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Kampf der Gegensätze

Kampf der Gegensätze

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Norbert Lutzner


Premium (Basic), Dresden

Kampf der Gegensätze

Kommerz rund um die Frauenkirche (IV)
Dresden

Den Spruch des Dominikaner-Mönches Tetzel: "Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt" könnte man, wenn auch nicht im ursprünglichen Sinne, auf das Tun manch neuzeitlicher Architekten übertragen ...



Kommentare 8

  • Raymond Funke 27. Januar 2007, 8:44

    Prima Gegenspiel im Spiegel der Zeit!
    Treffend der Kommentar und doch sind es nur die Formen die sich ändern, der Mensch in seinem Empfinden verharrt in seinen genetischen Anlagen.
    lg remo
  • Norbert Lutzner 19. Januar 2007, 22:48

    Ich freue mich über die Diskussion, die mein Bild wohl ausgelöst hat ... :-)

    @Gregor hat sicher Recht, wenn er den eigentlichen Aufgabenbereich der Denkmalpflege abgrenzt. Sachsen hat sich schon frühzeitig zum Erhalt von Altertümern bekannt: "Altertümerer und Kunstschätze eines Landes sind ein Gesamteigentum der Menschheit, ein anvertrautes Gut, das der Staat nicht den Launen des Besitzers überlassen kann" (Sächsischer Altertumsverein, 1829).
    In der besonderen Situation am Dresdner Neumarkt ist von den "Altertümern" leider nicht mehr viel übrig geblieben. Um so wichtiger erscheint es mir, dass bei der städtebaulichen Entwicklung des Neumarktgebietes die verbliebene historische Substanz weitgehend gerettet und wiederverwendet wird. Das wiederum tangiert den Aufgabenbereich der Denkmalpflege in hohem Maße! Es ist für mich deshalb auch nicht verwunderlich, dass in das städtebaulich-gestalterische Konzept die obere Denkmalschutzbehörde als Gutachter einbezogen werden soll. Nur muss diese Denkmalschutzbehörde auch ihrer Aufgabe gerecht werden (siehe Anmerkung von @Christoph zu den Kelleranlagen)!!

    Die archäologische Rekonstruktion der Frauenkirche, in die ebenfalls die Denkmalpflege einbezogen war, hat eine Situation geschaffen, die es einfach nicht erlaubt an den stadthistorisch wichtigsten Stellen eine neue Architektur mit "Beliebigkeitscharakter" entgegenzusetzen. Es bleibt nur ein Miteinander von archäologischer Rekonstruktion (unter Einbeziehung der Denkmalpflege!), Stadtentwicklungsplanung und eigenständiger, EINFÜHLSAMER moderner Architektur.

    Auch wenn eine reine Rekonstruktion keinen Zeugnischarakter für eine historische Epoche hat, kann eine archäologische Rekonstruktion (unter Verwendung und Einbeziehung noch vorhandener Fragmente) die jahrhundertelangen Erfahrungen menschengerechten Städtebaus wieder erlebbar machen. Für die moderne Architektur heißt das meiner Meinung nach, dass sie in ihrer Eigenständigkeit einen Bezug zur historischen Überlieferung finden muss. Sehr treffend beschrieben habe ich das in einer Publikation gefunden:

    "Kaum jemand wird Dresden wegen seiner modernen Architektur besuchen. Wenn sie dann auch noch das alte Stadtbild stört, hat sie erst recht verloren. Sie wird immer den zweiten Platz einnehmen müssen. Das ist ihr Erbe und ihre Verpflichtung. Leugnet sie diese Tatsache, fordert sie ihr Scheitern heraus. Erkennt sie ihren zweiten Platz an und füllt ihn mit Würde und Eigenständigkeit aus, tut sie es in Achtung vor der Geschichte, dann unterstreicht moderne Architektur den Wert des barocken Dresden, dann fällt vom Glanz des Alten etwas auf das Neue ab und wird dadurch geadelt." (Walter Klicker, Dresden)
  • Christoph Koessler 19. Januar 2007, 14:57

    Lieber Gregor Nagler!

    Das mit der Da Vinici Kopie hat aber einen gewaltigen Haken:

    Bei einem Gebäude steht die Idee (der Plan, das Genie des Architekten) im Vordergrund und nicht in erster Linie die handwerkliche Umsetzung, da es zumeist unerheblich ist, wer nun einen Ziegel auf den anderen setzt.

    Außerdem ist der rekonstruierte Neumarkt kein Museum, sondern ein urbanes Stück Dresden, welches man in der sonstigen Dresdner Altstadtwüste kein zweites Mal finden wird.

    Hätte man den eingestürzten Campanile in Venedig vielleicht nicht wieder rekonstruieren sollen?

    Es gibt zahlreiche Altstädte in Europa, die komplett rekonstruiert wurden und die heute zurecht zum Weltkulturerbe gehören!

    Bezüglich des Abrisses historischer Kelleranlagen hast Du hingegen vollkommen Recht! Aber weißt Du, wer dafür verantwortlich ist: Die Dresdner Oberdenkmalpflegerin Judith Oexle, die nicht nur wegen dieser "Glanzleistung" ins Feuer der Kritik geraten ist...sowie der heillos überforderte Baubürgermeister Feßenmayr

    @Norbert Lutzner

    Danke für dieses hervorragende Foto! Zu einem ist der Aufzugsschacht anscheinend doch gut: Er widerspiegelt die Schönheit der wiederaufgebauten Frauenkirche!





