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Bertrand Russells Friseur

Bertrand Russells Friseur

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Bertrand Russells Friseur

Eine Anspielung auf ein bekanntes logisches Paradoxon von Bertrand Russell.

0x FF hat mich zu dieser Umsetzung inspiriert - siehe die Foren-Diskussion über "seltsame Schleifen"
http://www.fotocommunity.de/forum/read.php?f=34&i=119426&t=119426


Ein Friseur, der in in der Stadt in der er wohnt einen kleinen Coiffeursalon betreibt, hatte unüberlegterweise die folgende Anzeige in sein Schaufenster gehängt:

"Ich rasiere genau die Männer der Stadt, die sich nicht selbst rasieren"


Es stellt sich heraus, dass diese Aussage paradox ist.

Angenommen der Friseur rasiere sich selbst - dann folgt daraus, dass er sich nicht selbst rasiert, denn er rasiert ja gerade diejenigen, die dies nicht selbst tun.
Rasiert er sich aber nicht selbst, so folgt gemäss seiner Anzeige aber, dass er sich selbst rasiert.

Ob er sich nun selbst rasiert oder nicht - es folgt stets das Gegenteil der Voraussetzung und damit ist seine Aussage widersprüchlich.

. . . .

Es sei denn, es gäbe eine Möglichkeit, wie er "er selbst" und dennoch (auf einer anderen Bedeutungsebene) "nicht er selbst" sein könnte - so wie es das Bild nahelegt.

. . . .

Weitere Spielchen mit Bedeutungsebenen:

Das Bild vom schiefen Bild
Das Bild vom schiefen Bild
Dame Eda

Kommentare 19

  • Holger Born 25. Oktober 2010, 15:20

    Bin grade über Hilberts Hotel gestolpert.
    Da ist mir Dein Friseurbild wieder eingefallen.

    Das Thema wäre ja auch recht nett fotografisch umzusetzen ...

    LG HOlger

    http://de.wikipedia.org/wiki/Hilberts_Hotel
  • Cassigrafie 7. Dezember 2009, 16:32

    bei diesem Bild passt das wohl am besten:
    deine Arbeiten - und die Bildunterschriften dazu - sind absolut fantastisch :) sehr sehr unterhaltsam und ideenanregend - ganz großes Kompliment!
    lg, Cassis
  • Walter Oevel 27. Januar 2009, 19:46

    Liebe Edna,

    das ist eine sehr kreative Auflösung der Antinomie (rasiert sich und/oder auch nicht, zum Teufel mit dem 'tertium non datur').

    Wie steht's mit der Visualisierung des Hilbertschen Hotels, gibt's da schon was zu sehen? Bin sehr gespannt :-))

    Gruß, Walter

    PS: Bin ein großer Fan von Dame Edna.
  • Dame Eda 4. Oktober 2008, 9:44

    @ Christopher K:

    Du schreibst:
    > Angenommen der Friseur rasiere sich selbst - dann folgt daraus,
    > dass er sich nicht selbst rasiert, denn er rasiert ja gerade diejenigen, die dies nicht selbst tun

    > Ich habe schwierigkeiten dies als richtige Aussage zu akzeptieren und daraus ein Paradoxon herzuleiten.

    Naja, das ist ja auch keine "richtige Aussage" sondern einfach eine Schlussfolgerung.

    > Meines Erachtens ist diese Aussage falsch und fuehrt nicht zu einem Paradoxon.

    Ganz richtig, das ist einfach eine Schlussfolgerung, die ganz korrekt ergibt, dass die Annahme (also die Aussage: "Der Friseur rasiert sich selbst") falsch ist.

    Das ist aber erst die halbe Miete, denn wenn die Annahme falsch ist, dann muss die Negation (das "Gegenteil" davon) wahr sein (Tertium non datur, der Satz vom ausgeschlossenen Dritten).

    Wir haben also "bewiesen", dass sich der Frisör NICHT selbst rasiert - dann folgt aber aus der Voraussetzung, dass DIESE Aussage falsch sein muss; also muss die Negation wahr sein, d.h. er nimmt die Rasur eben doch selbst vor.

    Das Paradox liegt darin, dass die Aussage "Der Friseur rasiert sich selbst" weder wahr noch falsch sein kann, weil in jedem Fall das Gegenteil daraus folgt.

    "Lösen" kann man das nur, wenn man die Voraussetzung verbietet, also einfach sagt, der Friseur sei ein Lügner und er lasse sich heimlich jeweils von seinem Schwager rasieren.

