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Mitten im Leben

Jena, Johannisfriedhof, 2007. Nikon F 801s mit Zoom-Nikkor D 3,5-5,6 / 28-200 mm auf Kodak Elitechrome 400. Bildbearbeitung: Ulead PhotoImpact (Tonwertkorrektur, Kontrast- und Helligkeitsänderung).

Fotografie auf Friedhöfen ist sicher immer etwas Besonderes, denn das Reich der Toten gemahnt auch den Besucher unaufdringlich unerbittlich an die eigene Endlichkeit. Die Trostlosigkeit des Todes suchen die Religionen der Welt auf jeweils verschiedene Weise zu mildern. Weit hatte es in dieser Hinsicht etwa das christliche Mittelalter gebracht, das sozusagen eine nach beiden Seiten offene Grenze zwischen dem Reich der Lebenden und dem der Toten annahm, so dass die Toten immer auch bei den Lebenden waren, wenn man ihrer denn im Gebet gedachte.

Der Johannisfriedhof in Jena ist ein historischer Friedhof, erstmals urkundlich 1307 als Friedhof für das Dorf Leutra erwähnt, auf dem unter anderem Carl Zeiß begraben liegt. Heute werden hier keine Bestattungen mehr vorgenommen.

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  • E. W. R. 22. April 2008, 20:18

    Liebe Kerstin,

    danke für die Hinweise! Das Werk von Fietzek hat ja sogar lustige Seiten, etwa die Installation "Watschendiskurs" http://www.f-fietzek.de/data/watschen.jpg, ;-).
  • KGS 22. April 2008, 19:05

    Lieber Eckhard, ich wollte das mit den Würfeln nicht so direkt sagen, aber wie Du wohl gemerkt hast, habe auch ich wirklich ernsthaft nach der Sinnhaftigkeit dieses Projektes gesucht. Wirklich schlüssig und überzeugend erschien es mir nicht. Da ich es jedoch nur aus der Entfernung betrachten konnte, wollte ich ihm allerdings nicht Unrecht tun.
    Selbst als reines Kunstobjekt erscheint es mir zu „glatt“, zu ausgefeilt, ohne Angriffsflächen und Reibungspunkte. Nun gut, der Begriff „geistesgegenwärtig“, der hier an der einzig möglichen bzw. sinnvollen Stelle abgeknickt ist, lässt sich interpretieren, wobei ich ohne den historischen Hintergrund den Bezug zur Würfel-Form bzw. zur Farbe Orange nicht erkennen kann. Der Sinn erschließt sich mir erst ein wenig nach dem Lesen der Angaben zur Intention des Künstlers, macht das Werk in meinen Augen aber keineswegs interessanter. „Frank Fietzek http://www.f-fietzek.de/ kombiniert in seinen Arbeiten skulpturale und technische Elemente. Seine konzeptionellen Werke werden mit Hilfe interaktiver Computertechnologie umgesetzt. Er legt dabei einen Schwerpunkt auf die Entwicklung des Interface. Der Zugang zur gespeicherten und abrufbaren Information erfolgt durch deutlichen körperlichen Einsatz und thematisiert die Schnittstelle zwischen haptischen und virtuellen Raum.“ http://on1.zkm.de/zkm/artists/Fietzek

    "L.A. Confidential" habe ich übrigens auch noch nicht gesehen ;-) War der Film denn gut?

    Ich bin auf das oben angekündigte Bild gespannt.

    Kerstin
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  • KGS 21. April 2008, 23:37

    Lieber Eckhard, 18:47 Uhr ist doch nicht späterer Abend (stimmt: im Vergleich zu 17:22 Uhr schon!) ;-))
    Ich antworte Dir morgen; im Moment sind noch ein paar Bioethanolgedanken in meinem Kopf, die nichts oder nicht viel mit den Würfeln zu tun haben.
    Kerstin
  • E. W. R. 21. April 2008, 18:47

    Liebe Kerstin,
    dass Piloten abstürzender Flugzeuge, die dem Tod ins Auge sehen, ihre Maschine eben noch über ein Wohngebiet hinwegziehen, ist bereits öfters berichtet worden. Das gehört in der Tat zu den großen Augenblicken gelebter Menschlichkeit. Auch bei Schiffskatastrophen soll es wohl vorkommen, dass Leute Leben retten, aber dabei selbst ihres verlieren. Auch von Feuerwehrleuten wurde berichtet, dass sie ohne Rücksicht auf sich selbst in kollabierenden Gebäuden Menschenleben retteten oder zumindest retten wollten, etwa bei der Katastrophe im World Trade Center.
    Was mit den Seelen der Toten geschieht, wissen wir nicht; wir sprachen wohl an anderer Stelle bereits darüber. Im Mittelalter stellte man sich vor, dass die Seele solange bei Gott in Erinnerung sein würde, solange hier auf der Erde jemand für sie beten würde. Darum gab es etwa in den Klöstern des Mittelalters Gebetsgemeinschaften. Listen mit den Namen von Konventen wurden in ein Liber vitae, ein Buch des Lebens, eingeschrieben, damit man für die toten und lebenden Glaubensbrüder und Glaubensschwestern beten könne. So anrührend dieser Gedanke ist, so wenig durchdacht ist er auch. Denn einmal würden ja doch alle tot sein, die sich an diese Menschen erinnern konnten, und was wird dann?
  • KGS 19. April 2008, 16:35

