

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Lilli Lehmann


kostenloses Benutzerkonto, Cottbus

Kreislauf des Lebens

Sooo, nach nun unendlich langer Zeit meiner aktiven Abwesenheit hier in der FC möchte ich nun so langsam wieder beginnen, einige bildhafte Dokumente meiner Naturerlebnisse hier zu zeigen.

Anfangen möchte ich mit dem für mich aufregendsten Tag!!

Ich befand mich auf einer sehr großen Wiese, von der ca. 1/2h zuvor die letzten Traktoren verschwunden sind. Diese hatten die Heuballen der vorangangenen Mahd eingesammelt.
Kaum, dass diese weggefahren waren, erschien eine Fähe mit ihren 2 Welpen auf der Wiese. Kurz spielten sie zusammen und sodann zog die Fähe zielstrebig in Richtung gegenüberliegendem Schilfstreifen. (li oben)

Dort sah ich eine Ricke stehen. Je näher die Fähe der Ricke kam, umso größer wurden meine Fragezeichen. Die Fähe wird doch nicht die Ricke angreifen, war mein 1. naiver Gedanke.
Nach anfänglichem Kopfsenken der Ricke - ähnlich wie ein Stier - sprang die Fähe geschickt an der Ricke vorbei ins Schilf. Und die Ricke sofort hinterher. (re oben)
Dann wurde mir natürlich klar, was hier vor sich ging.
Der Fuchs suchte offenbar nach dem Kitz!!
Es dauerte ca. 2 min wilder Jagd durchs Schilf, wobei beide Kontrahenten immer wieder kurz auf der Wiese erschienen, als ich ein lautes schrilles Fiepen vernahm.
Die Fähe schien das Objekt ihrer Begierde gefunden zu haben.
Kurz danach flüchtete sie aus dem Schilf mit dem Kitz im Fang (li unten)
Dieses brachte sie direkt zu ihren Jungen auf der gegenüberliegenden Seite. Dabei wurde sie noch ein kurzes Stück von der Ricke verfolgt - der Fuchs war allerdings viel zu wendig für sie.

Ich war total verblüfft von diesem Erlebnis.
Ich hatte jedoch kaum Zeit das GEsehene zu verarbeiten - denn die Show war noch nicht vorbei!!

Die Fähe kam wieder und suchte auf die selbe Art und Weise nach dem 2. KItz. Für dieses brauchte sie mehr ZEit, um es zu finden. NAch ca. 5min nicht minder wilder Jagd, kam sie auch mit dem 2. Kitz aus dem Schilf. (re unten)

Mir stand vor lauter Staunen der Mund offen. Klar hatte ich schon ab und an mal Reste von Kitzen am Fuchsbau gefunden. Diesen Beutezug allerdings mal live zu erleben, war für mich außergewöhnlich beeindruckend.

Nun höre ich schon, den Aufschrei unter den Jägern, die da immer meinen die Füchse würden ihnen "IHRE Kitze wegholen". ICh sehe das eher als fast natürlichen Kreislauf des Lebens. Die Fähe will ebenso wie die Ricke ihre Jungen großziehen. Dafür überwinden ihre Muttergefühle sogar den Respekt vor wesentlich größeren Tieren - ich denke dabei bekommen die Füchse sicher auch mal die Schalen der Ricke zu spüren.
Fast natürlich meine ich aber, weil eben auch hier der Mensch Einfluss hatte. Ich denke, dass es kein Zufall war, dass dieses GEschehen unmittelbar nach dem Mähen der Wiese passierte. ( in den vergangenen Jahren fand ich auf der selben Wiese mehrmals zermähte Kitze) Die Kitze hatten nun keine Deckung mehr außer dem ca. 3m breiten Schilfstreifen. Dahinter und an 2 weiteren Seiten ist die Wiese durch Wassergräben begrenzt. An der 4. Seite befindet sich der Fuchsbau. So war die Auswahl nur noch sehr gering. Ich denke, es wird sich um eine ältere sehr erfahrene Fähe handeln, die weiß oder ahnt, dass die Ricke zu dieser ZEit Kitze haben muss. Oder viell. erahnt sie es an ihrem VErhalten. Soweit ich weiß sind die Kitze ja in diesem Alter noch geruchlos. Auch, dass sie ein 2.Mal wieder kam und lange nach dem Kitz suchte, bestätigt mir, dass sie es nicht gerochen hat aber wußte, dass noch ein 2. Kitz da sein muss. Was für ihre Erfahrenheit spricht.
Auch wenn bestimmt die Meisten unter Euch um die süßen Kitze trauern, bewundere ich doch eher den Mut, die Intelligenz und auc h die Gewandheit der Fähe - um sich und ihrem Nachwuchs das Auskommen zu sichern.
Der Jäger schießt sie lediglich aus Spaß an der Jagd, um seinen Abschussplan zu erfüllen oder Fleisch verkaufen zu können. UNd sein eigenes Argument ist, dass die Rehwild-Bestände sowieso zu hoch sind und sie sonst den Straßenverkehr gefährden.
Also welches Gut ist wohl das ehrenwertere??

