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Eispanzer vor der Flanitzhütte 1923 (mit Erklärungen)

Eispanzer vor der Flanitzhütte 1923 (mit Erklärungen)

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THR Cadolzburg


Premium (Pro), Cadolzburg

Eispanzer vor der Flanitzhütte 1923 (mit Erklärungen)

Abfotografiert von einem alten Originalfoto (1923).
Erstaunt bin ich über die doch brauchbare Qualität. Das Original von 1923 ist nur etwa 9x6 cm groß.

Eine Impression aus dem Ort "Flanitzhütte" im Bayerischen Wald. Im Vordergrund meine Großtante Anna.

Damals bestand er aus etwa 13 Gebäuden, welche um die Glashütte angesiedelt waren
und gehörte meinem Großvater.
Da die Ortschaft sehr abgelegen war, musste sie autonom sein.
Daher existierten nicht nur Wohnhäuser, sondern auch eine Wirtschaft mit primitiver Kegelbahn (!) + Laden,
Schmiede und das Hammerwerk für den Quarzsand.
Diese Gebäude benötigten Energie, welche über oberschächtige Wasserräder gewonnen wurde.

Um genügend Gefälle zu bekommen, musste das Wasser aus der Flanitz etliche 100 m weit in
Holzrinnen durch den Wald umgeleitet werden. Natürlich waren diese einfachen Rinnen nie ganz dicht.
Das auslaufende Wasser bildete dann im Winter diese monströsen Eiszapfen, welche man in HG sieht.

Die Glasschmelze selber wurde mit Holzgas befeuert.
Dies entstand in einem Nebengebäude durch Verschwelung von Baumstämmen.

Flößer an der Flanitz 1922
Flößer an der Flanitz 1922
THR Cadolzburg

Auch das Gas fand seinen Weg zur Hütte durch Holzröhren.

Dicke Glasröhren wurden mundgeblasen(!), längs aufgeschnitten und zu Flachglas ausgewalzt.
Der Transport dieser Halberzeugnisse erfolgte mit Pferdefuhrwerken über lehmige Waldwege zum
Bahnhof Frauenau und dann per Bahn nach Fürth.
1923 im Bayerischen Wald
1923 im Bayerischen Wald
THR Cadolzburg

Nach Aufkommen des Maschinenglases wurde die Hütte nach dem 2. WK aufgelassen.
In Fürth steht heute noch die 1976 stillgelegte Fabrik, in der das Glas meist zu Spiegeln weiterverarbeitet wurde.
ehem. Spiegelfabrik bei Nacht
ehem. Spiegelfabrik bei Nacht
THR Cadolzburg

Die Firma baute 1976 im Landkreis Fürth neu und spezialisierte sich erfolgreich auf die Herstellung von
Rückspiegeln für Nutzfahrzeuge.
1993 wurde sie schließlich an einen großen Wettbewerber verkauft.

Autonom blieb man in "Flanitzhütte" noch lange.
Für den Strom sorgte seit 1982 ein Mix aus Photovoltaik (40 KWp),
Akkus und einem Flüssiggasaggregat (BHKW).
Die Kosten von 3,6 Mio DM teilten sich damals die Bayernwerk AG und das Bundesministerium für
Forschung und Technik.
Es ist die erste Ortschaft in Deutschland, der auf diese Weise als Insellösung ohne Anbindung
an das öffentliche Netz mit Strom versorgt wurde.
Der Ort (eigentlich Weiler) "Flanitzhütte" existiert heute noch im Bayerischen Wald zwischen Frauenau und Spiegelau.
Einige Häuser sind neu entstanden.
Andere, darunter Hüttengebäude und Wirtschaft, wurden abgebrochen.
Zur Energieversorgung wurde inzwischen zusätzlich eine Überlandleitung
durch den Wald gelegt.

Weitere Bilder und Informationen hier:
https://www.fotocommunity.de/user_photos/1248911?sort=new&folder_id=444017

Kommentare 2

  • Yvonne S. 10. Januar 2012, 19:16

    Erst dachte ich im HG an einen Wasserfall. Dass das Eiszapfen sind....Wahnsinn!
    ...und wenn man bedenkt, wie beschwerlich früher alles war!
    LG Yvonne
  • Rumtreibär 7. September 2011, 17:36

    pure Nostalgie. Tja, auch damals verstand man es aussagekräftige Motive einzufangen. HG Dieter