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Ars moriendi


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Mein Himmel

Wie ist der Himmel doch so weit
Entfernt von mir mit seinen Sternen!
Er baut zur Grenzenlosigkeit
Sich auf durch unmeßbare Fernen.
Es reicht mein schwacher Blick nicht hin,
Mir nur die nächste Welt zu zeigen;
Ich fühle, daß ich Erde bin,
Nicht wert, zu ihr empor zu steigen.
Wie ist der Himmel doch so nah!
Er strahlt in mir mit tausend Sternen.
Fühl ich ihn nicht, er ist doch da;
Ich muß ihn nur erfassen lernen.
Die ganze Unermeßlichkeit
Der Liebe darf ich in mir tragen;
Es hemmt sie weder Raum noch Zeit,
Mich auf zu Gott, dem Herrn zu tragen.
Unendlich und doch endlich ist
Der Himmel um die kleine Erde,
Doch du in meinem Herzen bist
Der, den ich ewig haben werde.
Was andern Himmeln drohen mag,
Dir hat es nicht und nie zu gelten:
Für dich giebts keinen letzten Tag
Und keinen Untergang der Welten.
Wie ist der Himmel doch so weit,
Und wie so nahe kann er liegen,
Wenn über unsre Blödigkeit
Der Glaube und die Liebe siegen.
Ich blick empor; ich schau in mich;
Dort darf ich nichts, hier Alles hoffen.
Mein Gott und Herr, ich bitte dich,
Erhalt mir diesen Himmel offen!
© Karl May

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