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Man wird niemals...

Man wird niemals...

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Stefan Schwetje


Premium (World), Braunschweig

Man wird niemals...

Man wird niemals verstehen, niemals begreifen können, niemals sich in die Lage dieser Menschen versetzen können… Hoffentlich wird das auf ewig Geschichten bleiben und sich niemals wiederholen!!!
In den nächsten Tagen bietet sich in dieser Baracke ein Bild des Grauens, das alles übertrifft, was in langen Jahren der KZ-Geschichte jemals geschehen war. Die Leute, zu schwach, um den weiten Weg zum Abort zu finden, überdies wegen Typhusgefahr isoliert, haben ihre Notdurft zumeist in der Baracke erledigt. Der Gestank und die Ausdünstungen der vielen Menschen sind, obwohl die kleinen Fensterchen geöffnet sind, so stark, dass es einem von außen Kommenden kaum möglich ist, drinnen mehr als einige Minuten zu verweilen. Und diese ausgehungerten und verdurstenden Menschen schreien nach Wasser und Brot. Aber das Lager hat in jenen Tagen kein Wasser…
Für die später ausgegebene dünne Steckrübensuppe haben sie weder Geschirr noch Näpfe noch Löffel. In all dem Gedränge versuchen Ordner, die Übersicht zu behalten. Aber das ist unmöglich. Wie Tiere und wild, obwohl sie kaum stehen können, umdrängen die Leute die Kübel. Einer erhält in all dem Gedränge einen Schlag gegen den Bauch. Er bricht das Essen wieder heraus, schnell laufen andere und klauen die Überreste des Erbrochenen gierig vom Boden und schlingen sie hinunter…
In dieser Zeit beobachten wir erste Zeichen von Kannibalismus im Lager. In der Steinbaracke 10 fing es an; da war einer Leiche der Bauch aufgeschnitten und die Leber herausgerissen worden. Aber dann griff es auch auf das übrige Lager über. Den vor oder in den Baracken liegenden Leichen schnitten sie die Ohren ab, die Wangenhaut, dann, als das Menschfressern nicht mehr genügt, auch Teile der Arm- und Beinmuskulatur, des Gesäßes. Sogar die Genitalien wurden abgeschnitten. Mitunter wurde einer dieser Menschenfresser ertappt. Diese Elendsgestalten mussten auf Befehl der SS totgeschlagen werden, wenn sie nicht durch irgendeinen glücklichen Zufall entwischen konnten…
Eine schlimme Plage waren die Läuse. Da man in Belsen kaum Gelegenheit zum Waschen hatte, geschweige denn zum Baden oder reine Wäsche zu bekommen, setzte binnen kurzem eine furchtbare Verlausung ein. Leute, die im Gedränge lagen, hatten Läuse zu Hunderten, ja zu Tausenden. Es gab Kleidungsstücke, von denen man im grimmen scherz sagte: „Sie wandern auf dem Boden herum“, so viele Läuse saßen in ihnen. Oft sah man Häftlinge sich an den Barackenecken den Rücken scheuern, um den unerträglichen Juckreiz loszuwerden. Bei vielen war die Haut eine einzige aufgeriebene, zerbissene, zerkratzte, von Blutpunkten durchsetzte Fläche…
(Quelle: Arzt in den Höllen von Fritz Lettow)

Kommentare 6

  • Wolfgang P94 11. Februar 2018, 18:54

    Fürchterliche Beschreibung und doch ungeheuer wichtig. Erinnerung an all das schlimme, grausame und Mahnung das sich sowas nie wiederholt allen braunen Hetzern und Verleugnern, allen gleichgültigen zum trotz.
    LG
    Wolfgang
  • Urs V58 4. Februar 2018, 23:42

    Manchmal denke ich, es könne nicht noch schlimmer werden mit den Schilderungen ... ich habe mich getäuscht. Ja, diese Erinnerungen müssen bewahrt bleiben, in der Hoffnung, dass es sich niemals mehr wiederholt.
    LG Urs
  • Joachim Irelandeddie 3. Februar 2018, 19:17

    So grausam und furchtbar. Diese Schilderung ist so ein Wahnsinn, man kann und will es nicht glauben das so etwas unmenschliches möglich ist! Wir können froh sein das uns so etwas erspart geblieben ist und müssen alles uns mögliche dafür tun, dass so etwas grausames nie wieder vorkommen kann!

    lg eddie
  • Mary.D. 3. Februar 2018, 17:26

    Grausam...und erschreckend...was die Menschen erdulden mußten.
    LG Mary
  • BluesTime 3. Februar 2018, 15:00

    intensiv
    lg

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