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Zwei ungleiche Schwestern

Zwei ungleiche Schwestern

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Ulrich Kirschbaum


kostenloses Benutzerkonto, Mittelhessen

Zwei ungleiche Schwestern

Dass diese beiden Exemplare zur gleichen Art (Gabelflechte; Pseudevernia furfuracea) gehören, würde man als unbedarfter Spaziergänger vermutlich nicht vermuten. Es zeigt einerseits die unglaubliche Variabilität von Flechten und andererseits starke ihre Abhängigkeit von den Wachstumsbedingungen:
Das Hauptbild wurde in den (verschneiten) Alpen aufgenommen. Dort sind die Wachstumsbedingungen ideal: Die Flechte bildet bandartige Lappen aus, auf denen sich massenhaft stiftförmige Isidien befinden (Isidien brechen vom Lager ab und werden von Wind oder Wasser hinfort getragen, um an anderem Ort wieder einen neuen Flechtenkörper auszubilden --> ungeschlechtliche Vermehrung).
Ganz anders sieht das zweite Exemplar aus, das ich gestern an einem Zwetschgenbaum hier bei uns in Mittelhessen fotografiert habe. Mit ca. 500 mm Niederschlag ist es für diese Art bei uns viel zu trocken; außerdem sagen ihr die hohen Jahresdurchschnittstemperaturen nicht zu. Folglich bildet sie nur blatt- (nicht bandartige) Strukturen aus, besitzt nur winzige Isidien und liegt dem Substrat ziemlich eng an. Vermutlich würde der vorübergehende (aber interessierte) Laie sie als Blattflechte ansehen und sie kaum von der sie umgebenden Sulkatflechte (Parmelia sulcata) oder der Gewöhnlichen Blasenflechte (Hypogymnia physodes; Mitte, rechts) unterscheiden. Ich kenne mich mit Pilzen nicht gut aus, habe aber derartig gravierende Unterschiede bei Steinpilz und Co. - also den Basidiomyceten - noch nicht gesehen.

Kommentare 16

  • W. Linder 9. Februar 2014, 7:21

    eine sehr schöne Aufnahme aus einer ungewöhnlichen Perspektive, sehr Detailreich - beim "Durchblättern" dachte ich zuerst hoppla eine Flechte mit blauen Apotecien ?, die geöffnete Aufnahme zeigt dann das Himmelsblau - gut gemacht !,
    ciao Wolfgang
  • Burkhard Wysekal 19. August 2013, 0:04

    Wie kopfstende bizarre Wüstengewächse...;-)).
    Sehr fotogen das Ganze.
    LG, Burkhard
  • Ulrich Kirschbaum 9. August 2013, 23:01

    @Ulrich, an genau diese hatte ich auch gedacht.
    mfg Ulrich
  • Maria J. 9. August 2013, 20:47

    @ Ulrich Sch.
    ... "gleiche/ungleiche" gilt nicht!
    ;-))
  • Ulrich Schlaugk 9. August 2013, 20:26

    @ Maria,
    ich bin zwar nicht angesprochen, aber ich kenne zwei gleiche/ungleiche Schwestern: M. in B. und B. in den Alpen ;-))
    Ein schönes Wochenende und freundliche Grüße
    Ulrich
  • Maria J. 9. August 2013, 19:46

    @ Ulrich,
    kennst Du zwei gleiche Schwestern?
    Ich nicht ... ;-)
    Gruß, Maria
  • Samira Klaho 8. August 2013, 9:03

    hi!
    toll, was du da gefunden hast!!
    wunderschön!
    erinnert mich doch auch an die korallen des meeres!
  • Ulrich Kirschbaum 7. August 2013, 16:28

    Maria, entschuldige bitte, dass ich darauf nicht selbst gekommen bin. Kennst Du etwa zwei weitere ungleiche Schwestern? -:)
    mfg Ulrich

    P.S. Kernverschmelzungen gibt es zum Glück nicht nur in Fukushima.
    Stereocaulon übrigens sächlich.
  • Wiebke Q-F 7. August 2013, 11:56

    Ich lese deine Erklärungen zu den Flechten immer sehr wissbegierig, denn ich kenn mich mit Flechten nicht aus. Diese Aufnahme gefällt mir durch die ungewöhnliche Perspektive besonders gut.
    LG wiebke
  • Maria J. 7. August 2013, 11:54

    @ Ulrich K.,
    es ist so simpel,
    dass Du es glatt übersehen mußtest ...!
    Aber auch "ungleiche Schwestern" sind nach meiner Kenntnis immer weiblichen Geschlechts ... ,-)
    Da beißt die Maus kein´n Faden ab ... ,-)
    Trotzdem vielen Dank für diese hochinteressante Vermehrungs-Information!
    "Kernverschmelzung" klingt höchst spannend!!
    Stereocaulon wird dann wohl zweigeschlechtlich sein ..hihi...:-))
    LG Maria
  • Ulrich Kirschbaum 7. August 2013, 10:36

    Maria, mit der Frage zum Geschlecht der Flechten schneidest Du ein schwieriges Kapitel an: Soweit ich mich aus meinem Bio-Studium (vor geschätzt tausend Jahren) entsinne, machen die Ascomyceten (Schlauchpilze) - und dazu gehören die meisten Flechtenpilze - bei der Fruchtkörperbildung eine Karyogamie (Kernverschmelzung durch). Daraus geht eine diploide (mit doppeltem Chromosomensatz versehene) Zelle hervor, aus der sich dann die Fruchtkörper bilden. Diese Zelle ist weder weiblich noch männlich.
    Vermutlich hast Du aber gar nicht in diese Richtung gedacht, sondern daran, dass Pseudevernia ein Name mit weiblicher Endung ist. Also o.k.
    Was für ein Geschlecht hat aber dann die Gattung Stereocaulon???
    mfg Ulrich
  • Karl Böttger 7. August 2013, 10:30

    Es ist faszinierend wie du die Unterschiede darstellst und diskutierst.
    LG Karl
  • Maria J. 7. August 2013, 9:23

    Dass Flechten immer wieder für Überraschungen gut sind, hab´ ich längst gelernt ... ,-)
    Hier zeigst du sie mal aus einer ganz anderen,
    aber sehr interessanten Perspektive!
    Faszinierend sieht sie aus - und man sieht im Vergleich, dass die besseren Bedingungen selbst aus einer Flechte das Beste herausholen können ... ;-)
    Und das ist ja bei weiblichen Flechten auch bitter nötig
    ... denn sonst weht der Wind ihre Isidien nirgendwo hin ... ,-)
    LG Maria
  • Ulrich Schlaugk 7. August 2013, 9:02

    Es ist immer wieder interessant und informativ, unterschiedliche Wuchsformen von Flechten zu vergleichen.
    Könnte diese Flechte zur selben Art gehören?

    MfG Ulrich
  • Werner Bartsch 7. August 2013, 8:16

    dass auch flechten einer gewissen ästhetik nicht entbehren, zeigst du mit diesem bild aus ungewohnter perspektive !
    lg . werner