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Bücherskorpion - Chelifer cancroides (0123)

Bücherskorpion - Chelifer cancroides (0123)

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Weißwolf


Premium (World), Güstrow

Bücherskorpion - Chelifer cancroides (0123)

Die Gestalt des Bücherskorpions erinnert oberflächlich betrachtet an einen winzigen Skorpion, allerdings fehlt ihm der stachelbewehrte Hinterleibsanhang. Eine der ersten halbwegs ernst zu nehmenden Auseinandersetzungen stammt von J. L. Frisch (1730), der ihn als „Scorpion-Spinne“ beschrieb. C. v. Linné hatte den Bücherskorpion 1758 unter dem Namen Acarus cancroides den Milben zugeordnet. Das änderte er selbst noch 1767 und stellte ihn als Phalangium zu den Weberknechten. J. C. Fabricius hielt ihn 1776 für einen Skorpion (Scorpio cancroides). Den heute verwendeten Gattungsnamen verdanken wir E. L. Geoffroy (1762), der aber durch die Nomenklatur-Kommission 1989 formal festgeschrieben werden musste. Unter den aktuell ca. 3.000 weltweit beschrieben Arten, 48 davon in Deutschland, ist er der am weitesten verbreitete und am besten erforschte, zudem die einzige Art der Gattung Chelifer. Aber erst 2014 erschien im Journal of Arachnology die erste zusammenfassende – taxonomische – Darstellung.
Er lebt auf allen Kontinenten und in nahezu allen Großökosystemen der Erde, lediglich in Höhlen scheint er nicht vorzukommen. Augenscheinlich fühlt er sich aber in der Nähe des Menschen am wohlsten, in Häusern, Schuppen, Scheunen, Hühnerställen u.a., häufig tritt er in Vogelnestern auf. Überall ist er auf der Jagd nach kleinen Insekten, Springschwänzen und Milben. Bemerkenswert ist, dass er der wenigen Räuber der Bettwanzen ist. Bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts ist seine enge Verbindung zu Bienen bekannt; möglicherweise handelt es sogar um eine Symbiose. Der Bücherskorpion ist in der Lage, viele Schädlinge auch von der domestizierten Honigbiene (Apis mellifera) fernzuhalten, einschließlich der bei Imkern gefürchteten Varroa-Milbe. In den Spitzen der Pedipalpen-Scheren, mit denen er seine Beute greift, befinden sich Giftdrüsen; das Gift wird beim Zugreifen injiziert und lähmt das Opfer. Mit den Chelizeren beißt er ein Loch in den Chitinpanzer, presst eine Verdauungsflüssigkeit hinein, die die Innereien zersetzt, und saugt den sich so verflüssigenden Körper aus.
Zur Paarung setzt das Männchen – ähnlich wie die Webspinnen – eine Spermatophore ab, ergreift ein Weibchen und zieht es mit einer Art Tanz darüber. Nach der Eiablage betreibt das Weibchen eine recht intensive Brutpflege: Es trägt die Eier in einem unter dem Hinterleib befestigten Brutbeutel mit sich und ernährt die Embryonen mit einer Nährflüssigkeit, die in den Brutbeutel gespritzt wird. Nach dem Schlüpfen entwickeln sich die Protonymphen zu Deutero- und Tritonymphen schließlich zum adulten Pseudoskorpion.
Auch wenn C. cancroides zu den häufigeren Pseudoskorpion-Arten gehört, taucht er allmählich in den Roten Listen auf, in Bayern z.B. in der Vorwarnliste. Trotz des unzureichenden Kenntnisstandes über die tatsächliche Verbreitung führen offenbar die Verstädterung und sich wandelnde Lebensgewohnheiten dazu, dass die Lebensräume in menschlicher Nähe schleichend kleiner werden.

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Exif

Kamera NIKON D300S
Objektiv Sigma Macro 105mm F2.8 EX DG or AF Micro-Nikkor 105mm f/2.8D
Blende 29
Belichtungszeit 1/40
Brennweite 105.0 mm
ISO 100

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