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Farewell, Pride of Calais

Farewell, Pride of Calais

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fotoralf.be


Premium (Pro), aus der Tiefe des Gemüts

Farewell, Pride of Calais

Sicher nicht mein bestes Bild von der Pride of Calais - dafür wohl mein letztes,
aufgenommen am 18. September im Hafen von Dover. Am Samstag hat sie völlig
sang- und klanglos ihre letzte Überfahrt nach Dover gemacht und seither mehrmals
im Hafen die Position gewechselt - wie wir nun wissen, um sie außer Dienst zu stellen.

Seit letzter Woche ist die European Seaway von ihrem Einsatz als schwimmendes
Wohnheim und Werkstatt für die Installation eines Windparks vor der englischen
Küste zurück. Ab heute Mittag ist sie wieder zwischen Calais und Dover im Einsatz.

Die Pride of Calais wird nun in Tilbury aufgelegt, wo ihr Schwesterschiff, die Pride of Dover,
schon länger liegt.

Wir sind Ende der 80er Jahre häufig von Boulogne aus mit dem Hovercraft nach England
gefahren, meist für Tagesausflüge. Um die Kanalfähren hatte ich bis dahin einen weiten
Bogen gemacht. Ich kannte nur die kleineren und älteren Schiffe, die von Boulogne aus
fuhren, und wurde schon vom bloßen Ansehen dieser Dinger seekrank.

Eines Abends in Dover hieß es, wegen Windstärke 8 würde das Hovercraft uns nicht
wie vorgesehen nach Boulogne zurückbringen und wir würden auf die Fähre nach Calais
umgebucht. Meine Reisebegleiter haben über eine Stunde lang auf mich eingeredet
wie auf ein krankes Pferd. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich am Strand
auf einer Bank geschlafen und auf besseres Wetter gewartet.

Irgendwann haben sie mich doch noch aufs Schiff bekommen. Es war die nagelneue
Pride of Calais. Die Überfahrt war trotz Windstärke 8 ausgesprochen angenehm.
In späteren Jahren haben wir auf ihr und der Pride of Dover noch ganz anderes Wetter
erlebt. Nur eins nicht: Seekrankheit. Auch nicht in der famosen Nacht im Schneesturm
bei Windstärke 10, Böen 12, als vor Calais die ganze Bordbar aus dem Regal gekommen ist.

Die beiden Schwesterschiffe Dover und Calais hatten eine gewisse Eleganz. Anders als
die später gebauten 'Kastenbrote' Kent, Canterbury und Burgundy, auf denen ich
mich nie richtig wohlgefühlt habe.

Mach's gut, Pride of Calais. Es war eine schöne Zeit.

Kommentare 3

  • fotoralf.be 22. Oktober 2012, 22:59

    Außer Dir trägt ihnen das längst niemand mehr nach. Und schnelllebig? Nach fast 30jährigem Betrieb rund um die Uhr...

    Ich fand sie jedenfalls schöner als die nachfolgenden Kastenbrote à la Canterbury und Burgundy. Bei denen ist nun wirklich keinerlei Wille zur Formgestaltung mehr erkennbar.

    Ralf
  • Thomas Reitzel 22. Oktober 2012, 22:50

    Wirklich schön im klassischen Sinn waren diese Fährschiffe nicht, und für mich waren sie zudem immer mit dem unseligen Namen der Reederei Townsend Thoresen verknüpft(und deren großspurigen Schiffsnamen wie "Pride of Free Enterprise" etc.), die sich dann aus markttechischen Gründen kurzerhand in P&O umfirmiert haben.

    Das Geschmäckle aber blieb trotzdem.

    Kein Wunder, daß man sich in unserer schnellebigen Zeit nun von ihnen trennt, wenn auch vorerst nur, um sie aufzulegen und vielleicht noch an irgendeinen Seelenverkäufer weiterveräußern zu können.

    However, Ciao unförmiger Kasten.

    VG, Tom
  • Ralf Büscher 22. Oktober 2012, 17:38

    So ist die Zeit, aber 30 Jahre gehen auch an ein Schiff nicht vorbei.





    Ralf