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Sam Vincent


kostenloses Benutzerkonto, Wien

Wien und der Tod

Wien und der Tod: Das ist eine ewige Liebe. Ein besonderes Verhältnis zwischen sentimental-melancholischer Koketterie und nahezu inniger Intimität. Beim Heurigen wird vom Wein gesungen, der sein wird, wenn man nimmer sein wird. Eine „schöne Leich“, wie man ein repräsentatives Begräbnis mit großer Trauergemeinde nennt, gibt immer noch Anlass zum Schwärmen. Und Anfang November, zu Allerheiligen und Allerseelen, wenn der Toten gedacht wird, strömen Tausende hinaus zum Zentralfriedhof in Simmering, Europas größter Begräbnisstätte. Aber das ist eigentlich nur logisch: Denn die Wiener lieben das Leben. Also lieben sie auch den Tod, die andere Seite des Lebens.

Dass die Wiener im Vergleich zu anderen Großstädtern eine besonders enge Beziehung zum Tod haben, ist zwar ein Klischee – aber ausnahmsweise eines, das stimmt: Die Todessehnsucht hat in Wien Heimatrecht. Beim Heurigen kippt die sprichwörtliche Wiener Gemütlichkeit gern in eine abgrundtiefe Tod-Traurigkeit, der Zentralfriedhof ist eines der größten Naherholungsgebiete der Stadt. Die sterblichen Überreste der Angehörigen des Kaiserhauses ruhen in Grüften, in denen ein eleganter Hauch von Ewigkeit weht. Und ganze Museen mit Kuriositäten und Skurrilitäten rund um den Tod, der laut einer bekannten Heurigenmelodie sogar selbst ein Wiener ist, verbreiten wonnige Schauer.
Es kann kein Zufall sein, dass Sigmund Freud gerade in Wien den Todestrieb entdeckte und dass der in der Welt der Psychologie als Mr. Suicide bekannte Erwin Ringel hier 1948 Europas erstes Kriseninterventionszentrum gründete. Und in Wien schufen Johann Strauß Vater und Sohn, selbst geschüttelt von Ängsten vor Reise, Alter, Krankheit und Tod, eine Musik, die für immer unsterblich ist: den Wiener Walzer, unter dessen glückseliger Oberfläche ein bisschen Wehmut und Schmerz mitschwingen.

Kommentare 2

  • Sam Vincent 14. August 2005, 12:33

    übrigens: die Überstrahlung des Kreuzes war Absicht, denn es heisst ja, wer stirbt geht auf ein helles Licht zu. Das Kreuz hat auch tatsächlich stark geleuchtet, da es das Sonnenlicht stark reflektierte.
  • Sam Vincent 14. August 2005, 12:23

    Hi, ihr zwei!
    Also eine Woche wird sicher Zeit genug sein die meisten Wiener Sehenswürdigkeiten in Bezug auf Friedhof und Tod und Bestattung einen Besuch abzustatten.
    Wien hat da wirklich einiges zu bieten - ich werde bei nächster Gelegenheit mir einen anderen Friedhof vornehmen.
    Das schöne an der Beziehung der Wiener zum Tod ist halt die Einstellung - alles ist irgendwie nicht so tragisch. Klar stirbt jemand leiden wir wie jede anderen Menschen auch, aber andererseits heisst bei uns der Herzinfarkt vulgo "Herzkasperl"...

    Also ihr werdet sicher unzählige Motive finden hier in Wien. Also wenn ihr mal in Wien seid, dann schickt eine Mail in mein FC Postfach.
    Ciao
    Sascha

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