Matthias von Schramm


Premium (World), Hamburg

Alstertalromanze 265

iphone hipstamatic 20.4.2011 -

Die Trennung

Heute trennen wir uns. Endgültig. Ich habe es ihr schon am Telefon angedeutet. Ich habe es gechattet. Es steht in offenen Foren. Ich habe einen Lokalsender darüber informiert.

Sie ist mir schon sehr ans Herz gewachsen, die Frau Kurtzrock. Mit ihren langen Lidern, die so traurig ausschauen. Und ihren Strümpfen übers Bein fest gezurrt. Und ihrer kleinen Knollnase, familiär bedingt. Ich gehe zu ihr. Tränen und Schminke sickern ins Hamburger Grundwasser. Tabletten verjüngen den Tag. Die Vöglein singen so klar. Und das Mädchen im schwarzen Kleid spielt Cello im Garten. Wie jedes Jahr. Das Mädchen ist nun älter und reifer. Ihr Cellospiel ist voller, aber nicht düsterer geworden. Sie klingt mutig, wie einst Jacqueline du Pré. Schubertforellen zu Karfreitag.

Frau Kurtzrock streckt mir ihren kleingarten-trainierten Hintern entgegen, wie das eine Frau macht, die im Anlegen von Beeten Übung hat und auf der anderen Seite weiß, dass ihr sinkender Stern nicht ohne Stolz versinkt. Wir futtern Pflaumenkuchen und sehen vom Balkon auf Wagen waschende Jünglinge, deren tätowierte Oberarme von der Poesie des modernen Kurzzeitgedächtnisses erzählen. Der Hansi, der Nachbarsjunge sitzt ein, wegen schwerer Körperverletzung. „Schade, der Knabe hatte einen so wohlgeformten Body!“, schwärmt Frau Kurtzrock. Ich erinnere mich an den HSV-Deppen nur flüchtig. Irgendwie war sein Kopf falsch rum draufgeschraubt.

Heute trennen wir uns. Ihre Wege verlieren sich dann zwischen Himmel und Hummel. Ich erzähle noch ein bisschen von ihr. Bei Freunden und ohne Freunde. Es gibt Hering und Tomaten.

22. April 2011

Alstertalromanze 264
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