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Ines O.


kostenloses Benutzerkonto, Berlin

Wo ist zu Hause?

Besuch in
Frankfurt an der Oder
2005

Wo ist zu Hause 2
Wo ist zu Hause 2
Ines O.

Wo ist zu Hause 3/3
Wo ist zu Hause 3/3
Ines O.


Das ist der Weg zu meiner Schule.
Den bin ich 10 Jahre lang gegangen.
Morgens die Treppen hinab im Sturm.
Und ein paar mal auch mit dem Fahhrad,
das war, als man glaubte, fliegen zu können,
und die Welt gefällig lächelte.

Das ist mein Schulhof.
Der war 60 Meter lang.
Wie das Gebäude der Schule.
In die bin ich 10 Jahre lang gegangen.
Anfangs noch am Sonnabend.
Sonnabends gabs meist Eintopf zu Hause und ich liebte Pflaumenkompott.
Das ist der Schulhof meiner Schule.
Die hieß "Karl Marx" und hatte einen Appellplatz auf mehreren breiten Stufen.
Wenn Fahnenappell war, gab es öffentlich Lob und Tadel und ein Halbtalent
spielte den "Kleinen Trompeter" auf eben jenem Instrument.
Hier gab es die ersten heimlichen Küsse in den Büschen
und das Würgen nach den ersten Zigaretten im Pausenhof.
Meine Schule steht nicht mehr.
Sie wurde abgerissen.
Sozialer Rückbau. Platz schaffen.
Aber auf dem Schulhof liegen noch die Platten von damals
und enden genau dort, wo das Haus der Schule stand.
Und ich fand diese "31".

Das war die Hausnummer meiner Straße.
Aber diese Nummer gibt es nicht mehr.
Wurde abgerissen. Wie fast der gesamte Straßenzug.
Sozialer Rückbau. Platz schaffen.
Für eine brache grüne Fläche, auf die die Hunde scheissen.

Eins zwei drei vier Eckstein, alles muss versteckt sein.

Wo ist zu Hause?
___________________________

Kommentare 9

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  • Carola 12. Dezember 2005, 11:31

    berührt - Bilder und Text ergänzen einander wunderbar.
    LG Ina.
  • Ines O. 15. November 2005, 17:18

    ich danke euch.

    zu Hause sein ist das gegenwärtige, das ist schon klar, das, wonach wir suchen sind die wurzeln, heimat sagt man auch.....denke ich.......
  • Roland D... 15. November 2005, 8:28

    beeindruckende, nicht nur persönliche zeitgeschichte, durch gekonnte und prägnante visuelle darstellung zum leben erweckt! danke für die zeit, die deine bilder zum nachdenken bringen.

    lg, roland
  • koblfoto 15. November 2005, 8:05

    Eine sehr eigenwillige und ebenso gekonnte Arbeit. Text und Bild erschließen sich in sehr schöner Weise gegenseitig.
    VG
    Walter
  • Thomas. W 14. November 2005, 22:47

    schön wieder deine texte..
  • Pierre V. 14. November 2005, 22:47

    Es ist nicht einfach, das zu zeigen, was nicht mehr ist - wenn es nicht mehr ist. Aber bei dir blüht es wieder auf. Wie das Gras zwischen den Steinen. Schön.

    LG Pierre
  • Ines O. 14. November 2005, 22:38

    joe, ja. das gras......es hört eben nicht auf :-)
    ulrike: ja, sicher. aber wenn du da hinfährst, dorthin wo du kind warst, und da gibt dein haus nicht mehr, in dem du gewohnt hast, nur noch das bild davon in deinem kopf, wenn du auf der wiese stehst... dann ist da was, das tut weh, und wenn du dann den weg runter zur schule gehst, und die ist nicht mehr da. dann ist das.... ich denke, du weisst, wie das ist....
    fritz: ja, aber es mangelt doch an alternativen, du guckst zu und die stadt geht vor die hunde...
    gregor... mach das!!!!... manche machen es nie. und die generation später staunt nur und kennt sich nicht mehr aus.
    martina, auch dir ein gaanz liebes danke... ;-)
  • Martina Brand. 14. November 2005, 22:16

    Nach dem Lesen Deines berührenden Textes (das ist mir übrigens schon öfters unter Deinen Bildern aufgefallen, ich finde, Du hast Talent zum Schreiben!), mag ich einfach nur noch schauen.

    Liebe Grüße,
    Martina
  • © Ulrike L. 14. November 2005, 21:48

    der Text dazu macht mich nachdenklich...
    Ich hoffe, es gibt nun ein anderes zu Hause..
    lg Ulrike

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