Die deutsche Lust an der Fotografie

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Ehemaliges Mitglied Ehemaliges Mitglied Beitrag 1 von 113
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"5,6 Milliarden Bilder wurden in Deutschland durch Großlabore im vegangenen Jahr entwickelt..."

http://www.swr.de/swr2/programm/sendung ... index.html

"Es diskutieren: Ann-Christin Bertrand - Kuratorin des Ausstellungshauses für Fotografie „C/O Berlin“, Helmut Lethen - Direktor des Internationalen Forschungszentrums Kulturwissenschaften, Wien, Jim Rakete - Porträtphotograph, Berlin "

Eine lebhafte, kontroverse Diskussion, die verschiedene Richtungen einnimmt und mich das eine oder andere Mal zum schmunzeln brachte. Es ist wert, sich die Zeit zu nehmen und den verschiedenen Personen bei ihren Punkten zuzuhören.
Ehemaliges Mitglied Ehemaliges Mitglied Beitrag 2 von 113
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Ja. Schmunzeln musste ich, weil ich mich an die Diskussionen hier erinnert fühlte. Nur mit dem bereits erwähnten zivilisierteren Niveaus.
Dame Eda Dame Eda   Beitrag 3 von 113
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Zitat: Walter Wisnewski 27.07.14, 20:06Zum zitierten BeitragEs ging um alles, bloß nicht um das Thema, und das hiess, 5,6 Milliarden Prints lassen die Deutschen (auch heute noch) jedes Jart machen, vermutlich mehr als je zuvor.

Nein, das Thema hiess: "Die deutsche Lust an der Fotografie".

Wobei wohl jeder unter "Fotografie" was anderes zu verstehen schien. Jim Rakete wollte die Hobbyfotografie (das "Rauschen") ausgeklammert wissen - und damit waren die 5.6 Mia Prints natürlich auch kein Thema mehr.
_visual_notes_ _visual_notes_ Beitrag 4 von 113
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Zitat: Thomas Bregulla 27.07.14, 13:58Zum zitierten Beitrag"5,6 Milliarden Bilder wurden in Deutschland durch Großlabore im vegangenen Jahr entwickelt..."
... und da fehlen ja noch Milliarden von Fotos, die nie gedruckt, sondern nur am PC angeschaut werden.

Allerdings: ich finde nicht, dass man den Begriff "Fotografie" für all das verwenden sollte.

Es ist so wie mit dem Schreiben. Einer schreibt ein Drehbuch, der andere einen Spickzettel oder einen Einkaufszettel, der andere sprüht etwas an die Wand. Das alles zusammenzuzählen und zu sagen: "Es wurden ...zig Milliarden Worte geschrieben" macht in meinen Augen wenig Sinn.

Irgendwo im Link sagt jemand, der Trend gehe ja in Richtung Streaming, Video. Das stimmt sicher für Ebay, wo man sich vermutlich in Zukunft statt eines Bildes ein kurzes Video ansehen kann ... aber die Fotografen, die Fotografie als eine Art von Kunstform oder Mittel des kreativen Ausdrucks begreifen, haben weiterhin "decisive moments" in 2D fotografiert, sogar in s/w. So wie auch viele Schriftsteller weiterhin per Hand oder per Schreibmaschine schreiben, auch in Zeiten von Speech Recognition Software.
Ehemaliges Mitglied Ehemaliges Mitglied Beitrag 5 von 113
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Zitat: Jürgen W2 28.07.14, 06:57Zum zitierten BeitragAllerdings: ich finde nicht, dass man den Begriff "Fotografie" für all das verwenden sollte.

Das war ja auch Jim Raketes Punkt. Er sprach von Transfer, Streaming oder Video. - Weil die Bilder eben keinen entscheidenden Moment mehr abbilden, sondern beliebige (alltägliche) Momente des Lebens der Leute, die das tun (essen, selfies, ...) - die Bilder dienen auch nicht mehr dazu, etwas zu verstehen, sondern mitzuteilen (-> Transfer)

Flickr nennt die (Haupt-)Bilderstrecke seiner User Stream.
Ute Maria Ute Maria   Beitrag 6 von 113
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Zitat: Thomas Bregulla 28.07.14, 07:24Zum zitierten BeitragDas war ja auch Jim Raketes Punkt. Er sprach von Transfer, Streaming oder Video. - Weil die Bilder eben keinen entscheidenden Moment mehr abbilden, sondern beliebige (alltägliche) Momente des Lebens der Leute, die das tun (essen, selfies, ...) - die Bilder dienen auch nicht mehr dazu, etwas zu verstehen, sondern mitzuteilen (-> Transfer)

Er spricht von "Übertragung" und dass das mit Fotografie nichts zu tun hat.

