Matthias von Schramm


Premium (World), Hamburg

Bleistiftversuche 6



Hab auch mal versucht zu zeichnen. Nie richtig gelernt und selten gut hingekriegt. Zeichnung von 1993 vermischt mit Voigtländerfoto von 2007.

mit einer Geschichte von 2008 du

Benehmen

Was ich ganz tief in mir wünsche, kann ich gar nicht sagen. Käthe sagt es aber. Das führt zu einem nur kurzen Nachdenken für mich. Schließlich, so glaubt sie, hat jeder Mann etwas verrucht Respektloses in sich, so eine Art Untier mit dem der Mann bei Frauen nur Unverständnis ernten kann. Aber Käthe versteht das, weil sie weiter denkt. Sie denkt und ich verharre dabei.

Meinen unbeholfenen und doch irgendwie respektvollen Umgang mit ihr, findet sie schon lange unauthentisch. Ich könne doch einfach mal so Sachen sagen, wie: „Bück dich, du Schlampe!“
„Das ist ja Comedy vom Unfeinsten!“, entgegne ich, „bück dich, du kleine Schlampe!“, fahre ich fort. Es geht mir kaum über die Lippen.
„Kleine ist zu viel!“, mahnt sie und zack erhalte ich eine schallende Ohrfeige. Ohrfeigen schallen ja, denn sie sollen nachhallen und somit nachhaltig sein. Initial zündend muss ihre Wirkung sein. Käthe grinst mich an. Ihr hat diese Ohrfeige offenbar mehr Vergnügen bereitet, als mir. Gut, denke ich, dann kann ich mich ja wenigstens mal zurück nehmen und sie übernimmt jetzt den sozialerotisch dominanten Part in der Beziehung. Immer soll ich sie geißeln, fesseln, barbusig an der Leine führen. Das nervt. Meine Hoffnung, dass ich als sexueller Leistungsträger und männlicher Arbeiter Ruhe bekomme, ist allerdings vergebens.

„Du könntest mich zum Beispiel mal mit Essen bewerfen und aufwischen lassen!“, schlägt sie vor.
„Geknebelt?“, frage ich.
„Quatsch, beim Essen doch nicht – Dummkopf!“
Ich weiche mit dem Kopf automatisch zurück. Doch Käthe verfällt ins Grübeln, anstatt mich zu hauen.

„Das gute Benehmen einer Dame gegenüber!“, erklärt Käthe, „ist doch nur, weil die Männer Angst haben. Angst alles falsch zu machen. Sie könnten dabei wohlmöglich in alte Rollenklischees verfallen!“
„Und?“, frage ich.
„Das ich nicht lache. Ich bin zum Beispiel eine miserable Köchin. Da wäre es doch nur logisch, wenn du mich mit meinem Essen bewirfst und den Dreck weg machen lässt, den ich sowieso immer weg mache.“
„Und dich aus dem Napf essen lasse, näch?“, lächle ich und meine was kapiert zu haben.
„Aus dem Napf esse ich nur bei Vollmond, wie du weißt, weil es mir ein großes Bedürfnis ist und nicht, weil du es mir sagst, du Hirni!“ erwidert mir meine Freundin kopfschüttelnd.
„Ich dachte bei Vollmond käme die Peitsche zum Einsatz?“, frage ich verwirrt nach.
„Nur bei ungraden Monaten, Mensch!“

Ich merke, wie gut es ist, dass Käthe die Übersicht behält. Sie notiert das Leben im Kopf. Sie hat Strukturen, Stil und Lebensphilosophie.

„Du bist eine tolle Frau!“, sage ich verzückt, wie selten.
„Was soll das denn jetzt!“, blubbert Käthe angewidert. Das ist dann einer dieser Momente, so ich das Gefühl habe, es ihr aber auch gar nicht recht machen zu können. Wie ein Tiger wandle ich hin und her und dann sage ich, was ich denke: „Leg dich auf das Sofa, ich will dir die Socken kraulen. Anschließend will ich den Kopf noch in den Korb mit deiner schmutzigen Wäsche stecken und dann eine Runde Mittagsschlag halten. Vielleicht will ich dir danach auch alle Klamotten vom Leib reißen und dich mit Schwarzwälderkirschtorte füttern. Es ist auch möglich, dass ich meinen Töpferkurs wieder ein Stück weit aufgreife und Gefäße nach deinem Busen kreiere. Evtl. kneife ich dich danach auch kräftig in die Wangen, da Damen ja gekniffen werden wollen, und Huren Rouge auftragen, wie man so sagt. Das würde ich alles gerne machen, aber nach etwas anderem ist mir jetzt nicht. Klaro!“

„Na also!“, sagt Käthe und senkt ihren Blick wieder in ihr Psychologielehrbuch.




14. Januar 2008

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