    Lieber Eckhard, der Bildtitel in Kombination mit dem Begriff "GEISTESGEGENWÄRTIG" oder auch jeder Begriff für sich lässt viele Diskussionsansätze in verschiedensten Bereichen zu. Mir würden auf Anhieb weitere einfallen. Wahrscheinlich ist das Thema als solches einfach ein zentrales Thema im Leben.
    Kerstin
  • E. W. R. 19. April 2008, 13:36

    Liebe Kerstin, danke für Deine ausführliche Besprechung. Das Thema als solches verfolgt mich eigentlich ständig.
  • KGS 19. April 2008, 11:00

    Geistesgegenwärtig ist ein äußerst bedenkenswerter Begriff, da man ihn mehrdeutig sehen kann.

    Als ich am Dienstag dieser Woche zur Arbeit fuhr, kam im Radio die Nachricht, dass am Kaiserstuhl ein Kleinflugzeug nach einem Blitzschlag abgestürzt sei. Die Maschine schlug nur 50 Meter von einem Wohngebiet entfernt auf, der 58jährige Pilot hatte keine Überlebenschance. Es fiel das Wort „geistesgegenwärtig“; nach Polizeiaussagen muss der Mann, bis zu diesem Zeitpunkt selbst noch „mitten im Leben“, im Angesicht des Todes die Maschine noch so gesteuert haben, dass sie nicht auf die Häuser fiel. Dieser Mensch war geistesgegenwärtig im doppelten Sinn; einerseits reaktionsschnell, in dem, was er aus technischer Sicht noch tun konnte, andererseits war sein Geist, im Sinne eines bewussten Handelns so gegenwärtig, dass er in den letzten Sekunden seines Lebens mit dieser Reaktion an das Wohl anderer Menschen dachte, was in meinen Augen eine unglaubliche Leistung ist, die zutiefst berührt und große Achtung verdient.

    Natürlich impliziert ein solches Ereignis, ähnlich dem Besuch auf einem Friedhof, bei einem erwachsenden Menschen auch Gedanken an den eigenen Tod oder den Tod eines nahen Angehörigen, an all die Dinge, die mit ihm verbunden sind oder wären, wenn man plötzlich mitten aus dem Leben gerissen würde. Aber man hofft, dass etwas bleibt. Jedenfalls könnten die Seelen der Toten unter uns sein, solange man sie nicht vergisst.

    Dass man das Gefühl haben kann, auf einem Friedhof den Geist der Vergangenheit bzw. der Verstorbenen zu spüren, habe ich schon in früher Jugend erlebt, obwohl ich zu der Zeit selbst überhaupt noch nicht an den Tod und an die eigene Endlichkeit dachte. Ich bin damals gern allein zu einem Friedhof in der Nähe meines Wohnortes gegangen, wahrscheinlich, weil ich die Stille, die dort herrschte, sehr mochte. Wenn ich die Grabsteine betrachtete, habe ich mir manchmal vorzustellen versucht, wie die Menschen gewesen sein mochten, die dort nun begraben lagen. - Bei den gemeinsamen Besuchen der Großmutter meiner besten Schulfreundin in Weimar gingen wir auch dort zwei- oder dreimal auf den Friedhof, der, wie der Johannisfriedhof in Jena, ebenfalls ein historischer Friedhof ist, an das Grab ihres Urgroßvaters Franz Huth, einem recht bekannten Maler in der Region. Auf diesem Friedhof liegen viele, mehr oder weniger berühmte Persönlichkeiten begraben, u. a. bekanntlich auch die Herren Goethe und Schiller in der Fürstengruft. Als Jugendliche, die wir damals recht viel lasen und eine blühende Fantasie besaßen, bildeten wir uns ein, diesen Leuten und ihrem Gedankengut irgendwie nah zu sein, wenn wir an ihren Grabstätten standen. Wenn man heute daran zurückdenkt, ruft das natürlich ein Schmunzeln hervor.

    Recht krass wurde es später bei der Vorstellung vom Geist, der den Besuchern eines Friedhofs in aller Ernsthaftigkeit entgegenweht, vor allem, wenn diese die Gräber ihrer verstorbenen Angehörigen besuchen und der eigenen jugendlich-locker-leichten Gegenwart dort aufgrund schulischer Aktivitäten im Biologie-Leistungskurs. Dem Gymnasium gegenüber lag der große städtische Friedhof. Zwei Jahre lang machten wir auf diesem ornithologische Studien; wir lernten im Unterricht Vogelstimmen zu unterscheiden und hatten jeder ein eigenes „Revier“ auf diesem Friedhof, auf dem wir nun wöchentlich, mit Ferngläsern ausgerüstet, Beobachtungen und Zählungen der einzelnen Arten vornehmen mussten. Dort hinzugehen erschien uns irgendwann völlig normal, als wäre es nur ein Park oder ein Wald. Selbst wenn das in Ruhe vor sich ging, frage ich mich heute noch, wie das auf die Besucher des Friedhofes gewirkt haben muss…

