19.09.14, 13:15
Beitrag 31 von 38
Zitat: der amateur GFH 15.09.14, 17:08Zum zitierten Beitrag
Habe den thread eben mal überflogen.
Schon erstaunlich, welche Autorität der TO der "Fachwelt" beimisst..
Garuda: zeig mal Versuche in mehrfachbelichtungskunst.. ..und ich gebe dann dazu ne wissenschaftliche Expertise ab...
Lg lbg
Habe den thread eben mal überflogen.
Schon erstaunlich, welche Autorität der TO der "Fachwelt" beimisst..
Garuda: zeig mal Versuche in mehrfachbelichtungskunst.. ..und ich gebe dann dazu ne wissenschaftliche Expertise ab...
Lg lbg
Hallo Ibg13, mein von Dir zitierter Beitrag ist meine Antwort auf den Beitrag 29 des users Harald Klinge ------ sonst n i c h t s. Du willst offenbar eine neue/andere Diskussion über Expertise von Museen ----- ich n i c h t !!!
20.09.14, 05:53
Beitrag 33 von 38
Ich will garnichts, bzw hier bestimmt nicht tiefer einsteigen...
Lg lbg
Lg lbg
Hallo lbg13, freut mich, dass wir uns verstanden haben.
Zitat: der amateur GFH 31.08.14, 00:21Zum zitierten Beitrag
Ja, das gibt es sicherlich.
Auskunft über solche Fragen findet man wohl am besten bei entsprechenden Institutionen. Es exisitert ja schliesslich eine Kunstwissenschaft.
Grundsätzlich gibt es zwei Sichtweisen :
1. Kunst ist das was in einer Gestaltung über den praktischen Nutzen hinausgeht (zB Verzierung eines an sich nützlichen Gegenstands, Design).
2. Kunst ist gestalterische Ausdrucksform anhand eines bewusst dafür gewählten Mediums.
Wichtig ist, dass sich diese Sichtweisen prinzipiell nicht widersprechen. Der Widerspruch entsteht erst in der Ablehnung einer der Sichtweisen.
Daher lässt sich sowohl das Design einer Kaffeemaschine ebenso bewundern wie auch ein gemaltes Gemälde.
Gleiches gilt für fotografische Verfremdungen.
Die Sichtweisen darüber was fotografisch überhaupt als Kunst bezeichnet werden kann, hat sich im laufe der 170 Jahre grundlegend geändert. Vom zu Beginn erst noch dokumentarischem Nutzen dauerte es eine Zeit lang bis zu einer breiten Akzeptanz der Fotografie als Kunst. Während dieser Phase entstand daher der Begriff "Bildende Künste", woraus die Fotografie ausgeschlossen wurde.
Die in der Fotografiegeschichte erstmals als Kunstform ausgerufene Bewegung des Pictorialismus erwies sich nicht als nachhaltig. Kam hinzu, dass durch die historischen Ereignisse bedingt, die Fotografie das enorme Bedürfnis an bebilderter Dokumentation stillen musste. Dies wirkte einige Jahrzehnte lang nach , in diese Phase fiel auch der Aufstieg der Magazin-Berichterstattung (Life, Geo, NationalGeographic, ParisMatch, Du, Stern, usw), worauf sich in diesem Boom auch viele eigenständige Bildagenturen bildeten (zB unter dem Pionier W.Römer die "Photothek", Magnum, Keystone usw)
Die Ästhetik wurde weniger in den gestalterischen Fähigkein der Fotografen gesehen, sondern vielmehr in dem was sich ihnen als Motiven bot ("der rechte Augenblick").
Bereits im frühen 20. Jhrt begann sich völlig unabhängig der pictorialistischen Ströumg eine zweite herauszubilden, welche das fotografische Medium gar direkt als künstlerishe Ausdrucksform nutzte. Wohl motiviert durch verschiedenste Labortechniken und auch wissenschaftsfotografische Bilder welche den Grenzbereich zwischen menschlichen "Augensehen" und dem "Sehen aus anderer Perspektive" überschritt (zB Infrarotfotografie, Mikroskopie), entanden experimentelle Bilder wie etwa die "Fotogramme".
Ein bekannter Vertreter ist Man Ray. Aber auch Brassai verstand sich mehr als ein "Dokumentierer ästhetischer Szenerieen".