Ich hatte das Gefühl, als ob Jim Rakete eine völlig andere Sprache spricht als die anderen Diskussionsteilnehmer. Teilweise war sein Unmut wirklich spürbar. Er sprach auch davon, dass der Fotograf Verantwortung für sein Bild übernahm; eine bewusste Entscheidung traf. Dass es eben den Menschen HINTER der Kamera gibt. Doch er meinte etwas völlig anderes als das, worüber die anderen sprachen.

Schmunzeln musste ich, als er auf die Anmerkung, dass Missverständnisse daraus entstehen, dass die Realität und das Foto in einen Topf geworfen werden, sagte: "Mein Leben zum Beispiel ist so ein Missverständnis. Ich habe ganz viele Dinge nur kapiert, weil ich sie fotografiert habe."

Geht durch die inflationäre Anfertigung und Verbreitung von Bildern die Fotografie selber verloren?
_visual_notes_ _visual_notes_ Beitrag 7 von 113
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Zitat: Ute Maria 28.07.14, 08:46Zum zitierten BeitragGeht durch die inflationäre Anfertigung und Verbreitung von Bildern die Fotografie selber verloren?
Nein, glaube ich nicht. Es ist ja auch nicht seit "Napster" die Musik verlorengegangen, oder seit "Kindle" die Literatur, oder seit "Beate Uhse" die Liebe.
Alice vom See Alice vom See   Beitrag 8 von 113
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Naja, neben den zig Trilliarden Handy-Knipser, die man jemanden verschickt und die nix mit Fotografie zu tun haben, gibt es ja noch die 5,6 Milliarden Bilder, die man auf Papier bannt. Also gibt es noch genug, was man aufheben will, sich an die Wand oder ins Album oder in den Schuhkarton tun will. Es gibt also nicht nur übermäßig viel "Transfer", sondern auch extrem viel was die Leute als etwas bewahrenswertes verstehen und somit ist das auch verdammt viel Fotografie.
Clara Hase Clara Hase   Beitrag 9 von 113
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Zitat: Thomas Bregulla 28.07.14, 07:24Zum zitierten Beitragdie Bilder dienen auch nicht mehr dazu, etwas zu verstehen, sondern mitzuteilen (-> Transfer)
müssen wir seit dem Fernsehen noch etwas verstehen? Lernen?
Ute Maria Ute Maria   Beitrag 10 von 113
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Ich habe das Gefühl, dass wir immer mehr in einer Welt leben, in der das schnell Verfügbare Priorität hat. Schnell, einfach, konsumierbar. Lange Lernprozesse haben irgendwie Fossilcharakter. Nun bin ich selber in der Fotografie sicher jemand, der noch sucht und der auch noch am Anfang des Lernprozesses steht. Nicht unbedingt in der Technik... da übe ich fleissig und das wird. Die Inhalte, als Botschaften verstanden, da stehe ich wie ein Lehrling im ersten Lehrjahr davor und versuche zu begreifen und zu lernen. Jim Rakete hatte mich beeindruckt. Deshalb habe ich sicher auch das von Thomas verlinkte Video bis zum Ende angeschaut. Und mich hatten seine fast eindringlichen Versuche, das Ganze in Richtung Diskussion hin zur eigentlichen Fotografie, wie er sie versteht, betroffen gemacht. Denn sie gingen ins Leere!!!

http://www.youtube.com/watch?v=e_8XS2zBvl0#t=1670
Irgenwo sagt er da: Ich gucke in all diese Nachrichten auf dem PC.... und da ist irgendwie... NICHTS. (Bitte nagelt mich nicht fest auf den Worlaut; ist aus der Erinnerung geschrieben).

Dieses "Nichts" ist tatsächlich da. Und es nimmt mittlerweile ganz schön viel Raum ein.

