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Der Zahnwehherrgott

... am Wiener Stephansdom zählt zu den wenigen noch erhaltenen Schmerzensmanndarstellungen aus Stein in Österreich
Die Schmerzensmanndarstellung wurde um 1420 von einem unbekannten Künstler gefertigt und zeigt die mit einem Schurz bekleidete Halbfigur Christi mit Dornenkrone und Wundmalen auf einem Sockel aus Wolken. Die Skulptur befand sich ursprünglich an der äußeren Ostwand des Mittelchores, der sog. Armenseelennische. 1950 wurde das Original aus konservatorischen Gründen abgenommen und 1960 an die westliche Innenwand der Nordturmhalle transloziert. An der alten Stelle befindet sich seit 1953 eine Abgusskopie; lediglich der originale Sockel blieb an der Außenwand bestehen.

Der Zahnwehherrgott bildet eine der zahlreichen sagenumwobenen Figuren des Wiener Stephansdoms. Der Legende nach wurde die Schmerzensmanndarstellung aufgrund seines leidenden Gesichtsausdrucks eines Nachts von drei betrunkenen jungen Männern verspottet. Die Figur war, wie dies durch die kultische Verehrung in jener Zeit üblich war, mit Blumen geschmückt, die mit einem Tuch am Kopf befestigt wurden. Als die drei Burschen Christus mit diesem Tuch sahen, lästerten sie, dass Jesus Zahnschmerzen hätte. Doch noch in derselben Nacht bekamen die drei Burschen selbst große Schmerzen. Erst als sie am nächsten Tag zum Dom zurückkehrten, um Abbitte zu leisten, waren ihre Schmerzen wieder verschwunden. Seit dieser Zeit wurde der Zahnwehherrgott von zahlreichen Wienerinnen und Wienern aufgesucht, um Erleichterung von Zahnschmerzen zu erbitten.
Auguste Groner (1850-1929) erzählt die Geschichte in "So war mein Wien" etwas anders:
"Auch die alten Wiener dürften in dem Christusbilde, das bei so vielen Grabkreuzen in dem alten Freythof von St. Stephan stand, nichts ganz Besonderes empfunden haben, bis der Tag kam, der das Heiligtum volkstümlich machte. (...) Da kam in einer Mondnacht ein Mann, sah mit weinfeuchten Augen in das Gesicht des Heilands und sagte: »Der hat g'wiß Zähndweh! Das kommt davon, weil am Stephansplatz immer a Wind geht!« Er nahm sein großes Sacktuch aus der Tasche, faltete es zum Verband, umschlang damit das Antlitz der Statue und knüpfte die Zipfel des Tuches unter dem Kinn fest. Auch anderswo als auf dem Stephansplatz würde man diesen Vorgang als ungeziemend, als frevelhaft empfunden haben. Die feinfühligen Wiener ließen den Verband auf dem leidvollen Antlitz und nannten das Bildwerk fortan »Zahnwehherrgott«."

In der Armenseelennische ferner zu sehen: Fegerfeuer-Fresko von Josef Danhauser (1805-1845), drei Passionsreliefs sowie drei Grabmäler.

13.05.2017

Link-Service:
https://bda.gv.at/aktuelles/artikel/2016/12/der-zahnwehherrgott-vom-wiener-stephansdom/
https://de.wikipedia.org/wiki/Schmerzensmann
https://www.projekt-gutenberg.org/groner/meinwien/chap013.html
https://diglib.tugraz.at/der-wiener-stephansdom-und-seine-geschichte-1946-3
https://diglib.tugraz.at/download.php?id=4dfef7ce08475&location=browse
https://de.wikipedia.org/wiki/Josef_Danhauser

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