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… Knicksaison …

… Knicksaison …

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Richard Schult


Premium (World), Lübeck

… Knicksaison …

Zur Zeit sieht man überall in der Feldflur westlich des Ratzeburger Sees, dass die Landwirte mit der Knickpflege beschäftigt sind. Alle 10 bis 15 Jahre werden die Knicks „geknickt“, d.h. „auf den Stock gesetzt“, also bis auf den Wurzelstock abgeholzt. Das ist nur vom 1. Oktober bis zum letzten Tag des Februar erlaubt, um die im Knick lebende Tierwelt, insbesondere die brütenden Vögel zu schützen.
Welch immensen ökologischen Nutzen diese schmalen Strauchstreifen bieten, sieht man ihnen auf den ersten Blick nicht an. Sie schützen das Land vor Wind und Erosion, liefern Biomasse für Holzpellets und bieten Flora und Fauna ein einmaliges Biotop. Da die Struktur eines Knicks zwei zusammengerückten Waldrändern ähnelt, finden hier Tiere und Pflanzen aus Wald, Waldrand und offener Fläche ideale Lebensbedingungen. So wird die Zahl der die Knicks bewohnenden Tierarten Schleswig-Holsteins auf ungefähr 7.000 geschätzt; davon können auf nur einen Kilometer einer Wallhecke etwa 1.600 - 1.800 Arten leben. Zudem stellen die Knicks in manchen intensiv landwirtschaftlich genutzten Gegenden häufig die einzige und letzte noch verbliebene naturnahe Substanz dar. Sie verbinden damit als Korridore verschiedene, verstreut gelegene Lebensräume, über den der Austausch von Organismen noch funktionieren kann.
Mein Bild zeigt einen Redder, einen von beiden Seiten durch Knicks begrenzten Fahrweg. Der linke Knick hat noch einige Jahre vor sich, rechts sieht man den gerade abgeholzten Knick, auf dem nur die „Überhalter“ stehen geblieben sind, das sind einzelne Bäume und größeren Sträucher, deren Kronen später den Knick überragen sollen. Früher gewannen die Bauern aus diesen Stämmen das für den Fachwerkbau ihrer Höfe benötigte Ständerholz.
Seit etwa 200 Jahren prägen Knicks das Landschaftsbild im mittleren und östlichen Teil Schleswig-Holsteins. Grund dafür war das Verkoppelungsgesetz aus dem Jahr 1770, das eine Argrarstrukturreform in den Herzogtümern Schleswig und Holstein einleitete. Bewirtschafteten bis dahin hauptsächlich Dorfgemeinschaften Acker- und Weideland, ging man nun zur individuellen Landnutzung über. Das Land wurde in Parzellen aufgeteilt und einzelnen Bauern zugewiesen. Diese waren verpflichtet, ihre Äcker mit Wallhecken von benachbarten Parzellen abzugrenzen. Die Knicks sollten das Land vor Winderosion, Wild und benachbarten Weidetieren schützen.
Man schätzt heute, daß es am Ende des Zweiten Weltkrieges noch rund 80.000 Kilometer Knicks in Schleswig-Holstein gegeben hat. Im Zuge der Mechanisierung der Landwirtschaft und dem damit verbundenen Streben nach immer größeren Schlägen sind viele Knicks abgeräumt worden. Heute sind noch 46.000 km Knick vorhanden. Mit dem wachsenden ökologischen Bewusstsein bekam auch der Knickschutz einen höheren Stellenwert. Aber auch bei uns war der nötige Kompromiss zwischen Umweltschutz auf der einen, ökonomischen Interessen der Bauernschaft auf der anderen Seite hart umstritten. Inzwischen ist die Knickpflege streng reglementiert.
http://www.geschichte-s-h.de/knick/https://www.ndr.de/ratgeber/reise/46000-Kilometer-Knicks-in-Schleswig-Holstein,knicklandschaften101.html
https://schleswig-holstein.nabu.de/natur-und-landschaft/knicks/index.html
https://www.lksh.de/fileadmin/dokumente/Bauernblatt/PDF_Toepper_2016/BB_49_10.12/28-29_Schmidt.pdf

Ein Hinweis sei mir erlaubt. Im Voting befindet sich mein zuletzt eingestelltes Bild vom Ratzeburger See:https://www.fotocommunity.de/pc/vote/uniqueId/1081599

.... Spiegel putzen? - Überflüssig! ...
.... Spiegel putzen? - Überflüssig! ...
Richard Schult

Kommentare 14

  • Anne Berger 8. Februar 2019, 9:10

    Was ich hier alles lerne! Dankeschön für diese informative und interessante Weiterbildung, 
    Und die Blickführung hier im Bild ist gekonnt.
    LG Anne
  • Jürgen Divina 7. Februar 2019, 22:36

    Schöne Blickführung über den Weg und die Buschreihe links. Gut gestaltet mit dem etwas dürren Baum als Gegengewicht rechts.
    Viele Grüße, Jürgen
  • Nobse 64 7. Februar 2019, 19:29

    Ein schönes Landschaftsfoto mit interessanten Erläuterungen dazu. Die Wolken und das schöne Licht. Du bist zu beneiden!

    LG Norbert
  • Bri Werner 7. Februar 2019, 19:01

    Eine Aufnahme von erfrischender Qualität. Und mit großem Interesse habe ich die Informationen über Knicks gelesen. Vielen Dank! LG Bri
  • Bauer-Witz 7. Februar 2019, 18:52

    Die Wolkenformation am Himmel hat hier einen entscheidenden Anteil an der Gesamtwirkung des  Fotos. Dein Text zeigt auch, wie wichtig beigefügte Informationen sein können. HG Peter
  • 19king40 7. Februar 2019, 18:38

    Sehr schönes Winterbild.
    LG Manni
  • Wilfried Südheide 7. Februar 2019, 16:36

    Hübsches Foto und tolle, interessante Erklärung des Fotomotivs.
    Liebe Grüße und einen schönen Abend.
  • Vitória Castelo Santos 7. Februar 2019, 16:13

    Sehr schönes Winterbild
    lg Vitoria
  • Klöckler Albert 7. Februar 2019, 11:23

    Eine herrliche Weitwinkelaufnahme mit einem Text, der zeigt, dass Du nicht nur fotografierst, sondern weißt, warum Du es im Bild festhältst.
    VG Albert
  • Annette He 7. Februar 2019, 10:46

    Sehr spannend. Dank für die Info. 

    Gruß,
    Annette
  • Gerd Frey 7. Februar 2019, 10:29

    und schon ist hier die hälfte der bewohner wohnungslos....
    schön, wie das bäumchen rechts das bild im lot hält.
    interessante erklärungen hast du da angefügt.
    vg gerd
  • Mary.D. 7. Februar 2019, 8:18

    Das hast du gut fotografiert.
    Sehr schön und interessant ist die Info dazu!LG Mary
  • † smokeybaer 7. Februar 2019, 8:17

    Schöner Blick in die Tiefe des Bildes gr smokey

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Kamera ILCE-7RM2
Objektiv Voigtlander SUPER WIDE-HELIAR 15mm F4.5 III
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ISO 100