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Shooting Northern Lights

Shooting Northern Lights

13.103 64

Michael Wolta


Premium (World), Magdeburg

Shooting Northern Lights

Am Morgen danach. Westkarelien im Winter. In der Nacht war das Thermometer bei minus 47 Grad stehengeblieben. Klirrende Kälte und klarer Himmel sind beste Bedingungen für das Fotografieren von Polarlichtern. Die extremen Bedingungen stellen natürlich nicht nur den Fotografen, sondern auch seine Ausrüstung auf eine harte Probe. Mein Arbeitstier, die D810, hatte ich hier mit dem Nikkor 14-24/2.8, Kabelauslöser, Batteriegriff und L-Schiene von Really Right Stuff bestückt. Die beiden Akkus haben zusammen länger als 4 Stunden durchgehalten. In der letzten halben Stunde sind aber keine brauchbaren Bilder mehr entstanden, weil die Linse zugefroren war. Im Eifer des Gefechts hatte ich das in der Nacht beim Fotografieren leider übersehen. Neben mir stand ein Fotograf, der sich für die Polarlichtwoche extra das neue Sigma ART 20 mm/1.4 gekauft hatte. Von der Lichtstärke her eigentlich ideal, aber leider ist die Linse wohl nicht oder nicht genügend abgedichtet. Schon in der ersten Nacht war Feuchtigkeit eingedrungen, und das Objektiv war für den Rest der Woche nicht mehr benutzbar. Uns beiden ist da wieder mal klar geworden, dass man unter rauhen Bedingungen keine Kompromisse eingehen darf. Die Naturfotografie ist zwar ein sehr schönes Hobby, aber meist halt auch ein verdammt harter Job.

@alle: Ich will niemandem eine Polarlichtreise vermiesen. Ich hatte mir das kalte Karelien ausgewählt, weil ich mir auch Chancen auf Eulen, Adler und Wölfe ausgerechnet hatte. Wölfe im Schnee werden wohl ewig ein Traum von mir bleiben. Aber der klare Himmel, 65 Kilometer von der nächsten Ortschaft entfernt, war hier natürlich der Hammer. Zum Aufwärmen gab es immer eine echte finnische Sauna am Vormittag. Wärmere Alternativen sind zum Beispiel Lappland, das nordnorwegische Festland, die Lofoten, die Aleuten, Island .... Da sorgt der Golfstrom auch im Winter für Wärme, meine kälteste Nacht in Tromsö war z.B. "nur" -17 °C. Da haben wir aber 7 Stunden gestanden, hatten genügend Ersatzakkus mit und am Ende haben sich die minus 17 Grad auch viel kälter angefühlt. Ob eine Systemkamera der Kälte noch besser trotzen kann, weiß ich nicht, ich habe keine. Ich bin mit den Ergebnissen meiner D810 jedenfalls außerordentlich zufrieden.

@Foto Dreams: Ein Kabelauslöser ist mir in der Kälte zerbrochen. Auf Anraten von Marko König, der diese Erfahrungen auch gemacht hat, hatte ich aber Ersatz dabei. Wenn man eine solche Unternehmung macht, muss man sich natürlich gründlich darauf vorbereiten. Ich hatte gelesen, dass man seine Kamera mit Objektiv noch vor Ort in der Kälte in eine Plastiktüte verpacken und dann im Fotorucksack in der Unterkunft bei Zimmertemperatur langsam erwärmen soll. Dies soll der Bildung von Kondenswasser (flecken) im Objektiv und auf dem Sensor entgegen wirken. Hat bei mir gut funktioniert. Lediglich die Akkus und Speicherkarten habe ich vorher entnommen. Außer dem Kabelauslöser haben nur meine Füße etwas Schaden genommen. Die so genannten Winterstiefel Meindl Garmisch GTX kann ich niemandem empfehlen, der eine Winterreise nach Skandinavien machen möchte. Selbst bei den vergleichsweise milden minus 17 Grad in Tromsö waren sie die Hölle. Im Prospekt, der mich zum Kauf verleitet hatte, waren sie für Temperaturen bis -40 °C angepriesen worden. Aber die Null ist definitiv zuviel.

Ein herzliches Dankeschön an Asterix in ECHT für den Galerievorschlag :-). Danke auch an alle, die sich mit dem Foto auseinandergesetzt haben. Das Bild ist natürlich nicht dazu geeignet, als Poster an die Wand gehängt zu werden. Ich wollte damit einfach mal diejenigen zum Nachdenken anregen, die meine Fotos mit Kommentaren wie "hast du immer ein Glück" oder "Vogiknypsbildkontra" bedenken. Ein gutes Naturfoto verursacht in der Regel Schmerzen beim Fotografieren.