    Nach diesen Geschichten (oder dem „Geschwätz" ;-)), die nun auch einfach mitten aus dem Leben gegriffen sind, zu den „geisteswissenschaftlich gebildeten“ Würfeln selbst. Ich bin mir nach wie vor etwas unschlüssig, ob ich die Idee gut finden soll oder sie nur als gut gemeintes Resultat eines wissenschaftlich begleiteten Projektes sehen muss. Im Sinne von „GeistesGegenwärtig“ über die Geschichte der Stadt zu informieren, ist grundsätzlich einmal ein richtiger Ansatz; Kunst mit Information zu verknüpfen, immer auch reizvoll. Wer nach Jena kommt und noch unkundig ist, wird bei entsprechendem Interesse die Stadtinformation aufsuchen und sich dort über wichtige Sehenswürdigkeiten unterrichten lassen. Idealerweise hat sich der Besucher allerdings bereits vor seiner Reise mit der einschlägig verfügbaren Literatur versorgt und weiß bereits etwas über die Geschichte bzw. die Orte, die er besichtigen möchte. Das sollte in noch stärkerem Maße für die Bewohner der Stadt selbst gelten. Ich kann mir zwar vorstellen, dass es auch genügend Menschen geben wird, die sich noch nie oder nur marginal mit dem Hintergrund ihres Wohnortes befasst haben, jedoch werden bei diesen auch die orange- bzw. fast clementinefarbenen Sitzgelegenheiten nichts ausrichten. Als echte Informationsquelle erscheinen mir vier Würfeln für eine ganze Stadt sehr spärlich, selbst dann, wenn man sie von Zeit zu Zeit neu programmiert und an anderen Standorten platziert (dem Jena-Besucher dürfte das übrigens gar nichts bringen). Vielleicht würde das Ganze Sinn machen, wenn 20 oder 30 Würfel über die Stadt verteilt wären, was aus Kostengründen wohl nicht diskutabel sein wird. Informationstafeln an entsprechenden Stellen oder einfach eine interessant gestaltete kleine Broschüre mit dem Inhalt dessen, was viele solcher sprechender Würfel vermitteln könnten, sollten diesbezüglich ähnliche Dienste leisten können und wären wohl auch preiswerter. Ausgehend von der „Geschichte“ dieser vier Würfel, also mit Bezug auf diese als „Symbole“, fände ich es übrigens sogar sehr interessant, eine solche Broschüre aufzulegen, auch, weil man hier einmal Informationen der besonderen Art vermitteln kann, Dinge, die man vielleicht nicht in jedem Reiseführer findet. In einem solchen Zusammenhang betrachtet, könnten die Würfel vielleicht auch als Anschub für ausbaufähige Folgeprojekte gesehen werden.
    Wie ich übrigens auf dem Foto des Würfels an der Johannisstraße gesehen habe, gibt es seitlich einen kleinen Aufdruck, der auf die „Handhabung“ hinweist. Ob man ihn allerdings im Vorbeilaufen sieht, ist fraglich. Als Kunstwerk betrachtet, käme mir ansonsten nicht in den Sinn, ihn als Sitzgelegenheit zu nutzen.

    Kerstin
  • E. W. R. 4. April 2008, 22:48

    Lieber Jonny, leider wusste ich, als ich die Aufnahme machte, überhaupt nicht über die Bedeutung des Kunstwerks Bescheid, was mit der oben bemerkten miserablen Kommunikation in der Fakultät und auch vor Ort zusammenhing. Wenn dann trotz dieser Umstände noch etwas Bedenkenswertes herauskommt, ist es um so erfreulicher.
  • Jonny May 4. April 2008, 13:02

    Tja Eckhard, dazu fällt mir jetzt Brecht ein "Denn man muß dem Weisen seine Weisheit erst entreißen" in diesem Fall, indem man sich auf den Würfel setzt ;-))

    Aber hier war der Betrachter Künstler und hat dem Werk mit dem neuen Titel eine eigene Bedeutung verliehen.
    Jonny
  • E. W. R. 10. März 2008, 8:56

    Liebe Kerstin,

    danke für den Hinweis auf die Webseite! Auf die Idee, sich inmitten eines Friedhofs auf einen orangefarbenen Würfel zu setzen, kommt gewiss kein Mensch, vor allem dann nicht, wenn nichts, aber auch gar nichts auf diese Möglichkeit hinweist. Den Würfel auf der Johannisstraße habe ich auch bereits fotografiert; auch dort nichts an Hinweisen! Ich brauche wohl auch nicht noch extra zu sagen, dass dieses Projekt innerhalb der Philosophischen Fakultät mit keinem Wort kommuniziert worden ist.
  • KGS 9. März 2008, 20:33

    Diese Informationsseite zum Kunstwerk habe ich heute gefunden:
    http://www.geistesgegenwaertig.uni-jena.de/
    Ich äußere mich noch dazu.

    Hattest Du den Erzählungen einmal gelauscht?

    Kerstin
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