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(003) es geht hinaus

(003) es geht hinaus

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Michael K. Trout


kostenloses Benutzerkonto, Lebensfroh

(003) es geht hinaus

Ich sehe die Welt mit neuen Augen. Gerade habe ich meinen alten Platz verlassen, habe mich aufgerafft, die Dinge hinter mir gelassen, die mir die Sicherheit gaben, die mir vertraut und gewohnt waren, die mir die Bequemlichkeit gaben und somit Sicherheit versprachen.
Ich habe mir eine neue Hose angezogen, vielleicht zwickt sie ein wenig im Schritt, habe ein Hemd angezogen, das seit Jahren in meinem Schrank hing, ein Hemd, das ich mir zugelegt hatte um größer, schöner und besser zu wirken und das ich nie getragen habe.
Die Hose, so ein schönes Stück Jugendlichkeit passt mir nicht richtig, hebt aber mein Gesäß hervor, Frauen stehen auf Männerärsche, macht mich zum Mann von Welt oder unserer Kleinstadt. Auch egal, es ist jetzt die Hose des Tages.

Mir ist klar, ich muss ausziehen aus meiner kleinen Welt, ausziehen aus meiner Wohnung, in der Muff einer bequemen Sicherheit hängt, ausziehen aus meiner eigenen Haut.
Hier, am Wegesrand sehe ich über das spätsommerliche Feld und mir kommen Zweifel an meinem Vorhaben das lustvolle Locken der Weiber zu finden, vielleicht finde ich ja eine lustvolle Frau, oder nur eine Lustvolle. Nur eine Frau finden, das will ich nicht. Das wäre ein Wechsel von Bequemlichkeit zu Bequemlichkeit, ganz schnell wäre ich wieder in einer Wattewelt, die einzige Änderung wäre, dass diese Frau mir sicherlich jeden zweiten Tag oral einen Orgasmus zufügt und im Nachgang darum bittet, dass ich auf dem Balkon rauchen, oder ganz die Zigaretten meiden soll. Nein, ich will rauchen und hier auf dem Feld, zwischen den Herbstgräsern und Disteln gibt es keinen Rotwein.
Trotzdem ist es schön, macht mich frei, dass ich auf dem Feld sitze, den Abgesang des Sommers schmecke und eine Ahnung der unbequemen Freiheit in der Luft hängt.
Gestern haben die Frauen ihren Männern noch die Butterbrote geschmiert, ihnen zum Abschied eine Kuss auf die Wange gegeben und sie dann zur Arbeit geschickt. Was macht eine Hausfrau am frühen Morgen mit ihrem Arsch? Sie schickt ihn auf die Arbeit.

In meinen Romanen haben diese lustgierigen, reichen Jünglinge im Büro nach der ersten Besprechung die Sekretärin vernascht. Eine Praline zum Frühstück, eine Zittern in den Lenden, weiche Knie und den Duft der heimlichen Pforten an den Fingern zogen sie los um noch mehr Geld zu verdienen und am Abend zur schmachtenden Ehefrau zurück zu kehren, die am Vormittag, nach der Tennisstunde, den Sohn des Golflehrers auf eigene Art unterrichten um dabei einen Lustgewinn der eigenen Art zu gewinnen.
Alles Gewinner, jeder auf seine Art und nur lebensfähig in meinen Romanen. Sie werden mich vermissen, alle werden mich vermissen. Die gierigen Jünglinge, die gierigen Ehefrauen der Jünglinge, die Sekretärinnen, die Tennisclubs, Söhne der Golflehrer und die Hausfrauen, die von dem allem träumen. Letztere werden ihre Groschen sparen, die sie für meine Groschenromane ausgegeben haben und in ein Lehrbuch für Golf investieren, weil sie dann den Golflehrer beeindrucken wollen, damit er sie dem Sohn vorstellt, der ja jetzt keine Beschäftigung mehr hat, seit die gierigen Ehefrauen der gierigen Jünglinge nicht mehr in meinen Romanen beschäftigt sind.

Ich zünde eine Zigarette an, blase den Rauch in den Himmel, fühle mich frei und beobachte die Gräser, die sich leicht und scheinbar schwerelos im kaum spürbaren Wind wiegen. Ich suche nicht die Hausfrauen, nicht die Ehefrauen, wobei die Ehefrauen ja im gewissen Sinn auch Hausfrauen sind, wen sie nicht gerade auf dem Tennisplatz stehen oder mit dem Sohn des Golflehrers im Bett liegen. muss man für das Erleben der Lust im Bett liegen? Nein, die reichen Jünglinge treiben es mit der Sekretärin auf dem Schreibtisch. Sekretärinnen suche ich auch nicht.
Ich suche die erotische Frau.

Wer ich bin, steht im Profil.
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Kommentare 8

  • I nimmermehr l 12. September 2005, 15:46

    ... ja, vermutlich braucht man den abstand, der durch den weg entsteht ... um dann den weg zurück zu finden, zurück zu sich. vielleicht auch nicht mal zurück, sondern um sich zum ersten mal zu finden.
    grad heute morgen hörte ich wieder, was mozart beim tod seiner mutter sagte:
    "sie starb, ohne etwas von sich zu wissen."
    das finde ich richtig schlimm!
  • Michael K. Trout 12. September 2005, 8:16

    ... aber nur, wenn man schon auf dem Weg ist.
  • I nimmermehr l 12. September 2005, 7:13

    ... man kann auch stehen bleiben und in sich hinein horchen. aber das kann auch unbequem sein!
  • Michael K. Trout 11. September 2005, 22:44

    ... und man(n) muß sich von seinem bequemen Ort entfernen, um ein Sehen zu erlangen.
  • I nimmermehr l 11. September 2005, 21:06

    @ rosalie:
    das ja, aber es zu sehen, ist das schwierige
  • Model Lie 11. September 2005, 20:09

    Ist nicht jede Frau auf ihre ganz besondere persönliche Weise erotisch? LG Lie
  • I nimmermehr l 11. September 2005, 16:13

    ich mag übrigens auch das bild.
    der satz "ich suche die erotische frau" lässt mich überlegen, was das wohl ist. steht das z.b. in einem lexikon, ist es also ein feststehender begriff ... oder ist das etwas sehr subjektives? gibt es orte, wo sich derartige wesen bevorzugt auffhalten? kann man sie leicht erkennen oder entpuppen sie sich erst als solche, wenn man sie weckt? eine schwierige angelegenheit, die des nachdenkens bedarf!!
  • Christian Mueller 11. September 2005, 0:16

    Erotische Frauen die Dir orale Befriedigung auf dem nach Sommer schmeckenden Feld schenken und danach einen kräftigen Zug an der Zigarette nehmen während sie das Rotweinglas in der Hand halten...

    ich pack noch ne Stulle extra ein das wird eine lange Wanderung *g*

    liebe grüße und Danke für die gute Nacht Geschichte

    Christian