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Bugatti, Rolls-Royce und das Ende der Textil-Industrie

Bugatti, Rolls-Royce und das Ende der Textil-Industrie

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Bugatti, Rolls-Royce und das Ende der Textil-Industrie

Der im Elsass aufgewachsene Schweizer Industrielle Fritz Schlumpf gründete 1935 mit seinem Bruder im Elsass seine eigene Textilfabrik und kaufte in den folgenden Jahren noch weitere dazu. In seinen vier französischen Kammgarnfabriken, drei davon im Elsass, waren in den 70er Jahren rund 2000 Arbeiter beschäftigt. Schon seit seiner Kindheit interessierte sich Fritz Schlumpf für den Automotorsport und vor allem für Bugatti-Automobile, die in Molsheim (Elsass) hergestellt wurden. Als 1957 die Molsheimer Bugatti-Fabrik aufgelöst wurde entschloss sich Fritz Schlumpf das Erbe Bugattis zu retten und kaufte nicht nur die Produktionsreste, sondern gleich dutzendweise weitere Automobile in der ganzen Welt. Aus der anfänglichen Leidenschaft entwickelte sich rasch eine verhängnisvolle Sammelsucht, die jegliches Mass zu sprengen begann. Auf Kosten seiner Fabriken kaufte er in den nächsten 20 Jahren auf der ganzen Welt rund 500 Oldtimer, die er in seinem privaten Automobilmuseum versteckt hielt. Als in den 60er Jahren die Textilindustrie, darunter auch seine Betriebe, in Schwierigkeiten geriet, beschliesst er 1965, eine seiner Spinnereien in eine Restaurationswerkstatt für Automobile zu
verwandeln. Statt sich um seine Betriebe zu kümmern, widmete er sich immer mehr seinen Automobilen. Gegen Ende der 70er Jahre melden die Schlumpf-Brüder angesichts der Textil-Krise im Juni 1976 Konkurs an und entlassen 2069 Arbeiter. Anlässlich einer heimlichen Fotoreportage im streng bewachten Privatmuseum von Fritz Schlumpf im Februar 1977 verbreiten sich schlagartig Gerüchte über die enorme Sammlung und den Reichtum von Fritz Schlumpf. Daraufhin besetzten die Arbeiter während zwei Jahren die Sammlung. Sie verschafften sich Zutritt zu den Geschäfts- und Privaträumen und lieferten Belastungsmaterial an die Staatsanwaltschaft von Mulhouse. Es folgte unmittelbar die Anklage wegen betrügerischem Konkurs und Veruntreuung von Betriebsvermögen sowie der Haftbefehl. Eine Zuchthausstrafe wurde allerdings wegen hohen Alters bedingt erlassen.

Währenddem das Textilimperium der Gebrüder Schlumpf um die einstmals wichtige Industriestadt Mulhouse längst tot ist, wurde die Automobilsammlung unter Denkmalschutz gestellt und aus der Konkursmasse an die Association Proprietaire du Musée National de l'Automobile de Mulhouse verkauft. Heute gilt sie als das grösste Automobilmuseum der Welt.

Aufgenommen am 05.12.2003 auf einer Fototour mit Christian Brünig in einer der ehemaligen Textilfabriken der Gebrüder Schlumpf im Elsass.

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