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Heinz-Hinnerk und das Frühlingsfest

Heinz-Hinnerk und das Frühlingsfest

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Klacky von Auerbach


Premium (World), aus dem sonnigen WestWing

Heinz-Hinnerk und das Frühlingsfest

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Heinz-Hinnerk, von dem ich hier erzähle, ist eigentlich Heinz-Hinnerk III oder HH d. J, der Jüngere. Heinz-Hinnerk I ist der Ältere und sein Opa. Heinz-Hinnerk II ist sein Vater, der trägt keinen Zusatz, und der hier im Bild ist der jüngste, aber nicht der jüngste der Familia, das ist Hein, aber der jüngste Heinz-Hinnerk. Zu Hause in Aurich / Ostfriesland betreiben sie einen Kolonialwarenladen, und da soll nicht immer das Firmenschild geändert werden, wenn das Geschäft übergeben wird. Das ist gängige Praxis in traditionsbewußten Betrieben.

Der Vater von Heinz-Hinnerk II oder dem Jüngeren, also der ohne Zusatz, hatte vor einigen Jahren das Oktoberfest besucht und zu Hause dann allen was vorgeschwärmt, vor allem am Stammtisch, zu dem er HH II auch hin und wieder mitnahm, denn der soll das Parlieren und richtige Trinken beizeiten lernen. HH d. J. hatte immer mir großen Ohren gelauscht und sich vorgenommen dieses Fest der Feste auch einmal feste zu besuchen. Nur just in diesem Jahr sollte es nicht gehen, denn er mußte die Lehre im Nachbardorf antreten, auch das war Tradition, die Lehre nicht im väterlichen oder opalichen Betrieb zu absolvieren. HH II biß in den sauren Apfel und sagte sich, ach was, das Frühlingsfest ist bestimmt auch schön, und außerdem hat es zwei Feuerwerke, eines heute Abend und eines am 4. Mai, und das Oktoberfest hat zwar viele besoffene Ausländer, sogar Nord- und Westfriesen, aber kein Feuerwerk. Daher zog er rechtzeitig los, und düste innerhalb von drei Tagen mit seinem Moped, er hatte sich auf dem Flohmarkt eine nostalgische Ossimaschine ergattert, eine Simson, auf jeden Fall knatterte er mit dieser in die bayrische Metropole. Ja, das war so was wie eine Weltreise, von Aurich nach München, das muß man sich mal vorstellen, also nicht nur die Entfernung, sondern auch der Unterschied zwischen beschaulich-ländlicher Idylle und dem Schickimickiflair von Minga.

Lange Rede, kurzer Sinn, am Freitag ging es aufs Frühlingsfest auf der Theresienwiese. Wegen der fast sommerlichen Temperaturen trug HH d. J. kurze Hosen. Er futterte aus lauter Heimweh eine Fischsemmel, schlug aber dann ordentlich beim Bier zu. Es schmeckte süßer als sein gewohntes Jever, aber er schmeckte. Die zweite Maß schmeckte auch und animierte ihn zu einer dritten. Als Sättigungsbeilage bestellte er sich eine Schweinshaxe. Dann setzte er seinen Rundgang fort, schob sich hier eine Portion gebrannter Mandeln rein und dort eine Wiesnbrezn. Dann kam er zum Autoscooter. Autofahren konnte er ja, trotz seines Mopeds, das kann jeder Jugendliche in Ostfriesland und andersorts auf dem Land.

Er löste sich ein paar Jetons ein, denn mehrere Runden sollten es sein, und machte es sich bequem. Kaum ertönte die Hupe, trat er aufs Gas und raste los. Immer links herum. Aber das wurde schnell langweilig. Daher fing er an, andere Fahrer und Autos anzuboxen, was ihm große Freude bereitete, vor allem, wenn fesche Maderl drinsaßen. Doch dann kam er wieder auf den Geschmack der Geschwindigkeit und er erhöhte das Tempo. Was er jedoch nicht berechnet hatte, war die Kraft des bayrischen Bieres, zumal von den drei Maß zwei Starkbier waren. Alles um ihn herum begann sich zu drehen, das deutliche Sehen fiel HH II zunehmend schwer, und fast kam es ihm vor, als verlöre er die Bodenhaftung. Was er dabei jedoch nicht bemerkte, war die Tatsache, daß sein Lenkrad den Kontakt zur Karosse verlor und somit keine Steuerung mehr möglich war.

Er merkte auch nicht, daß sich die Fahrbahn hob und senkte. Und dann, zum Schluß merkte er nicht, wie er tatsächlich abhob, hinaus in den lauen Frühingshimmel sauste und am Firmament verschwand. Nur in einem kurzen Moment, wie er so die Lichter des Frühlingsfestes und der Großstadt unter sich sah, kam er kurz zu Sinnen, denn ihm wurde schlecht. Er beugte sich über Bord und kotzte runter. Dann flog er ins All, hinter sich die wunderbaren Raketen des Feuerwerks, doch die sah er nicht mehr.

An diesem Abend wunderten sich ein paar Spaziergänger in München über den Vogelschiß, der sie traf, das war ungewöhnlich zu dieser Tageszeit.


Und in Aurich / Ostfriesland wird man sich nun überlegen müssen, wer das Geschäft dereinst übernimmt und wie das mit dem Namen geregelt wird.



P. S.
Heinz-Hinnerk sollte nicht verwechselt werden mit Hinnerk, dann der kommt aus Barmbek-Basch und ist ein Kumpel von Geert.
Heinz-Hinnerk hingegen kommt aus Aurich, kennt auch auch einen Geert, mehrere so gar, aber keinen aus Hamburg.