Exemplarisch für diese Zeit war die Verknüpfung solcher Fotografen mit dem malerischen Surrealismus und entspechend gestalteten sich die jeweiligen Werdegänge, als auch Umfelder (zB Toyen/Cerminova, J.Styrsky usw). So waren J.Styrsky & Man Ray ja auch zugleich Maler.
So gewann der Surrealismus weitaus grössren Einfluss als der Pictorialismus auf die spätere Entwicklung.
Diese wurde erst mal wieder quasi unterbrochen, der dokumentarische Gehalt der Fotografie schien zu prioritär, als dass man sie der Kunst "preis geben" wollte. Dies entsprach auch dem Bedürfns, an der Authentziät der Fotografie nicht zu wackeln.
Ebenfalls exemplarisch für diese Phase die Arbeiten des A. Rodtschenko. Mit aussergwöhnlichen, ungewohnten Perspektiven schaffte er es, auch der Dokumentation mehr zu verleihen, als blosse Wiedergabe des Geschehen. Dies war der sowjetischen Führung unangenehm und so wurde er dazu "bewogen" künftig nüchterner zu fotografieren.
Auch der sich bildende "Naturalismus" von Fotografen wie Ansel Adams usw forderte diese nüchterne Sichtweise.
Drei folgende Entwicklungen waren massgebend, dass sich dies änderte.
- Freizeitverhalten Je mehr die Menschen freie Zeit hatten und fotografieen auch zum Hobby wurde, stieg das Bedürfnis nach gleichzeitiger Gestaltung durch sie.
- Die nun etablierte Farbfotografie stellte nun plötzlich den Fotografierenden zur Wahl ob Farbe oder SW. Damit wurde nun das Medium als Solches selbst endgültig zum Gestaltungsmittel. Denn die Unterscheidung in "richtig oder falsch" war damit kaum mehr möglich.
- die Tabu brechende Bewegung der 60er Jahre griff den Surrealismus wieder auf. Authenzität galt nun nicht mehr als das höchste Gut und auch Ziel einer Fotografie und schon gar nicht das einzige. Begriffe wie "Persönliche Ausdrucksform" und "andere Sichtweise" drängten nun in den Vordergrund, ohne aber den dokumentarischen Wert der Fotografie in Frage zu stellen, sondern zur Debatte.
"Was ist überhaupt real" - verkörperte zB der Film von Antonioni "Blow Up" ; eben diese nun auch fliessend gewordene Grenzen zwischen Realität, Täuschung und subjektiver Eindruck.
Dass selbst das aufzeichnende Medium als gestalterisches Medium ganz im Sinne eines "Werkstoff's" dienen kann, ist seit Leuten wie Man Ray gewiss.
Schon in der Blütezeit der Magazinfotografie war es gängige Praxis, real ereignete Situationen nachzustellen (zB R. Capa, Doisneau). Auch die Werbefotografie relativiert den "inhaltlichen Wahrheitsgehalt" einer fotografischen Abbildung.
Warum sollte also nicht auch eine bereits fertige Fotografie noch verändert werden können?!
Wo liegt hier die Grenze zwischen Realität und Fiktion?
Als es noch keine Farbfotografie gab, wurden zwecks "unrealistischer SW"-Aufnahmen SchwarzWeiss-Abzüge "coloriert". Hauptsächlich Postkarten. Das war ein eigener, kleiner Industriezweig.
Interessanterweise wurden die gemalten Farben nicht als "un-Realität" betrachtet. Aus heutger Sicht der Farbfotografie mutet dies natürlich paradox an. Aus damaliger sicht aber durchaus nachvollziehbar argumentiert.
In der Digitalfotografie arbeiten wir in der Verfremdung nie direkt am Aufnahmemdium. Sondern bearbeiten eine Datei. Ja, auch daraus kann Kunst entehenen und ist auch akzeptiert ("DigiArt"). Man könnte aber transparente Farbtropfen auf einen Sensor tröpfeln, ihn mit Schraubendreher malträtieren. Wenn die Beschädigung des Sensor's ein Unfall oder böse Absicht war, so war's ärgerlich und damit sind keine "AuthenzitätBilder" mehr machbar, aber dies bewusst gestaltet, kann's Kunst sein . . .
Ja, das gibt es sicherlich.
Auskunft über solche Fragen findet man wohl am besten bei entsprechenden Institutionen. Es exisitert ja schliesslich eine Kunstwissenschaft.
