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Erinnerung an die Zukunft

Erinnerung an die Zukunft

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Erinnerung an die Zukunft

Guillaume Bijl, Archaeological Site. A Sorry Installation), Münster 2007. Münster, Am Aasee. Nikon F 4s mit Sigma 12-24 mm f/4,5-5,6 bei 12 mm auf Kodak 400. Bearbeitung: Ulead PhotoImpact 11 (Tonwertkorrektur).

Guillaume Bijl
*1946 in Antwerpen/Belgien, lebt und arbeitet in Antwerpen und Münster

Projekt: Archäologische Stätte (Eine Sorry Installation), skulptur projekte münster 07

„Der belgische Künstler inszeniert unter dem Titel "Archaeological Site (A Sorry Installation)" auf einer Grünfläche in der Nähe des Aassees eine archäologische Ausgrabungsstätte. An diesem Ort interessierte ihn vor allem die Verschränkung von natürlichem und kulturtouristisch organisiertem Raum. Die Gegend um den Aasee ist das beliebteste Naherholungsgebiet Münsters und eignet sich daher mit seiner Mischung aus Natur und künstlicher Anlage besonders gut für das Täuschungsmanöver des Künstlers. Auf diesem Gebiet entsteht eine 8 x 8 Meter große und 5,5 Meter tiefe Grube mit steilen Böschungsrändern zur Grubensohle. Gefärbter Spritzbeton imitiert die verschiedenen Schichten des Erdreichs in die Tiefe, zum Grubenrand hin wird die Böschung begrünt. In diese Grabungssituation setzt der Künstler einen schiefergedeckten 4,30 Meter hohen Turm, auf dessen Spitze ein Wetterhahn prangt.
„Sorry-Installations“ nennt Guillaume Bijl die Werkgruppe, zu der auch sein archäologischer Ort für Münster zählt, und versteht sie als absurde Poesie. Über einen leichten Hügel gelangt der Betrachter zur inszenierten Grabungsstätte, die er von einer Balustrade aus einsehen kann. Bijl spielt mit vertrauten Situationen und scheinbar funktionierenden Orten und entlarvt sie gleichzeitig als reine Schauobjekte. Eine vermeintliche Realität wird von ihm ad absurdum geführt. „Guillaume Bijl bedient unsere Schaulust und enttäuscht sie zugleich“, erklärt die assoziierte Kuratorin Dr. Carina Plath.

Biographie
Die Installationen von Guillaume Bijl sind geprägt von Ironie und Witz, setzen sie doch eine Illusion von Gestaltung und Ordnung in die Welt, die uns das Unvermögen bzw. die oft unfreiwillige Komik öffentlicher Inszenierungen direkt bewusst macht. Der Versuch, städtische Räume zu ordnen und so zu gestalten, dass sie unterschiedlichen Wünschen und Anforderungen gerecht werden, ist in den Augen von Bijl eine Illusion und Thema seiner Kunst. Sein künstlerisches Programm lässt sich weder mit Begriffen wie „objet trouvé“ noch „Kontext-Kunst“ ausreichend beschreiben . Bijl zweifelt grundsätzlich an, dass sich das Öffentliche durch die Inszenierung von Öffentlichkeit beispielsweise durch Stadtmöblierung erfahren lässt. Seine Installationen leben von der Täuschung durch die Realität. So sieht beispielsweise Bijls ‚Römische Straße’ (1994) im Antwerpener Freilichtmuseum Middelheim lediglich wie eine archäologische Stätte aus. Bijl glaubt, dass man die Dinge in ihrer Inhaltslosigkeit und Leere nur mit Hilfe der Illusion ertragen kann. Der Kulturtourismus und die Freizeit- und Konsumindustrie dienen dem Künstler dabei als Modell.“

(Internetseite der skulptur projekte münster 07)

Kommentare 8

  • E. W. R. 1. Mai 2012, 17:13

    Du bist auch fast so lange weggeblieben. ;-)
  • Frederick Mann 1. Mai 2012, 16:49


    Wie Helene
  • E. W. R. 22. Januar 2010, 21:40

    Lieber Gert, "die Leute", wie sie eben so sind, wollten immer etwas "Praktisches". Und die Kunst im öffentlichen Raum stört viele nur. Da hat man sich ja in Münster in dieser Hinsicht regelrecht subversiv betätigt, denn hier lauert die Kunst auch beim Marktplatz vor dem Dom unter der Erde ;-), so dass man ihr nicht entrinnen kann. Eckhard

    Öffentlich (1)
    Öffentlich (1)
    E. W. R.




  • Gert Rehn 22. Januar 2010, 10:16

    Timm Ulrichs ist mir bekannt, er hat vor 5 Jahren den Wettbewerb für einen Brunnen für den hiesigen Marktplatz gewonnen. Es war der "Tassenbrunnen", damit konnten sich Viele nicht anfreunden, hier leben eben zu viele Realisten, für den Brunnen hätte es etwas Phantasie gebraucht. Die Leute wollen an der Stelle lieber Marktbuden haben, lieber Eckhard. Dabei haben wir eine wunderschöne alte leere Markthalle, wo sich die Marktleute nicht die Beine abfrieren müssten im Winter und die Ware in der Hitze verdirbt im Sommer. Alles paradox! vG Gert
  • E. W. R. 21. Januar 2010, 23:22

    Lieber Gert, die Szene ist ja völlig fiktiv, denn Kirchen pflegen auf diese Weise nicht zu versinken. Wie Du als Architekt und Denkmalschützer ja selbst am besten weißt, findet man in der Realität nur die Grundmauern vor, es sei denn, es wäre ein Vulkan über das Bauwerk gekommen wie in Pompeii oder Herculaneum. Allerdings könnte in dieser Art von "Besichtigung" durch spätere Generationen der Sinn eines solchen Kunstwerks liegen. Na ja, im wesentlichen hat sich bis jetzt ein anderer Künstler, ich glaube es war Timm Ulrichs, beschwert, dass dieses Werk ein Plagiat eines Werks von ihm sei; dieses stellt eine halb versunkene Dorfkirche dar. Eine relativ sinnlose Diskussion. Was die "Kunsttouris" betrifft, hatten sie es gar nicht so leicht, diese Skulptur zu finden, obwohl sich natürlich jeder, der die skulptur projekte 07 besuchte, zumindest mit einem kleinen Führer und Plan für 5 Euro ausrüstete. Noch irritierender als dieses Werk war die Installation "Aa-Spa", die getürkte Baustelle eines Wellnesshotels am Aasee.
  • Gert Rehn 21. Januar 2010, 20:48

    Ja, lieber Eckhard, manchmal sollte man die Rucksacktouristen, die alles sehen und entdecken wollen und mit dem Baedeker rumrennen schon mal so vera..schen. Ich empfinde das als Spaßart, wie heißt sie doch gleich...
  • E. W. R. 6. November 2007, 20:44

    Dazu gibt es noch Aufnahmen mit subjektivistischer Perspektive, etwa von Andreas Denhoff. Das Aufnahmeverfahren, also die pseudodokumentarische Herangehensweise, ist bei dem Bild "Sensibel (2) diskutiert worden.

  • Helene Kramarcsik 6. November 2007, 10:33

    Die Intentionen des Künstlers transportierst Du mit Deiner Aufnahme ausgezeichnet. Sehr interessant sind auch Deine Ausführungen und Erläuterungen dazu.
    LG Helene