Fernsehen gucke ich so wenig, dass sich die Gebühr ganz sicher nicht lohnt.
Ute Maria Ute Maria   Beitrag 11 von 113
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Zitat: Walter Wisnewski 28.07.14, 17:58Zum zitierten BeitragDas und auch die Zunahme des Geschäfts mit Fotobüchern widerspricht allen Erwartungen, die vor 10 Jahren noch zum Thema Printgeschäft gemacht wurden. Mein DM hat eine Printstation aufgebaut mit vier Arbeitsplätzen, einem Servicemann hinterm Tresen und Printern und Scannern für vermutlich 200tsd oder mehr. Da stehen von morgens bis abends Kunden und printen, von 10X15 bis zum Poster,nicht selten auch von Smartphones.
Das ist doch eine erstaunliche Sache, deren Bedeutung in der Diskussion gar nicht gewürdigt wurde. Sie wurde zwar von den "Sachverständigen" erwähnt, aber dann einfach unter der Kategorie "Bilderflut" verwurstet, als wäre das das Gleiche wie die Tranformation, wie Rakete die gefunkten Kaffeetassen nannte.
An dem Punkt fragt man sich, ob man zum Thema Fotografie nicht besser Fotografen sprechen lässt und auf derlei Kulturbeauftragte besser verzichtet.


Mein Rossmann bei mir nebenan hat sogar 5 Fotostationen. 4 neue und 1 alte. Und wenn ich da warte, um Probeausdrucke zu machen, um meine "Werke" mal auf Papier zu beurteilen, beobachte ich da beim Warten die Jungs und Mädels, die mit großem Eifer ihre Smartphones und manchmal sogar Sticks da anschließen. Sie machen Prints und freuen sich einen Knopf ins Ohre, wenn ihre Fotos da rauskommen. Und unterhalten sich eifrig, für wen sie das printen und wem sie das geben. Auffallend ist, dass da noch kein EINZIGES Mal Leute in meinem Alter waren, die irgendwas geprintet haben. Irgendwie waren die alle mindestens 20 Jahre jünger. Das allerdings verstehe ich nicht.

Auch ich mache da Geburtstags- und Weihnachtskartenpräsente oder einfach Ausdrucke von Unternehmungen und verschenke das. Anfangs weil ich die Idee selber schöner fand, als fertige Karten und als ich bemerkte, dass sich meine Freunde und meine Familie absolut freuten, eben regelmäßiger.

Fällt das dann unter dem Begriff "Fotografie". Ich für mich denke: Nein.
XYniel XYniel Beitrag 12 von 113
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ist wird mehr als je zuvor fotografiert. und es macht den menschen spass...
und es hat sich verändert, vor allem die Geschwindigkeit mit der mand as Ergebnis hat und die verteilform, aus papier wurde vor allem socialmedia.
ich finde diese Möglichkeiten toll, so erlebe ich viel mehr und zeitnaher mit, was meine kinder und freunde so bewegt und was so geschieht.

ist das fotografie? ja sicher! man sollte nie vergessen, dass nicht der mensch für die fotgrafie, sondernd diese für den menschen da ist!

und natürlich wird sich die fotografie noch weiterentwickeln... stehen doch erst am beginn dieser ;-)
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Zitat: XYniel 29.07.14, 00:05Zum zitierten Beitragund natürlich wird sich die fotografie noch weiterentwickeln... stehen doch erst am beginn dieser
Aha,am Beginn. Naja,wenn meinen:http://www.google.de/imgres?imgurl=http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/5c/View_from_the_Window_at_Le_Gras,_Joseph_Nic%25C3%25A9phore_Ni%25C3%25A9pce.jpg&imgrefurl=http://de.wikipedia.org/wiki/Fotografie&h=1805&w=2597&tbnid=bsW6yjjvSLKlUM:&zoom=1&tbnh=122&tbnw=176&usg=__hw765GNSitNCTU5LOeSQl1htGXY=&docid=pB--C6JKthEPTM&sa=X&ei=oNPWU5OwEYW-PIeEgIgP&sqi=2&ved=0CCIQ9QEwAA&dur=733
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Zitat: Anna Log 29.07.14, 00:52Zum zitierten BeitragZitat: XYniel 29.07.14, 00:05Zum zitierten Beitragund natürlich wird sich die fotografie noch weiterentwickeln... stehen doch erst am beginn dieser
Aha,am Beginn. Naja,wenn meinen:http://www.google.de/imgres?imgurl=http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/5c/View_from_the_Window_at_Le_Gras,_Joseph_Nic%25C3%25A9phore_Ni%25C3%25A9pce.jpg&imgrefurl=http://de.wikipedia.org/wiki/Fotografie&h=1805&w=2597&tbnid=bsW6yjjvSLKlUM:&zoom=1&tbnh=122&tbnw=176&usg=__hw765GNSitNCTU5LOeSQl1htGXY=&docid=pB--C6JKthEPTM&sa=X&ei=oNPWU5OwEYW-PIeEgIgP&sqi=2&ved=0CCIQ9QEwAA&dur=733


