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Parasitisches Juwel: Goldwespe Hedychrum rutilans

Parasitisches Juwel: Goldwespe Hedychrum rutilans

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Weißwolf


Premium (World), Güstrow

Parasitisches Juwel: Goldwespe Hedychrum rutilans

Ob die Goldwespe Hedychrum rutilans tatsächlich leicht an der kupferroten Färbung von Kopf, Pronotum, Mesoscutum und Mesoscutellum erkennbar sein soll, will ich nicht bewerten. Möglicherweise ist es einfacher, zu beobachten, in wessen Nester sie als Parasit einsteigt, denn sie hat nur einen Wirt, den Bienenwolf (Philanthus triangulum), der zu den Grabwespen gehört. Dieser wiederum kennt für die Versorgung des Nachwuchses nur eine Beute, die Westliche Honigbiene (Apis mellifera). Das Areal von Wirt und Parasit deckt sich nicht vollständig; das des Bienenwolfs reicht z.B. weiter nach Westen als das der Goldwespe.
Da der Bienenwolf eine weit verbreitete und häufige Grabwespe ist, die leicht erkannt und an vielen sandigen Stellen, selbst in Hausgärten beobachtet werden kann, braucht man sich dort „nur“ auf die Lauer zu legen. Sobald am Nesteingang eine stetig neugierige Goldwespe auftaucht, kann man ziemlich sicher sein, dass es sich um Hedychrum rutilans handelt – wenn man ihr also einen deutschen Namen geben will, wäre Bienenwolf-Goldwespe passend.
Die Goldwespe beginnt beim Bienenwolf als Kleptoparasit und wird anschließend Parasitoid. Sie legt im Wirtsbau ein Ei an der vom Bienenwolf erbeuteten Honigbiene ab; das ist deswegen erfolgversprechend, weil der Bienenwolf erst die Bienen erbeutet und in den Bau bringt, und dann die Eier ablegt. Die Goldwespen-Larve frisst zunächst die Biene, anschließend in vielen Fällen auch die Grabwespen-Larve. Offenbar erkennt der Bienenwolf die eingedrungene Goldwespe nicht, da diese sich über chemische Substanzen, bei denen es sich um in der Kutikula gebildete Kohlenwasserstoffe handelt, ausgezeichnet tarnen kann. Treffen sich beide im Bau, verhalten sie sich einander gegenüber friedlich; gelingt das chemische Mimikry hingegen nicht und erkennt das Bienenwolf-Weibchen die Goldwespe, zerrt es sie rabiat aus seinem Bau und entfernt auch die parasitischen Eier, soweit es diese identifiziert. Bis zu 30 % der Brutzellen einer Bienenwolf-Population können parasitiert sein. Das klingt nach einer enorm großen Menge, scheint aber dennoch eine nur moderate Parasitierungsrate zu sein, wenn man sie mit anderen vergleicht, etwa der von Kokons der Wespenspinne (Argiope bruennichi) durch Schlupfwespen*, die bis zu 80 % erreichen können – und sich die Spinne in Mitteleuropa dennoch weiter ausbreitet.
Ferner wird berichtet, dass die Goldwespe ihr Ei bereits an der Honigbiene ablegen kann, wenn sich der beutetragende Bienenwolf noch im Anflug an sein Nest befindet. Die enge Beziehung zwischen Goldwespe, Bienenwolf und Honigbiene ist ein prägnantes Beispiel dafür, wie der Evolutionsdruck zu einer permanenten „Aufrüstung“ von und zwischen Wirt und Parasit/Parasitoid führt. Das ist freilich nicht im menschlichen Sinne zu verstehen, wo am Ende immer die Unterdrückung oder gar Vernichtung des einen Teils steht, vielmehr wird hier zwischen den Parteien seit Jahrmillionen das Überleben beider bzw. aller Teile organisiert.

* https://www.fotocommunity.de/photo/tromatobia-ornata-die-wespenspinnen-schlu-weisswolf/45881704

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Kamera NIKON D300S
Objektiv Sigma Macro 105mm F2.8 EX DG OS HSM
Blende 22
Belichtungszeit 1/125
Brennweite 105.0 mm
ISO 100

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