Runzelkorn


Premium (Basic), España

Als Bonifatius die Donareiche fällte

Wir schrieben das Jahr 732. Entschlossen und zielstrebig
stapfte Bonifatius durchs Bielefelder Unterholz geradewegs
auf den Marktplatz zu, wo er aufmüpfig und gegen den
erklärten Willen der Eingeborenen die knorrige, aber
heilige Donareiche zu fällen gedachte. In seinem Gefolge
stolperten siebzig treue Knechte zwangsweise hinter ihm
her, von denen Bonifatius glaubte, daß Knechte, schon
des Namens wegen, gefälligst auch geknechtet werden
müssen. Mit ihren Zähnen, so der Plan, sollten sie so
lange an der Eiche herumkauen, bis die ihren heiligen
Geist aushauchen würde. Daß dies für eine Weile ihre
einzige Nahrung sein würde, war Motivation genug, und
gleich machten sie sich eifrig ans leckere Kauwerk!
Das brachte Nemo Nirwana, Bielefelds gewitzen
Stadtvogt umgehend auf die einzige städtische Palme.
Bielefeld, so beschwor er den mißgünstigen Missionar,
sei nichts als eine Fata Morgana, eine Stadt solchen
Namens gebe es in Wahrheit nicht. Doch stur wie immer
ignorierte Bonifatius den wichtigen Hinweis mit der
hinterhältigen Frage, ob er die geknechteten Knechte
etwa dem Hungertod preisgeben wolle. Das brach Nemo
das Herz und der Eiche den Stamm. Die Baugenehmigung
freilich für den stolzen Palast auf dem nun freien Grundstück,
den Bonifatius dort für sich und seine sieben Haushälterinnen
vorgesehen hatte, konnte er dem Baumfrevler verweigern.
Und die schmucken Sozialwohnungen (Foto), die nun entstanden,
durften die siebzig Knechte beziehen, mitsamt freier Kost
und Logis. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie
dort noch heute. Noch immer sieht man manchmal den ein oder
anderen zähnefletschend am Fenster stehen, in der Hand ein
knuspriges Knäckebrot. Oder auch ihre Lieblingsspeise:
Holzige Kohlrabi.

Kommentare 24

  • Fotobock 26. August 2019, 20:30

    Ein Bild mit klarem Motiv, Linien und etwas marode. Mehr Balast als Palast. lg Barbara
  • Adele D. Oliver 26. August 2019, 4:28

    I should not have moved to Canada ... so many exciting news from
    my homeland ... no old oak here to take down - no social housing which
    we need badly :-((((
    warm regards, 
    Adele
    • Runzelkorn 26. August 2019, 11:28

      Die Sozialwohnungen von 732 waren die letzten, die in Deutschland gebaut wurden. Es gab anschließend keine neuen mehr. Und inzwischen stehen auch dort die Luxussanierer in der Warteschlange. Aber es hat noch niemand gewagt, die bissigen Knechte aus ihren Wohnungen zu vertreiben.
  • Ruth U. 25. August 2019, 19:34

    Da haste was durcheinander gebracht, die Donareiche stand irgendwo in Hessen, in Fulda wird zurzeit das Bonifatius-Musical aufgeführt und die Bielefelder können es nicht mehr hören, das es sie angeblich nicht gibt -))) 
    https://www.bonifatius-musical.de/

    Das Bild ist so ganz nach meinem Geschmack und so schön grafisch.
  • Daniela Boehm 25. August 2019, 17:58

    Immer diese armen geknechteten Knechte ... liebe Grüße Dani.
  • MONA LISA . 25. August 2019, 17:49

    So, da musste ich mich erst mal informieren, damit ich hier nicht als der einzige unkundige Depp rumstehe.
    Du kannst ja viel behaupten ... auch das dies der ursprüngliche Standort war ... aaaber:
    "Archäologische Nachweise zum Standort der Eiche sind nicht bekannt." (Wikipedia)

    Was Bielefeld betrifft, so arbeiten sie gerade an der Ausrottung dieser Bielefeld-Verschwörung. Damit werden sie nicht erfolgreich sein, imho!

    Das Bild selbst werte ich als "Muster-Mix an Himmel mit Garnitur".
    So was kommt immer gut. Da kann man nicht viel falsch machen ... woll?
    :-))
    • Runzelkorn 25. August 2019, 18:10

      Ich war dabei und habe sie selbst gezählt. Sie dienten auch keinem Säckel, sondern waren Leibeigene dieses üblen Missionars. Säckel wäre eine zu freundliche Bezeichnung für ihn.
    • Mona Lisa 25. August 2019, 18:21

      Ich meinte doch (und du weißt das genau) den Geldsack.Wollte mich nur sprachlich etwas der Zeit annähern. ... was ist mit der Palme? War das nur sinnbildlich gemeint??
    • Runzelkorn 25. August 2019, 18:28

      Da geht es um die berühmte Bielefelder Zimmerpalme, die jahrhundertelang im dortigen Rathaus stand. Zur Beruhigung der Bevölkerung. Jeder, der gerade stinksauer war, konnte dort auf die Palme gehen. Kostenlos war das aber nur für den Stadtvogt.
    • Mona Lisa 25. August 2019, 18:33

      Das hört sich nach einer ähnlichen Sauerei an, wie die mit den Ablassbriefen!!!
      Das einfache Volk zahlte mal wieder die Zeche! ... und wer es sich nicht leisten konnte, musste auf ein Brombeerbüschlein klettern.
      Das Leben war noch nie ein Ponyhof!
  • Dorothee 9 25. August 2019, 17:42

    falls Knäckebrot alle ist, hier von mir einen Kohlrabi