Tränennetze

Tränennetze

Von einer alten, weisen Frau,
die in einem jener verlorenen Täler des Harzes wohnt,
wo sich auch heute noch Elfen und Kobolde „Gute Nacht“ sagen,
habe ich einst erfahren,
dass in diesen feinen von Elfenhand gesponnenen Netzen
die Kindertränen aufgefangen werden,
die in langen, kalten Herbstesnächten geweint werden,
wenn nächtliches Grauen die kleinen Herzen ängstigt.
Dort sind sie gut bewahrt bis nach Anbruch des neuen Tages
der Sonne wärmende Strahlen alle Tränen der Nacht trocknen.
Doch noch vor dem ersten Licht des neuen Morgens fliegen die Elfen
nach ihrer nächtlichen Wacht über die Tränennetze dann zu den Kindern,
um ihre von der Dunkelheit bedrängten Seelen zu trösten.
Nur Geisterohren vermögen jetzt den Ruf des Elfenkönigs zu vernehmen:

„Nun vollbringt der Elfen schönste Pflicht
Gebt sie zurück dem heiligen Licht!“