Da ich hier von dem Erlebnis sooo gefesselt, war habe ich es quasi vergessen meine Position (vor allem nähere) während der Jagd weiter zu optimieren. So haben diese Fotos lediglich dokumentarischen Charakter.

Kommentare 12

  • Michael Winkmann 23. April 2013, 16:01

    einfach toll.... du glückspils :-)
    das ist naturerlebnis.

    vg michael
  • wieland.kl 24. September 2012, 21:06

    Ein Hammer Erlebnis und die Fähe mit dem Kitz im Fang ist schon ein Gänsehautanblick der Extraklasse - auch wenn es grausam erscheint - für mich eine Wildlifebildgeschichte in Vollendung - Beeindruckend!!!

    Wieland
  • Mike und Heiko 4. September 2012, 1:14

    ein klasse doku und eine starke erklärung.
    lg mike
  • Hartwig Helmerichs 29. August 2012, 22:14

    Dramatik pur, sicher sehr aufregend so etwas hautnah zu erleben.
    LG Hartwig
  • Phoenicurus 28. August 2012, 12:47

    Die Jäger müssten sich doch freuen, dass sie jetzt von der Pflicht entbundenn sind, zwei weitere Rehe zu schießen, weil sie den Straßenverkehr gefährden. Ein Glück, dass sich doch noch ein natürliches Gleichgewicht einstellen kann ohne Eingriff der Jäger! ;-)
  • Frank-Meinert 26. August 2012, 13:51

    Hallo Lilli,

    ich freue mich das Du wieder hier aktiv bist.
    Diese Collage ist wie immer der Hammer.
    Ich stimme Dir voll und ganz zu.
    Mach weiter so.

    LG Frank
  • Ronny Brückner 25. August 2012, 16:51

    Sehr beeindruckende Doku. Klasse gesehen. So ist sie halt, unsere Natur.

    Gruß Ronny
  • Jo Kurz 24. August 2012, 19:59

    ein faszinierendes erlebnis, das du da hattest, und bestens dokumentiert! ich denke auch, dass hier für eine alte, erfahrene fähe die mahd der auslöser war, im engen schilfstreifen nach relativ leichter beute zu suchen.
    das ganze erinnert mich ein wenig an die 'windschutzstreifen' hier im flachland, mehrere 100 meter lange, aber nur wenige meter breite baum- und buschanpflanzungen in der sonst baumlosen agrarsteppe. diese werden zur brutzeit regelmässig und mit system von elstern durchstreift, sodass kaum ein jungvogel eine chance hat, auszufliegen. menschliche biotopgestaltung eben...
    gruss jo

    ps: schön, dass du hier wieder einsteigen willst... ;-)
  • Thierry Andreoli 24. August 2012, 19:04

    brutal ehrlich und sehr gut - das miterleben zu können ist sicher nicht alltäglich und es auch noch dokumentieren zu können ist schon fast ein 6 im Lotto :)
    LG Thierry
  • Wulf von Graefe 24. August 2012, 13:41

    Diesen ja von Jägersleuten ausgiebig "tradierten" Vorgang hast Du hier ganz vorzüglich illustriert, Lilli!!
    Ich hätte mir allerdings wohl, wenn ich kommen sehe, worauf das angelegt ist oder spätestens beim 2. Anlauf, doch die Freiheit genommen, die Fuchsmama bei ihrem "gänzlich schuldfreien" Tun zu stören.
    Was sozusagen die von Dir ja schon bemerkte Situationsverschlechterung für Familie Reh durch die "Umgestaltung" der Fläche etwas ebenfalls Menschbewirktes "andersrum" bedeutet, ohne dass damit die "eigentliche Normalität" des Geschehens nennenswert beeinträchtigt wäre.
    Anders allerdings bei angemähten Kitzen oder Hasen, wo ich den Fuchs natürlich lieber "machen lassen" würde.
    lg Wulf
  • Naturfotografie Julia Kauer 24. August 2012, 12:09

    Hallo Lilli,
    diese Collage gefällt mir ausgesprochen gut! Der Hammer so eine Situation wildlife miterleben zu dürfen :-)
    Klasse festgehalten!
    LG, Julia
  • Peter D.... 24. August 2012, 11:45

    Auf jeden Fall eine tolle Dokumentation! Wie Du es schreibst, meit man ja fast dabei gewesen zu sein. So ist die Natur. An anderer Stelle werden wieder genügend Kitze groß.
    Momentan werd ich fast täglich bei Sonnenaufgang von lautstark spielenden Füchsen geweckt. Zwei Stunden später seh ich dann auf der Wiese oft eine Ricke mit 2 Kitzen und wundere mich.
    Gruß Peter