Grundsätzlich gibt es zwei Sichtweisen :
1. Kunst ist das was in einer Gestaltung über den praktischen Nutzen hinausgeht (zB Verzierung eines an sich nützlichen Gegenstands, Design).
2. Kunst ist gestalterische Ausdrucksform anhand eines bewusst dafür gewählten Mediums.
Wichtig ist, dass sich diese Sichtweisen prinzipiell nicht widersprechen. Der Widerspruch entsteht erst in der Ablehnung einer der Sichtweisen.
Daher lässt sich sowohl das Design einer Kaffeemaschine ebenso bewundern wie auch ein gemaltes Gemälde.
Gleiches gilt für fotografische Verfremdungen.
Die Sichtweisen darüber was fotografisch überhaupt als Kunst bezeichnet werden kann, hat sich im laufe der 170 Jahre grundlegend geändert. Vom zu Beginn erst noch dokumentarischem Nutzen dauerte es eine Zeit lang bis zu einer breiten Akzeptanz der Fotografie als Kunst. Während dieser Phase entstand daher der Begriff "Bildende Künste", woraus die Fotografie ausgeschlossen wurde.
Die in der Fotografiegeschichte erstmals als Kunstform ausgerufene Bewegung des Pictorialismus erwies sich nicht als nachhaltig. Kam hinzu, dass durch die historischen Ereignisse bedingt, die Fotografie das enorme Bedürfnis an bebilderter Dokumentation stillen musste. Dies wirkte einige Jahrzehnte lang nach , in diese Phase fiel auch der Aufstieg der Magazin-Berichterstattung (Life, Geo, NationalGeographic, ParisMatch, Du, Stern, usw), worauf sich in diesem Boom auch viele eigenständige Bildagenturen bildeten (zB unter dem Pionier W.Römer die "Photothek", Magnum, Keystone usw)
Die Ästhetik wurde weniger in den gestalterischen Fähigkein der Fotografen gesehen, sondern vielmehr in dem was sich ihnen als Motiven bot ("der rechte Augenblick").
Bereits im frühen 20. Jhrt begann sich völlig unabhängig der pictorialistischen Ströumg eine zweite herauszubilden, welche das fotografische Medium gar direkt als künstlerishe Ausdrucksform nutzte. Wohl motiviert durch verschiedenste Labortechniken und auch wissenschaftsfotografische Bilder welche den Grenzbereich zwischen menschlichen "Augensehen" und dem "Sehen aus anderer Perspektive" überschritt (zB Infrarotfotografie, Mikroskopie), entanden experimentelle Bilder wie etwa die "Fotogramme".
Ein bekannter Vertreter ist Man Ray. Aber auch Brassai verstand sich mehr als ein "Dokumentierer ästhetischer Szenerieen".
Exemplarisch für diese Zeit war die Verknüpfung solcher Fotografen mit dem malerischen Surrealismus und entspechend gestalteten sich die jeweiligen Werdegänge, als auch Umfelder (zB Toyen/Cerminova, J.Styrsky usw). So waren J.Styrsky & Man Ray ja auch zugleich Maler.
So gewann der Surrealismus weitaus grössren Einfluss als der Pictorialismus auf die spätere Entwicklung.
Diese wurde erst mal wieder quasi unterbrochen, der dokumentarische Gehalt der Fotografie schien zu prioritär, als dass man sie der Kunst "preis geben" wollte. Dies entsprach auch dem Bedürfns, an der Authentziät der Fotografie nicht zu wackeln.
Ebenfalls exemplarisch für diese Phase die Arbeiten des A. Rodtschenko. Mit aussergwöhnlichen, ungewohnten Perspektiven schaffte er es, auch der Dokumentation mehr zu verleihen, als blosse Wiedergabe des Geschehen. Dies war der sowjetischen Führung unangenehm und so wurde er dazu "bewogen" künftig nüchterner zu fotografieren.
Auch der sich bildende "Naturalismus" von Fotografen wie Ansel Adams usw forderte diese nüchterne Sichtweise.
Drei folgende Entwicklungen waren massgebend, dass sich dies änderte.
- Freizeitverhalten Je mehr die Menschen freie Zeit hatten und fotografieen auch zum Hobby wurde, stieg das Bedürfnis nach gleichzeitiger Gestaltung durch sie.
- Die nun etablierte Farbfotografie stellte nun plötzlich den Fotografierenden zur Wahl ob Farbe oder SW. Damit wurde nun das Medium als Solches selbst endgültig zum Gestaltungsmittel. Denn die Unterscheidung in "richtig oder falsch" war damit kaum mehr möglich.