Tatsächlich ist Fotografie eine sehr junge Ausdrucksform, gerade mal 175 Jahre alt, vergleicht man es mit anderen abbildenden Verfahren, wie Malerei oder Bildhauerei. An technischer Weiterentwicklung mangelt es nicht - siehe die Lytro Kamera. Auch wenn manche Dinge aus heutiger Sicht als Fehlentwicklungen erscheinen magen ("Wozu braucht man das?"), werden sich die Anwendungen über die Zeit schon herauskristallisieren.
Buchtipp hier: "Photography Changes Everything", Aperture Verlag. Ein englischsprachiges Buch, das sich damit auseinandersetzt, was Fotografie alles verändert hat.

Und trotzdem ist man geneigt, Jim Raketes Standpunkt Recht zu geben, auch wenn man selbst Teil des Rauschens ist.

Die Frage, die sich mir stellt ist einfach - warum ist das so? - Also er hebt ja Robert Lebeck so hervor, welche anderen deutschen Fotografen gibt es denn aus Raketes und Lebecks Zeit, die international eine Spur hinterlassen haben? Da wäre sicher noch F.C. Gundlach in der Modefotografie, aber in der journalistischen Disziplin?

Wer wäre das dann heute? Andy Spyra fällt mir spontan ein, Martin Schoeller wäre ein weiterer Name. Die Bildsprache ändert sich, die Aussagen auch, genauso wie der Zeitgeist.

Interessant finde ich, dass keins der fotografischen Verfahren aus der 175-jährigen Entwicklung wirklich verschwunden ist. Selbst Fabriken, die geschlossen erschienen, wurden wiederbelebt - Polaroid durch das Impossible Project. Ich finde, das macht Mut. - Das Rauschen war immer da, durch die sozialen Medien ist es lediglich sichtbarer geworden. Was früher in Alben vergraben wurde, wird jetzt ohne nachzudenken bei Flickr und Instagram hochgeladen - und oft auch in der fc.
Und so war der Titel des Gesprächs am Ende ein anderes Thema, als das, was Rakete ansprach. Es sollte über das Massenphänomen Fotografie gesprochen werden (5,6 Milliarden Entwicklungen aus Großlaboren) und Rakete sprach über die melancholisch über die Elite der Fotografie. Die war aber noch nie Massenphänomen.
Ehemaliges Mitglied Ehemaliges Mitglied Beitrag 15 von 113
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Zitat: Walter Wisnewski 29.07.14, 01:46Zum zitierten BeitragIrgendwann wollen alle ein Bild, das für die Wert weil besondere Bedeutung hat, auch als print in der hand halten. Ein Photo ist ein Photo erst, wenn's geprintet ist, und es wird dann geprintet, wenn es einen bestimmten Wert durch seine besonder Bedeutung erlangt. Insofern verläuft zwischen Transformation zum Einmalgebrauch und der geprinteten Fotografie auch eine Bedeutugs- und damit Wertgrenze.

Das finde ich, ist die wesentliche Erkenntnis. Trotz allen sozialen Vermüllens der Welt, am Ende finden einige Bilder ihren Weg aufs Papier, werden an Kühlschränke und Wände geklebt. Mir geht immer das Herz auf, wenn ich in die WG meines Sohns komme und die Papierbilder an den Wänden sehe. Momente der Gemeinsamkeit, Fußball, Strand, Konzerte, Erinnerungen die immer um einen herum sind. Diese Bilder müssen nicht gerahmt sein, es reicht wenn man sie irgendwie an der Wand befestigt. Es reicht ein Blick und das gesamte Ereignis spielt sich in den Köpfen der Beteiligten wieder ab - sichtbar in ihren Augen. Sowas kann nur Fotografie erreichen.
Zuletzt geändert von Gast am 29.07.14, 07:20, insgesamt 1-mal geändert.
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