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"Ewig Blut und Kreuzeszier"

"Ewig Blut und Kreuzeszier"

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Prinz Mario


kostenloses Benutzerkonto, Samnaun

"Ewig Blut und Kreuzeszier"

Der Kreuzschnabel

Ich war beim Vogelsteller
Wol oft in frommer Ruh'
Die ganze Nacht im Walde
Und that kein Auge zu.

Er wüßt' von jedem Vogel
Ein Liedchen wunderhold,
In der berußten Stube
Wuchs helles Mährchengold.

Doch der am grünen Fenster
Der Vogel purpurroth
Mit seinem Kreuzesschnabel,
Der half von aller Noth.

Wer sich im Wald beschädigt,
Dem sang er zu die Wund',
Und selbst den Fieberkranken
Machte sein Lied gesund.

Hab' jetzt ein bitttes Sehnen,
So einen stillen Graul,
Des Vogels Lied zu hören,
Das sonst ich oft vernahm.

Könnt' ich ihn singen hören
In meiner Seele Schmerz,
Das würde sicher stillen
Mein blutend wundes Herz.

2.

Wenn die Blumen längst verstarben
Vor der weißen Winternacht,
Hat ein Vöglein auf der Fichte
Erst sein kleines Nest gemacht.

Achm ein blutigrothes Vöglein
Brütet in der Wildniß Graus
Unter den bereiften Zweigen
Still und heiß die Jungen aus.

Kreuzschnabel, Wundervogel !
Gar zu oft fällst du mir ein,
Schau' ich in die starre Wildnis,
In die öde Welt hinein.

3.

Als der Heiland litt am Kreuze,
Himmelwärts den Blick gewandt,
Fühlt er heimlich sanftes Zucken,
In der stahldurchbohrten Hand.

Hier von Allen ganz verlassen,
Sieht er eifrig, mit Bemühn
An dem einen starken Nagel
Ein barmherzig Vöglein ziehn.

Blutbeträuft und ohne Rasten
Mit dem Schnabel zart znd klein
Möcht' dem Heiland ss vom Kreuze,
Seines Schöpfers Sohn befrein.

Und der Heiland spricht in Milde:
Sei gesegneter und für!
Trag' das Zeichen dieser Stunde,
Ewig Blut und Kreuzeszier!

Kreuzesschnabel heißt das Vöglein;
Ganz bedeckt von Blut so klar,
Singt es tief im Fichtenwalde
Mährchenhaft und wunderbar.

4.

Doch benetzt von seinen Thränen,
Doch beträuft von seinem Blut,
Sing' ich nun betrübt im Walde
Hoffnungslos und ohne Muth.

Rauscht, ihr finstern Fichtentbäume!
Brause, Gießbach, mit Gewalt!
Daß mein Lied von diesen Bergen
Nicht in's Thal hinunterschallt.

Julius Mosen

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