Noch ist die Welt in Ordnung

Noch ist die Welt in Ordnung

Meine Großmutter mit vier ihrer fünf Kinder. Alle drei Jungen die auf dem Foto zu sehen sind, sind im 2. Weltkrieg gefallen. Mein Vater, der auf dem Foto noch nicht auf der Welt war, kam als einziger lebend, allerdings auch nach längerer Gefangenschaft, aus dem Krieg zurück. Welche Heuchelei man meiner Großmutter antat, als man ihr nach dem Tode ihrer Söhne das Mutterkreuz überbrachte. Ihre Worte dazu waren nur: "Ich will kein Mutterkreuz, ich will nur meine Söhne zurück".
Lange Zeit habe ich meinen Vater nicht verstanden, wenn er in seiner geringen Freizeit in der Stube saß und in Büchern über den Verlauf des Krieges stöberte. Wie er alles niederschrieb, was er in seiner Kriegszeit erlebt und vermutlich nie verabreitet hatte. Er sprach immer nur oberflächlich über diese Jahre und wechselte immer früh das Thema. Er ist vermutlich nie über diese schlimmen Ereignisse hinweggekommen. Wer von den Soldaten wurde denn jemals gefragt wie es für sie gewesen ist, andere Menschen, "Feinde", zu töten, gefangen zu nehmen, erbärmlichen Hunger zu leiden. Das allsonntagliche Blättern in den dicken Wälzern (wie wir sie immer nannten) war seine Art, mit der Vergangenheit fertig zu werden.