    Aber das ist nur eine "Scheinlösung", denn wenn man nicht gleich alle Aussagen verbieten und damit die Logik praktisch ganz abschaffen will, muss man sich doch überlegen, WESHALB die Aussage des Friseurs ("Ich rasiere genau die Männer die sich nicht selbst rasieren") gar nicht "wahr" sein kann.
    In diesem Fall ist die Aussage zwingend falsch, wenn der Friseur selbst ein Mann ist, und das Paradoxon (die unbestimmtheit der Aussagen "Der Friseur rasiert sich (nicht) selbst") ist der Grund dafür.
    Im Falle des Lügnerparadoxons ("Ich Lüge") ist die Aussage selbst "unbestimmt".

    Man kann Paradoxien in der Logik nicht einfach "verbieten" ohne zu wissen, wann sie entstehen und was ein logisches Paradoxon überhaupt ausmacht. Es hilft auch nicht, zu hoffen (oder zu glauben), dass in der reinen Logik keine Paradoxien auftreten können.

    /Edna
  • Christopher K. 3. Oktober 2008, 13:14

    Angenommen der Friseur rasiere sich selbst - dann folgt daraus, dass er sich nicht selbst rasiert, denn er rasiert ja gerade diejenigen, die dies nicht selbst tun

    Ich habe schwierigkeiten dies als richtige Aussage zu akzeptieren und daraus ein Paradoxon herzuleiten. Meines Erachtens ist diese Aussage falsch und fuehrt nicht zu einem Paradoxon.

    Kannst Du mir die den Zusammenhang zwischen Annahme und Folgerung noch anders erklaeren?

    Eritis sicut deus, scientes bonum et malum :-)

    Chris
  • Dame Eda 14. April 2008, 8:02

    @0xFF
    Mit anderen Worten: Man könnte Paradoxien einfach "verbieten".
    Sicher, aber wo ist der Witz dabei? Einfach das Problem zu "verbieten", kann man wohl auch schwerlich als "Lösung" bezeichnen...

    Mal abgesehen davon, das ich mir bestimmt von niemandem verbieten lasse, mich selbst zu rasieren! ;-)

    /Edna
  • 0x FF 14. April 2008, 1:09

    "Es sind aber natürlich schon auch andere "Lösungen" denkbar"

    Z.B. könnte man die Bevölkerung in unterschiedliche Klassen oder "Typen" aufteilen. Nur wer in einer höheren Klasse ist darf Leute von geringerem "Typ" überhaupt rasieren. Niemand darf sich selbst rasieren. Damit hätte das Plakat so überhaupt nicht formuliert werden dürfen. Allerdings ist das wohl nicht sonderlich praktikabel ;-)))
  • Dame Eda 13. April 2008, 21:08

    @Frieda
    Ganz einfach. Ich hab' einfach eine Serie von Aufnahmen gemacht mal ohne, mal mit linkem Arm ausgestreckt, mal mit rechtem Arm ausgestreckt. Von jeder Pose mehrere Bilder gemacht und die passenden Arme dann freigestellt, noch ein bisschen in der Grösse angepasst und in das Bild ohne ausgestreckte Arme eingefügt.
    Die noch sichtbaren "überflüssigen" Arme und Hände noch kaschiert, indem diese Bereiche auch wieder mit einer anderen Aufnahme der Serie überlagert wurden, und fertig ist die Zauberei.

    Ich wünsch Dir viel Vergnügen beim Experimentieren - es macht wirklich Spass.. ;-)

    /Edna
  • Frieda Linse 13. April 2008, 20:23

    Mir gefallen Deine Spielereien!

    Bei diesem Bild wäre ich an Deiner Vorgehensweise interessiert, insbesondere die Umsetzung des aus dem Spiegel ragenden Arms...

    Ich würde das gern mal ausprobieren....
  • Dame Eda 13. April 2008, 14:47

    @Holger
    Im ersten Satz steht:
    "Ein Friseur, der in in der Stadt in der er wohnt einen kleinen Coiffeursalon .."

    Es sind aber natürlich schon auch andere "Lösungen" denkbar - so könnte der Barbier sich jeweils für die Dauer der Rasur einer Gehirntransplantation unterziehen, und dann seinen "alten" Körper rasieren. Er wäre dann für eine Weile auch nicht mehr "er selbst"...

    Aber es geht eigentlich nicht darum, mit irgendwelchen Tricks das Paradoxon "aufzulösen" - die Geschichte soll ja das Wesen eines "echten", unaflösbaren Paradoxons gerade verdeutlichen.

    Besonders spannend - aber eben nicht so anschaulich - sind die Pardoxien nämlich in der Mathematik. Oder besser gesagt, die "Konsequenzen" von Paradoxien für die Mathematik sind erstaunlich. Der Mathematiker Kurt Gödel hat nämlich mithilfe von paradoxen mathematischen Sätzen mathematische Wahrheiten gefunden, die sich nicht mit den Mitteln der Mathematik selbst beweisen bzw. herleiten lassen!

