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Heiner Schäffer


Premium (World), Tecklenburg

WestSideStory

Tecklenburg schluchzt mit Tony und Maria
TECKLENBURG Während sich die beiden Bandenchefs Riff und Bernardo einen tödlichen Zweikampf mit dem Messer lieferten, schlich eine Katze über die Burgmauer und beobachtete das Treiben unter sich mit lässiger Ruhe.Von Christoph Broermann
Die Aufführungen der Musicals auf der Freilichtbühne in Tecklenburg gewinnen schon allein durch ihr Ambiente an lebendiger Atmosphäre. Selbst das Wetter spielte bei der Premiere von Leonard Bernsteins „West Side Story“ seine Rolle perfekt.

Dunkles Grollen

Als der sympathische Tony (gut: Lucius Wolter) gedankenverloren seine Augen gen Himmel richtete und davon sang, dass irgendetwas auf ihn zukommen würde, da meinte er eigentlich die Begegnung mit einer unbekannten Schönen. Aber fast sah es so aus, als meinte er jenen dunklen Wolkenkoloss, der sich am Freitagabend auf die Freilichtbühne zuschob und es unheilvoll grummeln ließ. Das hätte keine Theatermaschine effektvoller machen können. Und als sich Tony und seine Maria zum ersten Mal begegneten, da fielen wie Tränen die ersten Tropfen vom Himmel herab.

Wildes Fluchen

Auch ohne meteorologische Hilfe erzählten Regisseurin Helga Wolf und Choreografin Doris Malis die moderne Romeo-und-Julia-Version mit vielen schwungvollen, aber auch nachdenklichen Bildern. Das Bühnenbild von Susanna Buller versetzte das Publikum in eine verkommene Gegend in Manhattan, wo sich die beiden verfeindeten Banden Jets und Sharks über die Mauern kraxelnd einen packenden Revierkampf lieferten. Ohne Anzeichen von Angst bewegten sich die Akteure selbstsicher über die nasse Bühne und tanzten mit feuriger Leidenschaft. In den Dialogen dagegen wurde so herzhaft geflucht, dass man schon ab und an ein empörtes „Na!“ aus den Zuschauerreihen hören konnte.

Die mahnenden Worte der Älteren, zum Beispiel des Kiosk-Besitzers Doc (klasse: Hannes Demming), verhallten ungehört. Die Liebe zwischen Jet-Anhänger Tony und Maria, der Schwester von Shark-Chef Bernardo, hatte in diesem Chaos keine Chance. Das frisch verliebte Paar konnte seine Hochzeit nur in einem Tagtraum feiern, den sie hinreißend im Duett aussangen.

Orchester in Top-Form

Überhaupt kam die musikalische Seite unter der Leitung von Tjaard Kirsch sehr gut zur Geltung, auch wenn nicht die schönsten Stimmen aufgeboten waren, die man je in Tecklenburg gehört hatte. Es waren eine ungeheure Ensembleleistung und das rhythmisch so präzise Orchester, die das Stück zum Leben erweckten, große Hits wie „I feel pretty“, „America“ oder „Gee Officer Krupke“ mit fast müheloser Selbstverständlichkeit zum Schwingen brachten.

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