Wiesnsicht - Wiesn-Impressionen # 14
Wiesnsicht - Wiesn-Impressionen # 14
Klacky von Auerbach



P. P. S.
Vielleicht hätte man Heinz-Hinnerk den Jüngeren noch retten können, wen nicht jemand auf die Idee gekommen wäre, den Rahmen rechts offen zu lassen. Immer dieser neumodische Kram ...

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Kommentare 35

  • Klacky von Auerbach 6. Mai 2012, 14:43

    Alex,
    nix wie hin, noch fahren sie.
    Und es ist ja überdacht. Was Dir aber nix nützt, wennde abhebst.
  • Alexander R.H. 6. Mai 2012, 9:51

    ein wusch von feinsten
    dynamik pure
    vg
    alex
  • Klacky von Auerbach 3. Mai 2012, 9:42

    Heribert,
    aha, Du bist vom Fach. Also ich meine gerätemäßig oder so.
  • Heribert Niehues 3. Mai 2012, 9:41

    Von Aurich nach München mit einer Simson.... das wäre schon eine eigene Doku im Fernsehen wert.
    Wer hier tatsächlich zu viel Bier hatte, HH oder der Fotograf lassen wir mal dahingestellt.....
    LG Heribert
  • Klacky von Auerbach 1. Mai 2012, 12:31

    Horst,
    ich habe mal in Hamburg gewohnt, nicht lange, aber immerhin. War aber in Wandsbek.
    Und an meine erste Begegnung mit dem bbajuwarischen Bier, das war auch gleich Starkbier, erinnere ich mich noch. Oh Mann, ich kann Dir sagen ...

    Wolfgang,
    diese Rahmenkonstruktion war beabsichtigt.

    Janne,
    ich habe immer Farbe dabei in Form von Frigeo Brause.
    Am Eisbach nehme ich immer Waldmeister, auf den Frühlingsfest die anderen Geschmacksrichtungen.

    Arnd,
    da kannst Du von Glück reden!
  • Arnd U. B. 1. Mai 2012, 12:25

    Nachdem ich durch die Irrungen und Wirrungen hin[n](undh)erk(ekarrt) worden bin, sage ich glücklich,
    mich traf die Himmels-K... nicht...Lg Arnd
    P.S.: Bild mag ich.
  • Janne Jahny 29. April 2012, 21:14

    Aufregend ...................... alles !! Heinz-Hinnerks Geschichte, mann, mann ............ aber vor allem ........ die Farben. Wahnsinn. Hattest du wieder mal deine Farbeimer und Pinsel dabei.
    Du bist schon ein ganz genialer Fotograf.

    Wenn Heinz-Hinnerk mal groß ist, dann darf er auch mal das versuchen:
    Born to be wild ..........
    Born to be wild ..........
    Janne Jahny

    LG
  • wosai 29. April 2012, 21:01

    Wenn rechts der Rahmen fehlt: War er dann zu schnell oder zu langsam???? duw
  • † Horst Hoffarth 28. April 2012, 17:02

    Ein Text für Insider. Denn wer Barmbek-Basch kennt, muss sich schon ganz schön in Hamburg auskennen. -
    Ansonsten ist die Geschichte nicht verwunderlich, denn die Nordlichter meinen immer, das hiesige Bier sei schwächer als das Ihrige, nur weil´s in größeren Bechern ausgeteilt wird.
    Gruß, Horst
  • Klacky von Auerbach 28. April 2012, 13:58

    En,
    so sah HH II das auch, das hatte ihn angelockt und gleichzeitig ins Verderben.

    Micha,
    Justin hat noch nix gesacht.

    Heide,
    wir birngen Dich schon dahin, wir peppen Dich auch geistig auf.

    Moni,
    gute Idee, ich werde mal mit Justin reden.
    Vielleicht kann er wirklich mal was für Ostfriesland tun, wenn er nicht gerade mit Alf Katzen hinterhersaust.

    Sanjo,
    die Simson steht irgendwo auf der Theresienwiese. Hoffentlich hat er sie abgeschlossen.

    Ilona,
    na ja, nun den einen Teil, der andere ist aber lustig.

    Jule,
    HH ist zufrieden mit einem Schicksal, bisher.

    Carsten,
    vielleicht verheddert sich HH an einem Gipfelkreuz, wo ihn dann ein Wanderer findet.

    Cody,
    Du hast ein gutes Gedächtnis. Da gibt es durchaus Parallelen. Vielleicht kann man den Betreiber des Fahrgeschäfts verklagen.
  • CODY EIGEN 28. April 2012, 13:30

    Vielleicht trifft er ja Heinz Hugo da oben...!!!

    Frühlingsfestmysterium
    Frühlingsfestmysterium
    Klacky von Auerbach

    LG CODY
  • Carsten Mundt 28. April 2012, 11:13

    Das mit dem sich lösenden Lenkrad ist eine sehr spaßige Sache, kenne ich aus eigener Erfahrung.
    Das mit dem Kotzen jetzt nicht so, jedenfalls nicht beim Scooterfahren.
    Ich denke, dass die Höhenluft in Bayern da einfach abhärtet.
  • Jopi 28. April 2012, 9:10

    Gelesen und für gut befunden!
  • jule43 28. April 2012, 8:10

    Auf jeden Fall ist er rasant dabei- ein echter Wuscher ist er nun.
    Der Schnellste auf der ganzen Bahn.
    Ein Farbwunder.
    Ein Fahrkünstler.
    Ein Kerl mit Sction und mit fun.
    Was will er denn noch mehr.

    LG Jule
  • Anoli 27. April 2012, 23:47

    Action pur.....den Rest stelle ich mir lieber nicht zu bildlich vor! *g*
    LG Ilona

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