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ESHA


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Reinhold...

...war eine weibliche Katze, aber da es ihre Lieblingsbeschäftigung war, auf Menschen herumzukrabbeln, kam irgendwann nur noch dieser Name in Betracht. Da sie taub war, hat es sie nicht gestört.

Sie kam mit 13,5 Jahren als Pflegekatze aus dem Tierheim zu mir. Kurze Zeit später stellten die Tierärzte fest, daß sie chronische Niereninsuffizienz hat, Bluthochdruck und ein Auge war nahezu blind.
Die damaligen Tierärzte prophezeiten ihr noch 4-6 Wochen.
Ich habe den Tierarzt gewechselt und aus 4-6 Wochen wurden 20 Monate...

Natürlich nicht ohne Unterstützung mit Infusionen, 1 Tablette am Tag und speziellem Nierenfutter, sowie homöopathischen Mitteln.
Sollte sich dies jetzt für manchen wie eine Quälerei anhören: Diese Dinge haben am Tag maximal 15 Minuten in Anspruch genommen.

Sie war so lädiert, weil ihr Vorbesitzer, ein Alkoholiker es manchmal vergaß ihr das zu geben, was selbstverständlich sein sollte: Futter, Wasser, etwas Weiches zum Schlafen und Zuwendung.
Einmal wurde sie nach einer Anzeige des Hausmeisters von der Polizei von diesem Trinker weggeholt. Ihr ganzer Bauch war vereitert und sie wäre fast gestorben.
Aus nicht nachvollziehbaren Gründen mußte sie dann wieder zurück und erst nach Monaten und einer zweiten Anzeige kam sie ins Tierheim um sich dort zu erholen.
Und von dort zu mir...
Wie gesagt, nur als Pflegekatze.

Natürlich habe ich sie behalten und diese 20 Monate werde ich bis zu meinem letzten Tag nicht vergessen.

Sie war eine große aber auch sehr dünne Katze, nur 3 Kg.
Sie war wild und konnte ordentlich beißen, wenn ihr etwas nicht passte. Sie war aber auch sanft und beim gemeinsamen Mittagsschlaf fanden wir einen kurzen, schnurrenden Frieden, der all die Mühen wert war. Und sie war auch die Katze, die mir manchmal ihre Pfote auf die Hand legte und mich dabei ansah, als wolle sie mir mitteilen: Viel Zeit haben wir nicht, aber die machen wir zu einer Riesen-Spaß-Party.

Sie bekrabbelte mich nachts, schaffte es irgendwie, sich seitlich auf meiner Hüfte hinzulegen und dort auch wirklich zu schlafen. Sie schnarchte wie ein Mensch, mit Hingabe, Zufriedenheit.
Sie hatte x-Beine, auch eine Folge der Mangelernährung aber sie sah damit so sexy aus, wenn sie ins Wohnzimmer gestakselt kam.
Sie liebte es, wenn ich das Bett neu bezog, weil sie sich dann zwischen Matratze und Bezug legte.
Und sie war zäh. Einmal hatte sie nach einem waghalsigen Sprung einen Hexenschuss und konnte ihre Hinterbeine nicht bewegen. Kein Ton kam von ihr und sie versuchte sich mit ihren Vorderbeinen auf die Couch zu ziehen.

Sie war außergewöhnlich, ich habe sie sehr geliebt und tue es auch heute noch.
Die entspannten Momente waren selten, weil die Krankheit der ständige Begleiter war.
Aber wenn sie mit mir auf dem Bett schmußte, Anlauf nahm und dann mit einem zufriedenen Quaken ihren Kopf ins Kopfkissen rammte, war ich glücklich.
Es war toll mit ihr an Silvester am Fenster zu stehen und das Feuerwerk anzusehen, den Lärm hat sie ja nicht gehört und die bunten Lichter fand sie ganz spannend.

Am 18. April 2006 ging sie mit Hilfe der TÄ und natürlich war ich dabei, sie baute 2 Tage vorher rapide ab, und wollte nicht mehr.
Ich hatte ihr mal etwas versprochen, auch wenn es mir mehr weh tat, als ich es hier beschreiben könnte.



