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Geflüster im Nichts

Geflüster im Nichts

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Horst Waschinski


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Geflüster im Nichts

In der stillen Weite einer verlassenen Stadt, die einst vor Leben pulsierte, erhebt sich eine riesige Halle wie ein Mahnmal der Verzweiflung in den düsteren Himmel. Die Wände sind blendend weiß, das Dach fehlt, sodass der sternenklare Himmel direkt in den Raum blickt. Der Mond wirft sein kaltes Licht auf die Szene und enthüllt die Spuren einer vergangenen Katastrophe.

Amalia steht in Erwartungshaltung im Vordergrund, ihr Gesichtsausdruck nachdenklich und betrübt. Ihre blauen Augen haben aber eine Klarheit, die von ihrer inneren Stärke zeugt. Ihr Haar fällt über ihre Schultern und verleiht ihr eine ausdrucksvolle Präsenz.
Hinter ihr, wie eine Armee von Gespenstern, drängen sich weitere junge Frauen. Sie stehen still, ihre Gesichter ein Ausdruck der gleichen trostlosen Leere, die Amalia umgibt. Es sind ihre Freundinnen, Nachbarn, Schwestern – alle verändert, alle gebrochen.

Der Wind pfeift durch die offenen Mauern der Halle, ein gespenstisches Heulen, das die Stille durchbricht. Es klingt, als würde die Welt selbst ihr Leid klagen.

Amalia erinnert sich an die Zeit vor der Katastrophe, als Lachen, Gespräche und das Rauschen des Lebens die Luft füllten. Doch das war vor dem Experiment.

Die Regierung hatte einst versprochen, ihre neue Technologie würde der Menschheit dienen, eine Zukunft ohne Leid ermöglichen. Sie entwickelten ein Gerät, den „Harmonisierer“, das menschliche Emotionen stabilisieren und Aggressionen eliminieren sollte. Doch statt Frieden brachte es Verlust – den Verlust von Individualität, von Leidenschaft, von allem, was das menschliche Erleben ausmacht.

Die jungen Frauen in der Halle waren unter den ersten Testpersonen gewesen. Die Maschine hinterließ sie leer, ihrer Seelen beraubt, nur noch Schatten ihrer selbst.

Amalia hatte widerstanden, nicht weil sie stärker war, sondern weil ihre Maschine während des Prozesses eine Fehlfunktion erlitt. Sie ist die einzige, die noch fühlen kann, die einzige, die sich erinnert.

In der kalten Umarmung der Nacht, umgeben von den leeren Hüllen derer, die sie einst liebte, fasst Amalia einen Entschluss. Sie will das Schweigen brechen, sie will kämpfen, um ihre Freunde zurückzugewinnen, um ihre Welt zurückzufordern. Mit nichts als ihrer zerbrechlichen Hoffnung macht sie sich auf den Weg, den Harmonisierer zu zerstören, das Gerät, das alles genommen hat.

Die Nacht wird lang sein und der Mond wird schweigend ihr Vorhaben beobachten. Sie wird durch die verlassenen Straßen wandeln, jede Ecke ein Echo vergangener Tage. Der Kampf, den sie aufnehmen wird, ist mehr als nur eine Mission; es ist ein Aufstand gegen das Ende der Menschlichkeit selbst.

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