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Katharina P.: die Donauschwäbin

Katharina P.: die Donauschwäbin

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Lebensgeschichten


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Katharina P.: die Donauschwäbin

Sie ist Deutsche, trägt einen französischen Nachnamen, ihre Volksgruppe nennt man „Donauschwaben“, ihre Heimat liegt heute in Rumänien und sie betrat Deutschland erstmals 1983.

Wie viele Deutschstämmige, die vor dem letzten Krieg irgendwo in den deutschen Enklaven in Europa geboren wurden, hat auch Katharina P. eine wechselvolle Lebensgeschichte zu erzählen. Ihr Geburtsort Alexanderhausen (rumänisch Sandra) liegt im sog. Banat, einem Siedlungsraum im heutigen Grenzgebiet zwischen Ungarn, Serbien und Rumänien, der nach den Türkenkriegen vor 200-300 Jahren von den Habsburgern vorwiegend mit Deutschen besiedelt, und der nach dem ersten Weltkrieg zwischen Rumänien, Serbien und (zu einem kleinen Teil) Ungarn aufgeteilt wurde.

Im Alter von 6-12 besucht Katharina P. die Grundschule, danach muss sie auf dem elterlichen Hof mitarbeiten. 1930 heiratet sie einen Mann aus einer benachbarten elsässischen Enklave (daher der französische Nachname), die Hochzeitsfeier findet im Wirtshaus der Schwiegereltern statt. 1932 wird der einzige Sohn geboren.

Als am 23. August 1944 das Königreich Rumänien, bis dato Bündnispartner des Dritten Reichs, auf die Seite der Alliierten wechselt, werden alle Rumäniendeutschen über Nacht zu Staatsfeinden. Zwar bleiben im rumänischen Banat systematische Vertreibungen, Deportationen und Ermordungen, wie sie im jugoslawisch-serbischen Teil als Vergeltung für die von der deutschen Wehrmacht verübten Gräueltaten verübt wurden, aus. Dennoch werden alle Deutschstämmigen enteignet. Der gesamte Besitz der Familie, einschließlich des Viehs und aller landwirtschaftlichen Geräte, wird geplündert. Ihr Ehemann verbringt 1 Jahr in russischer Kriegsgefangenschaft und verstirbt kurz nach der Entlassung, an Typhus erkrankt, auf dem Weg in ein Krankenhaus. Seine Familie erfährt nur durch Zufall davon.

Weitgehend auf sich alleine gestellt, bringt Katharina P. ihren Sohn und ihre Eltern mit dem, was der Hof abwirft und der rumänische Staat ihr lässt, durch die Nachkriegszeit. In dieser Zeit müssen die Rumäniendeutschen Drangsalierungen, Diskriminierungen und sogar Deportationen über sich ergehen lassen. Viele wandern nach Deutschland aus, wenn sie können.

Ende der 50er Jahre sterben die Eltern, der Sohn lässt sich zum Lehrer ausbilden und heiratet seinerseits eine Lehrerin. Katharina P. heiratet nicht wieder, sie betreibt den Hof schließlich alleine.

Mit einer der letzten Ausreisewelle der Donauschwaben, spült es 1983 auch Katharina P., ihren Sohn und dessen Frau in die Ur-Heimat, die ihr fremd ist. Heute lebt sie im Rheinland, teilt sich das Haus mit dem inzwischen verwitweten Sohn, der sie täglich pflegt und betreut. „Meine Mutter hat ihr ganzes Leben gearbeitet. Vor meinem geistigen Auge sehe ich sie immer auf dem Feld arbeiten. Die hat Sachen gehoben, die konnte ich selbst kaum anheben“. Heute verbringt sie den ganzen Tag auf dem Sofa sitzend, weil sie nur noch unter starken Schmerzen und mit viel Mühe ein paar Meter laufen kann. Einmal, zu Weihnachten 1984, waren sie noch unten, in der alten Heimat. „Die Mutter wär sonst an Heimweh gestorben“. Doch sie waren nicht mehr willkommen zuhause. „Danach war sie für immer kuriert“.

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