Reinhold...
ich wünsche Dir, daß Du jetzt wieder hören kannst wie ein Luchs, sehen wie ein Adler, gerade Beine, um zu rennen, wie der Wind.
Weiche, saftige Wiesen zum Schnuppern. Viel Katzenminze für Deinen täglichen Rausch.
Und mir wünsche ich, daß wir uns wiedersehen, wo immer das auch sein mag.
Ich liebe Dich.

Godspeed my friend.

Kommentare 6

  • Manu Hoppe 3. September 2010, 1:41

    Dies wird er alles so genießen wie Du es ihm auf seinem letzten Weg mitgegeben hast. Das Universum teilt er sich nun mit anderen und wird Dinge tun die er sich niemals zugetraut hätte.
    Esha, Du bist wundervoll in Deiner Arbeit!!!!
    Höre einmal das Lied von Ich und Ich " Universum", das passt so schön auf Deine Wünsche zu Reinhold...
    Liebe Grüße,
    bin gerührt, manu
  • Tanja Kr. 16. November 2007, 22:02

    Lese gerade ihr Schicksal und die Tränen rollen...
    Danke, dass es noch Menschen gibt, die solch armen Geschöpfen noch einen schönen Lebensabend geben.
    LG Tanja
  • Katrin S.d.u.n. 1. Oktober 2007, 22:47

    Tief bewegte und traurige Grüße von Katrin und Lyra...
  • † Ingrid Sihler 27. September 2007, 17:30

    diese Geschichte, das Schicksal deiner Katze berührt
    mich ganz arg, wie schön, dass sie in ihrem so traurigen
    Leben noch erfahren durfte, geliebt zu werden, deine
    Wärme zu spüren, sie wird für immer einen Platz in
    deinem Herzen haben


    Wenn es soweit ist.....

    Bin ich der einst gebrechlich und schwach,
    und quälende Pein hält ständig mich wach,
    was Du dann tun musst - tu es allein
    Die letzte Schlacht wird verloren sein.

    Das Du sehr traurig, verstehe ich wohl,
    Deine Hand vor Kummer nicht zögern soll.
    An diesem Tag - mehr als jemals geschehen,
    muss Deine Freundschaft das Schwerste bestehen.

    Wir leben zusammen in Jahren voll Glück.
    Furcht vor dem Muss ? Es gibt kein zurück.
    Du möchtest doch nicht, dass ich leide dabei
    Drum gib , wenn die Zeit kommt , bitte mich frei.

    Nur - bitte bleibe bei mir bis zum Schluss ,
    auch wenn es für Dich sehr schwer sein muss.
    Und halte mich fest und red mir gut zu ,
    bis meine Augen kommen zur Ruh.

    Mit der Zeit - ich bin sicher - wirst du es wissen ,
    es war Deine Liebe , die Du mir erwiesen .
    Vertrauende Blicke ein letztes Mal -
    Du hast mich befreit von Schmerzen und Qual.

    Und gräme Dich nicht , wenn Du es einst bist ,
    der Herr dieser schweren Entscheidung ist.
    Wir waren beide so innig vereint.
    Es darf nicht sein , dass Dein Herz um mich weint.




    auch dir, du lieber Schatz, wie schon so vielen anderen auch
    möchte ich diesen Text widmen



    Schlafe und fang die Träume
    und die Vogelstimmen schweigen bis zum Morgengrauen
    Schließ die Augen die bewachen alles Glück und Leid
    Niemand darf Dich stören drum schlafe ruhig ein.

    Schlafe ein mein Miezekätzchen und träume!
    Hör die Nacht singt ihr Lied!
    Mit ihr wachsen Deine Träume, daß noch vieles geschieht.
    Einmal sprengst auch Du die Räume und beginnst das Leben.
    Schlafe ein und fang die Träume, die Dich umgeben


    leb wohl, und lass es dir gut gehen, wo immer du jetzt
    auch sein magst


    Ingrid


  • Anita Jarzombek-Krauledies 27. September 2007, 16:36

    Es fehlen mir förmlich die Worte. Auch habe ich einen Kloß im Hals. Nur, wer ähnliches durchgemacht hat, kann nachempfinden, wie es ist, einen liebgewonnenen Weggefährten zu verlieren. Aber auf jeden Fall hat sie noch miterleben dürfen, daß ein Leben auch schön sein kann. Sie wird es dir danken, wo immer sie jetzt auch ist.
    LG, Anita