Addendum am 26.03.2019: Offensichtlich hat die Kamera unter den extremen Bedingungen doch Schaden genommen. Ich hatte sie jetzt beim Nikon-Service. Rein routinemäßig, Fehlfunktionen oder Schäden hatte ich selbst nicht bemerkt. Beim Service wurden aber Feuchtigkeitsschäden festgestellt und der Anschlusskontakt am Batteriepack war korrodiert. Die Reparatur hat 268,23 Euro gekostet.

Kommentare 64

  • Heidi Schneider 24. November 2019, 18:12

    Da erschrecke ich doch sehr! Ein Bild mit Erinnerungsfaktor! 
    Ein hochinteressantes Bild, und ich schätze die ausführliche Beschreibung!  Was für ein Urlaub... 
    Wenn man die Ergebnisse der Fotografie anschaut, vergisst man wohl oft, unter welchen Umständen sie entstanden sind...
    Grüsse aus warmen Landen, selbst jetzt
    Heidi
  • Karina M. 28. November 2017, 22:36

    Für diese Hinweise bin ich Dir sehr dankbar, man muss nicht unbedingt alles selbst ausprobieren
    LG Karina
  • Naturbeobachter 13. Februar 2017, 4:12

    Danke für den Text und die Erfahrung die Du uns "mitgebracht" hast. ;-)

    Gruß
    Carsten
  • mincki 20. Januar 2017, 22:21

    Nachdem ich in der Vorschau die eingefrorene Kamera gesehen hatte, war ich doch sehr neugierig auf deinen Text und habe wirklich alles gelesen.
    Erst einmal bin ich total sprachlos, wie man es 7 Stunden aushält in der Kälte zu stehen.
    Wenn man läuft und sich bewegt, dann geht es ja noch einigermaßen. Aber nur stehen und auf den Nachthimmel und die Kamera achten, muss doch höllisch gewesen sein.
    Ich hätte auch nicht gedacht, dass deine Kamera, so eingefroren wie sie aussieht, dass überstanden hat.
    Jetzt muss ich mir aber unbedingt deine anderen Bilder anschauen und sicher auch bewundern.
    Tschüss
    Sabine
  • Kai Rösler 18. Januar 2017, 18:26

    Hallo Micha: sehr interessant und informativ. Dass die Kamera das ausgehalten hat ...

    Übrigens habe ich mir vorgestern Meindl Garmisch GTX gekauft, nachdem ich letztes Jahr im Norden in meinen Timberland sehr gefroren hatte. Der Trick soll sein, dass man sie 2 Nummern zu gross nimmt, damit noch Luft zwischen Fuss und Stiefel kommt ...

    LG Kai
  • Arno M 17. Januar 2017, 20:50 Voting-Anmerkung

    belanglos... deshalb gerne contra
  • Heiko Hoffmann 17. Januar 2017, 20:49 Voting-Anmerkung

    e
  • Jürgen Kopelke 17. Januar 2017, 20:49 Voting-Anmerkung

    Text Pro
    Foto
    freundliches E
  • Certeau Dominique 17. Januar 2017, 20:49 Voting-Anmerkung

    c
  • DennyB. 17. Januar 2017, 20:49 Voting-Anmerkung

    Na @Popelfoto, heute wieder mal mit dem falschen Fuß aufgestanden?

    Foto freundliches contra
  • Michael Mock 17. Januar 2017, 20:49 Voting-Anmerkung

    Polarisierendes Bild zweifelsohne, der informative Text bekommt von mir ein Pro.
    das Bild oben steht ja eh nicht zur Abstimmung. Und wenn ich die ganzen verquasten Kunstfotos meiner Buddy mit einem Pro versehen habe, schau ich mal bei Michas Fotos vorbei, die sollen ja ganz sehenswert sein.
  • zeitl 17. Januar 2017, 20:49 Voting-Anmerkung

    PRO
  • PodoFoto 17. Januar 2017, 20:49 Voting-Anmerkung

    Ein gutes Naturfoto verursacht in der Regel Schmerzen beim Fotografieren?
    Macht dann aber dem Betrachter Vergnügen!
    Un dafür lohnt es sich!
    Und 100x besser als diese verquasten Möchtgern - Kunstfotos, die nur die verstrahlten Buddys der "Künstler" gut finden.
    E

  • Ralph Eckardt - Lichtraumstudios - 17. Januar 2017, 20:49 Voting-Anmerkung

    M.i.t.l.e.i.d.s.e.n.t.h.a.l.t.u.n.g.

  • Manfred Wenzel 17. Januar 2017, 20:49 Voting-Anmerkung

    c