  • Gregor Nagler 18. Januar 2007, 20:04

    Schönes Bild!
    Zu der Diskussion um Rekonstruktionen: Sie gehören nicht zur Aufgabe der Denkmalpflege, sonst müßte es Denkmalbau heißen. Rekonstruktionen sind eine Maßnahme des Stadtbildschutzes, während die Denkmalpflege originale, d.h. gealterte Bausubstanz schützt - also das was als "Original" bezeichnet wird und oft auch verändert und unzulänglich ist. Darum gibt es im Grunde in der Denkmalpflege keine Diskussion - Rekonstruktionen gehören schlicht und einfach nicht zum Aufgabenbereich.
    Im Übrigen stehen Rekonstruktionen, die ja in neuem Glanz erstrahlen nicht selten in Konkurrenz zu den historisch überkommenen Bauten: Sie laden ein zu Gedankenspilen wie "abreißen und genau so wieder hinstellen, nur mit Tiefgarage und Betonwänden" - siehe z.B. Heiligendamm oder auch Dresden wo den Rekonstruktionen historische Kelleranlagen für eine Tiefgarage geopfert wurden.
    Es steht natürlich jedem frei, Rekonstruktionen schön zu finden - nur Zeugnischarakter für eine historische Epoche haben sie nicht mehr. Man geht ja auch nicht ins Museum, um eine Da Vinci Kopie zu sehen,...
  • Norbert Lutzner 17. Januar 2007, 22:15

    @WillY, Tinchen: Ja, es ist das mitten auf dem Neumarkt gelegene Zugangshäuschen zum unterirdischen Parkhaus. Für meine Begriffe die bisher krasseste architektonische Entgleisung bei der Rekonstruktion des Neumarktes. Andere Städte haben uns das schon wesentlich besser vorgemacht und notwendige Zugänge wesentlich unaufdringlicher in das Stadtbild integriert (Stephansplatz in Wien, Max-Joseph-Platz in München, Place Vendôme in Paris).

    @Dagmar: Das Thema Zulässigkeit einer originalgetreuen Rekonstruktion oder ausschließliche Konservierung des Istzustandes entzweit die Gemüter. Was gerade in Dresden passiert, ist wohl mehr als ein Streit der Denkmalpfleger. In der Tagespresse fand ich eine Leserzuschrift, die das relativ treffend zum Ausdruck bringt:

    "Der Neumarkt wird immer Stoff für Diskussionen geben und die
    Dresdner werden immer mehrheitlich für so viel Historisches wie
    möglich stimmen. Das ist nicht nur für den Tourismus gut, es hat
    wahrscheinlich auch etwas mit Heimatgefühlen zu tun. Denn der heimatliche
    Lebensraum weist stets spezifische Merkmale und Besonderheiten
    auf. Und dazu gehören nicht nur Lebensgewohnheiten, Mentalitäten,
    Legenden, Dialekte, Gebräuche. Es gehört auch die Bau- und
    Kunstgeschichte dazu, die mit Dresden eine unverwechselbare
    städtebauliche und kulturelle Entwicklung genommen hatte und die durch die Zerstörung 1945 unendliche Sehnsüchte hinterließ.
    Moderne Architektur kann diese Sehnsucht in den Bürgern von Dresden nicht stillen.
    Und sie verteidigen ihre regionale Einmaligkeit gegen jeden Anschlag, den insbesondere der heutige Globalisierungstrend mit sich bringen kann.
    Wer denkt schon darüber nach, ob durch die Globalisierung Vielfalt jeglicher Art verloren geht?
    Wenn man nach Dresden kommt, weiß man, dass man in Dresden ist. Geht man heute nach Seoul oder in welche Großstadt auch immer, so wird man an der Gestalt der Gebäude nicht mehr erkennen, wo man ist. Für die moderne Architektur ist Regionalität ohne Bedeutung. Die großen Architekten sind global tätig. Vielleicht ist das eine Erklärung, warum die Dresdner um jeden Quadratmeter
    historische Bausubstanz kämpfen.
    Sie fürchten, dass ihre Stadt die Einmaligkeit verliert und die städtebauliche Entwicklung in Beliebigkeit mündet."

    @Karl: Wenn man das Datum der Kirchweihe als Bezugspunkt nimmt, hast Du Recht. Die Garage wurde im September 2004 in Betrieb genommen, die Kirchweihe war erst im Oktober 2005.
  • Frechdax . 16. Januar 2007, 22:48

    Spitze...ist das das Parkhaushäuschen?
  • Dagmar E. 16. Januar 2007, 22:13

    Ja, Deine Bildbeschreibung unterschreibe ich gern, für mich immer wieder ein Frevel, wie in manchen Innenstädten, so auch in Dresden, hypermodern gebaut wird, ohne auf die angrenzende alte Architektur Rücksicht zu nehmen. Da gibt es selbst bei den Denkmalschützern im Lande in den verschiedenen "Dienstebenen" unterschiedliche Auffassungen. Mir sagte mal einer von der mittleren Denkmalschutzbehörde: Was weg ist, ist weg und sollte nicht um jeden Preis der Welt wiederhergestellt werden, neue (An)Bauten sollen sich auch als neu darstellen ... dieses Ergebnis ist übrigens zu besichtigen auf Schloß Trebsen im Muldentalkreis ... überhaupt nicht mein Ding, aber das liegt vermutlich an den angeborenen Genen ;-))
    LG Dagmar
  • † Willy Vogelsang 16. Januar 2007, 22:08

    Wieder ein prächtiger Fund, diese markanten Gegensätze. Und die FK immer im besten Licht!
    Gruss WillY

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