Schattenjaegerin


Premium (Pro), Radebeul

Nachtmahr

Merseburger Rabe





Der Rabensage nach besaß Bischof Thilo einen goldenen Siegelring. Eines Morgens ließ er ihn am offenen Fenster liegen und bemerkte nach kurzer Abwesenheit den Verlust des Ringes. In seinem Zorn bezichtigte er seinen langjährigen Diener des Diebstahls und traf eine folgenschwere Entscheidung.

Obwohl der Diener heftig seine Unschuld beteuerte, ließ er ihn in den Kerker werfen und hinrichten. Nach einer Gewitternacht musste an einem der Türme des Schlosses die Dachverkleidung erneuert werden. Hoch oben wurde in einem Rabennest der Siegelring des Bischofs entdeckt. Somit war die Unschuld des treuen Dieners erwiesen, und Tilo von Trotha ließ als Mahnung, kein Urteil im Jähzorn zu fällen, im Schlosshof einen prächtigen Vogelbauer errichten. Ein Kolkrabe büßt seither für den Diebstahl in einem Käfig im Schlosshof.

Die Zeitgenossen des Bischofs Thilo wissen von dieser Geschichte jedoch nichts zu berichten, was gegen die Richtigkeit der Erzählung mit Bezug auf die Person Thilos spricht. Ganz im Gegenteil schildern Chronisten den Kirchenfürsten sogar als einen Mann von Umsicht, Mäßigung, Selbstbeherrschung und Milde. Bei einem solchen Charakter erscheint die der Sage zugrunde liegende Handlung geradezu undenkbar.

Auch heraldische Bedenken sprechen dagegen, daß der Bischof Veranlassung zu der Sage gegeben hat, da sich doch nachweislich der Rabe mit dem Ring, schon ehe jene Ungerechtigkeit begangen sein konnte, im Wappen der Familie v. Trotha befand.



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