Matthias von Schramm


Premium (World), Hamburg

Ostersamstag

iphone 2.4.2011 St. Martinus Kirche zu Hamburg Eppendorf

Ostersamstag

Überall horten sie Eier und malen für die Zukunft. Einen Lebenstraum. Oder ein Gebet. Dass Eiermotiv wird sorgsam ausgewählt, wie eine Tätowierung. Diese Schale soll für immer halten, auch während der Meditation. Das Osterei kommt immer mit in einem Schatzkästlein, auch bei der Schwangerschaftsgymnastik, oder bei der Warmsteinmassage. Hilde trifft Bettina bei „Ganzkörper-Rücken“. Die eine Mehrzweckhallensachzwangsangestellte bei „Stage“. Die andere Vorzimmerdame vom mediterranen Tennisklub „Schwimmender Filz.“ Als erstes werden die Eier gezeigt.

Hilde zeigt sich selbst splitternackt und an den entscheidenden Stellen etwas idealisiert (Kleidergröße 36-38) an ein Schaumgummikreuz aus Gymnastikelementen gebunden, um ihren Fitnesswahnsinn der letzten Jahre zu symbolisieren. Zu ihren Füßen ein demonstrativ umgedrehter Joghurtbecher. Sie hat das Motiv selber ganz in Öl gemalt und dazu ein weißes Bioei verwendet, welches einem Huhn entnommen wurde, dass täglich exakt 125 gramm biologisches Kraftfutter frisst.

Bettina hat den schlichten ökonomischen Satz „quid pro quo“ auf ihr Ei zeichnen lassen, von einem autorisiertem Eierstudio, welches allerdings leider die Eierquelle nicht preisgibt. Bettina wendet das Prinzip „dieses für das“ (quid pro quo) auch gerne auf die Pädagogik an, denn ihre pubertierende Tochter soll lernen, dass Jungs zwar Liebhaberabfall sind, aber nicht recycelbar.
„Soweit kommt´s noch!“

Morgen rollen die Großeltern aus Wilna im südlichen Baltikum an. Da gilt es den ganzen Schickikram wieder zu verstecken. Es muss Kümmel und Hammel besorgt werden. Bettina sucht noch nach einem Vorwand, um nicht mitessen zu müssen. Dann geht’s in die Kirche. Heimlich Kaugummis unter die Bibeln kleben, wie damals im Konfirmandenunterricht, als die Pastoren noch Hippies waren. Das war schön.

„Kommst du mit?“ fragt Hilde „heute Nachmittag gibt’s Tofuwürstchengrillen mit den Rhönradkameradinnen im Garten des feministischen Instituts für Eierkontrolle. Die Kunstdärme haben Tinchen, Jenny und Marlenchen in einem VHS Kurs bei Sabinchen selbst hergestellt.“

„Ne du!“, antwortet Bettina etwas gehetzt, “ich muss noch Betten beziehen und den Bürgermeister kreuzigen. Wir Mädels vom Tierschutzverein haben uns mit ein paar politbewegten Kuschelmäusen aus der Klasse meiner Tochter zusammengetan. Du, ein paar von denen stehen unter Terrorverdacht und sind jetzt zum zweiten Mal sitzen geblieben, weil sie „Werte und Normen“ geschwänzt haben. Rückschrittlicher Scheißhaufen!“

„Ach Bettina, dass ist mir jetzt irgendwie zu aggressiv. Ostersamstag braucht für mich dieses eirunde Flair. Und ich kann mit meinen Schwestern sein, wenn ich einfach mit ihnen bin.“

„Hilde, es ist doch immer dasselbe mit euch Softeipippimädchen. Überhaupt, Schaumgummikreuz und Rhönradkameradinnen. Da lachen doch die Hühner. Welche männlichen Bastionen mussten da eigentlich gestürmt werden. Ha ha ha! Und deine Titten hättest du ruhig echt malen können. Die hängen nämlich wesentlich mehr, meine Liebe.“

„Du, dass brauch ich jetzt echt nicht. Spreng dich ruhig mit deinen kleinen schlecht erzogenen Rockerbräuten und deiner hässlichen Tochter in die Luft. Ihr werdet sehen, dass das auf Dauer auch nichts bringt. Leb wohl, Proletenschlampe!“

„Danke, du mich auch, du Tofupelle im Latzhosensack!“



23. April 2011

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