- die Tabu brechende Bewegung der 60er Jahre griff den Surrealismus wieder auf. Authenzität galt nun nicht mehr als das höchste Gut und auch Ziel einer Fotografie und schon gar nicht das einzige. Begriffe wie "Persönliche Ausdrucksform" und "andere Sichtweise" drängten nun in den Vordergrund, ohne aber den dokumentarischen Wert der Fotografie in Frage zu stellen, sondern zur Debatte.
"Was ist überhaupt real" - verkörperte zB der Film von Antonioni "Blow Up" ; eben diese nun auch fliessend gewordene Grenzen zwischen Realität, Täuschung und subjektiver Eindruck.
Dass selbst das aufzeichnende Medium als gestalterisches Medium ganz im Sinne eines "Werkstoff's" dienen kann, ist seit Leuten wie Man Ray gewiss.
Schon in der Blütezeit der Magazinfotografie war es gängige Praxis, real ereignete Situationen nachzustellen (zB R. Capa, Doisneau). Auch die Werbefotografie relativiert den "inhaltlichen Wahrheitsgehalt" einer fotografischen Abbildung.
Warum sollte also nicht auch eine bereits fertige Fotografie noch verändert werden können?!
Wo liegt hier die Grenze zwischen Realität und Fiktion?
Als es noch keine Farbfotografie gab, wurden zwecks "unrealistischer SW"-Aufnahmen SchwarzWeiss-Abzüge "coloriert". Hauptsächlich Postkarten. Das war ein eigener, kleiner Industriezweig.
Interessanterweise wurden die gemalten Farben nicht als "un-Realität" betrachtet. Aus heutger Sicht der Farbfotografie mutet dies natürlich paradox an. Aus damaliger sicht aber durchaus nachvollziehbar argumentiert.
In der Digitalfotografie arbeiten wir in der Verfremdung nie direkt am Aufnahmemdium. Sondern bearbeiten eine Datei. Ja, auch daraus kann Kunst entehenen und ist auch akzeptiert ("DigiArt"). Man könnte aber transparente Farbtropfen auf einen Sensor tröpfeln, ihn mit Schraubendreher malträtieren. Wenn die Beschädigung des Sensor's ein Unfall oder böse Absicht war, so war's ärgerlich und damit sind keine "AuthenzitätBilder" mehr machbar, aber dies bewusst gestaltet, kann's Kunst sein . . .
Hallo Genussdenker, ich danke herzlich für Deinen erhellenden Beitrag zur aufgeworfenen Frage, der die historische Beschäftigung mit dem Thema darstellt. Besonders deshalb geglückt, weil damit - jenseits von durch "Bauchgefühl" definierter Meinungen - objektive Betrachtung Platz greift. Nochmals Danke Georg Franz der amateur GFH
28.09.14, 10:44
Beitrag 37 von 38
Hallo Genussdenker, vielen Dank für Deinen historischen Überblick. In Wien gab es in der Albertina dieses Jahr eine Ausstellung über den Film "Blow Up" ( http://www.sueddeutsche.de/kultur/ausst ... -1.2084128 ).
Bedauerlicherweise durfte nicht fotografiert werden )-:
Läuft derzeit im Fotomuseum Winterthur 13.9.–30.11.2014 und kommt anschließend nach Berlin 13.12.2014–8.3.2015
Das ist jetzt keine Werbeeinblendung - nur ein Tipp für alle die sich mit sozialen, kulturellen, historischen u.a. Aspekten der Fotografie beschäftigen.
Bedauerlicherweise durfte nicht fotografiert werden )-:
Läuft derzeit im Fotomuseum Winterthur 13.9.–30.11.2014 und kommt anschließend nach Berlin 13.12.2014–8.3.2015
Das ist jetzt keine Werbeeinblendung - nur ein Tipp für alle die sich mit sozialen, kulturellen, historischen u.a. Aspekten der Fotografie beschäftigen.
Zitat: Ernst von Leben 28.09.14, 10:44Zum zitierten Beitrag
Die Ausstellung ist wirklich empfehlenswert :)
Hab' sie bereits in Winterthur besucht.
Danke für den Hinweis
Die Ausstellung ist wirklich empfehlenswert :)
Hab' sie bereits in Winterthur besucht.
Danke für den Hinweis