    Das hört sich vielleicht unspektakulär an, aber es hat das Verständnis der Mathematik (der Logik) und insbesondere der Begriffe "Wahrheit" und "Beweis" geradezu revolutioniert.

    Paradoxien zeigen die Grenzen der Logik - und damit auch unseres auf der Logik basierenden "Denkens" - auf. Manche tun sie deshalb als "nutzlos" ab und versuchen sie möglichst zu vermeiden und irgendwie "aufzulösen". Anderen sind sie ein Tor zu einer Welt jenseits der Logik; vielleicht sogar ein Wegweiser zu einer dem "logischen Denken" nicht zugänglichen "Wahrheit"...

    /Edna
  • Holger Born 13. April 2008, 8:44

    Wenn der Barbier nun seinen Hauptwohnsitz in eine andere Stadt verlegt und zu seinem Frisourladen pendelt, dann geht's ja auch ohne Geschlechtsumwandlung.

    Auf der Tafel steht ja:
    ""Ich rasiere genau die Männer _der_Stadt_, die sich nicht selbst rasieren"

  • Holger Born 10. April 2008, 22:10

    Also erstmal der Reihe nach.

    Das Bild ist echt gut - kleine perspektivische Fehler entdeckt man erst, wenn man genauer hinschaut.

    Die Sache mit dem Barbier ist super, die merk ich mir.
    Es gibt ja auch irgendwo die Sache mit dem Philosophen aus Kreta, der sagt: "Alle Kretaner sind Lügner", aber die krieg ich nicht mehr ganz zusammen.
    Aber denk mal drüber nach .....

    Zu Gödel, Escher und Bach:
    Ich kenn das Buch auszugsweise, hab's aber noch nicht gelesen - vielleicht mach ich's jetzt (Danke für die Inspiration)

    Escher hat mich immer fasziniert, das unmögliche Dreieck ist mein einziges Sternchen, anderre unmögliche Fotografien sind dort verlinkt.


    Danke für den Thread im Forum, sonst hätt ich das Bild wohl nicht gefunden

    LG HOlger

    Achja, für Escher&Co hab ich eine eigene Sektion vorgeschlagen (und sie wurde auch angelegt)
    Optische Täuschungen
    Optische Täuschungen

    Dummerweise sind nur wenige Bilder reingeladen worden, die der Sektionsbeschreibung entsprechen.

    Und nochwas: hat super gerendete Bilder à la Escher
  • Karl Peisker 9. April 2008, 9:55

    In jeder Hinsicht genial!
  • Dame Eda 8. April 2008, 21:44

    @alle
    Herzlichen Dank für eure Anmerkungen. Freut mich, wenn ihr an den Spielereien auch euren Spass habt.. :-)

    @Bernhard:
    Stimmt, eine Geschlechtsumwandlung wäre eine praktikable Lösung für das Dilemma des armen Barbiers...

    Der Widerspruch war natürlich von Russel sehr wohl gewollt, dafür hat er sich die Geschichte vom Barbier ja ausgedacht. Ungewollte Paradoxien gibt es natürlich in der Alltagssprache mitunter auch.

    Die Idee mit der Rasur und den schiefen Bildern ist zwar so konkret schon auf meinem eigenen Mist gewachsen - aber ich bin mir sicher, dass auch schon andere diese Idee hatten und umgesetzt haben.

    Allerdings wurde ich von einigen Quellen inspiriert, ganz besonders von Douglas R. Hofstadters Buch "Gödel. Escher Bach", durch meine eigenen Erfahrungen mit der Erzeugung und Visualisierung fraktaler Muster (schon viele Jahre her..) und nicht zuletzt durch einige Beiträge in den fc-Diskussionsforen. Den Anstoss zur fotografischen Thematisierung des Barbier-Paradoxons hat 0xFF gegeben.

    @0xFF:
    Danke für die Blumen - ich muss zugeben, dass ich von der Idee selbst ziemlich angetan bin - hatte aber auch eine wirklich schöne Vorgabe von Dir...
    Auf die Umsetzung habe ich keine allzugrosse Sorgfalt verwendet - hätte nicht übel Lust, die Szene mal richtig sorgfältig in einem Friseursalon aufzunehmen.

    Aber im Moment brüte ich schon ein bisschen an einer (foto)grafischen Umsetzung von "Hilberts Hotel" rum... ;-)

    /Edna
  • 0x FF 8. April 2008, 11:48

    Das ist GENIAL!
    :-)

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