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La Jetée


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[ untertitel ]
k o n s t r u k t i o n | h o h e n z o l l e r n b r ü c k e
[ o d e r ]
w o r m . i n . m y . b r a i n
[ geringfügig manipuliert ]


Bei der Entscheidung, wie ein Bild aussehen sollte, bei der Bevorzugung einer von mehreren Aufnahmen zwingen die Fotografen ihrem Gegenstand stets bestimmte Maßstäbe auf. Auch wenn es in gewisser Hinsicht zutrifft, daß die Kamera die Realität einfängt und nicht nur interpretiert, sind Fotos doch genauso eine Interpretation der Welt wie Gemälde und Zeichnungen.
Daß es genug Beispiele für relativ unkritisches, wahlloses oder unambitioniertes Fotografieren gibt, macht das Didaktische des ganzen Unternehmens nicht geringer. Gerade die Passivität - und Allgegenwart - der fotografischen Aufzeichnung ist die "Botschaft" der Fotografie, gerade darin liegt ihre Aggressivität.
...
Jedem Zücken der Kamera wohnt Aggressivität inne.
...
Von Anfang an war die Fotografie bestrebt, soviele Motive wie nur möglich einzufangen. Die Malerei hatte niemals eine derart enorme Spannweite. Die spätere Industrialisierung der Fotografie verwirklicht nur das Versprechen, das diese von Anfang an gab : jede Erfahrung durch ihre Übersetzung in Bilder zu demokratisieren.
...
Erst durch ihre Industrialisierung wurde die Fotografie zu einer eigenständigen Kunst.


: aus
Susan Sontag - Über Fotografie
Essays
ISBN 978-3-596-23022-8


http://www.youtube.com/watch?v=733w48ODqCU

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Kommentare 4

  • La Jetée 12. April 2012, 14:18

    Hallo Mira,
    [nun endlich meine Rückantwort ...]
    Eines vorweg : dieses Zitieren hat natürlich immer den Mangel, dass die Gedanken ein wenig | etwas aus dem Gesamtkontext gerissen werden.

    a. Ich habe Susan Sontag so verstanden, dass sie [hier auch im Vergleich zur Malerei, mit der die Fotografie anfangs durchaus auch in Konkurrenz stand, also gewissermaßen historisch betrachtet], eine, zugegeben sehr allgemeine Aussage über die "neue" Kunstform Fotografie trifft. Und sie ist der Ansicht, dass die Fotografie [insgesamt - nicht einzelne Fotografen !] rasch die unglaubliche Spannweite ihrer Möglichkeiten entdeckte, somit bestrebt war, die Welt einzufangen.
    … ich möchte hier noch einmal kurz auf das Zitat unter meinem Bild 01 In Platos Höhle hinweisen. Dort heißt es u. a. „Fotografien sammeln heißt die Welt sammeln“ und dies deutet m. E. darauf hin, dass Fotografie ein anderes Abbild(en) von Realitäten (oder Welt) ermöglicht (hat). Im Weiteren wird in ihren Essays natürlich auch verdeutlicht, dass jede/r Fotografen/in eigene Sichtweisen, Herangehensweisen, fotografische „Philosophien“ und bevorzugte Stile u. s. w. entwickelt (ich würde sagen, sofern er/sie sich damit auseinandersetzt …). Und somit widerspricht meiner Ansicht nach der von dir geäußerte Standpunkt, den ich im Übrigen ähnlich sehe, nicht den Zitaten unter der Fotografie.

    Diese Möglichkeiten (des Abbildens „eigener“ Realitäten) –so habe ich es verstanden- sind zugleich das „Versprechen“, das die Fotografie bereits in den Anfängen gab. Und zugleich sind Fotografien Interpretationen der Welt … hier kommt das subjektive Element (die Fotografin/der Fotograf) ins Spiel.

    b. Zu deinem zweiten „Einwand“ bzgl. Industrialisierung möchte ich folgendes sagen : Ich habe in diesem Zusammenhang vor allem an den technischen Fortschritt und besonders an die Verfügbarkeit gedacht. Während anfangs die Apparaturen groß, unhandlich und teuer waren (… ein „Spielzeug“ für diejenigen, die es sich leisten konnten), die Möglichkeiten der Bildentwicklung und –gestaltung gering, ist dies heute anders. Denke bitte nur einmal an die neuen fotografischen Möglichkeiten und Trends (z. B. I-phonographie …), die dann auch direkt die Software für die Bild“verfälschung“ … *räupser*, Bildbearbeitung mitliefern und es in fast wörtlichem Sinne jederfrau, jedermann und jedemkind ermöglichen, nicht nur ein (eigenes) Abbild der Realität zu erschaffen, sondern sogar fast unbegrenzte Möglichkeiten der „künstlerischen“ Gestaltung zur Verfügung stellen. In diesem Sinne der (Massen-)Verfügbarkeit findet bzw. hat m. E. tatsächlich eine Demokratisierung von Erfahrungsvermittlung mittels Bilder (Fotografien) stattgefunden.
    Das auch dies ein möglicherweise ein „Versprechen“ von Fotografie ist/war, wird vllt. deutlich in dem Zitat von Susan Sontag (bzw. hier Kodak *gg*) unter meinem Bild 01 Objekte der Melancholie: „…Sie drücken auf den Knopf, alles andere erledigen wir."
    Ich muss fairerweise natürlich sagen, dass Susan Sontag die zitierten Essays v o r der Digitalisierung der Fotografie geschrieben hat, jedoch bin ich der Ansicht, dass ihre Aussagen auch schon in den 80/90er Jahren ihre Berechtigung hatten.

    c. „Erst durch die Industrialisierung wurde die Fotografie zu einer eigenständigen Kunstform“ … hier fehlt vllt. das Wort „etablierten“. Denn Kunst war die frühe Fotografie sicher auch, ob dies allerdings bereits ihre (vorrangige) Intention war, darüber ließe sich sicher streiten.

    Es besteht jetzt die Gefahr, dass ich hier meine vielen weiteren Gedanken zu diesen Themen zum Besten gebe … dieser möchte ich n i c h t erliegen. Auch wenn sich über Susan Sontag´s Gedanken in den Essays vorzüglich debattieren ließe, so sind sie doch –zumindest für mich- sehr anregend und ich kann das Büchlein nur empfehlen : es lohnt sich.

    Ich danke dir sehr für deine Gedanken und deine Auseinandersetzung mit den Zitaten … und sende dir
    LG, Reiner
  • La Jetée 5. April 2012, 18:32

    Liebe Mira,

    jetzt bin ich gerade zur Türe herein ... und bin sehr angetan über deine Gedanken zu dem Text ! Ich möchte und werde dir ebenso gerne antworten. Gestehe mir bitte zu, dass ich dies nicht gleich/sofort tue. Hier "warten" ein paar Aufgaben auf mich.
    Auf jeden Fall schon einmal vielen Dank !
    LG, R.
  • Mira Culix 5. April 2012, 17:28

    Ok, nun habe ich es zwar noch nicht sogaaaanz gründlich durchdacht, aber ich habe die Sätze gefunden, bei denen ich Zweifel hege.
    1. ...
    Von Anfang an war die Fotografie bestrebt, soviele Motive wie nur möglich einzufangen.
    2. ...
    Erst durch ihre Industrialisierung wurde die Fotografie zu einer eigenständigen Kunst.

    Das stimmt meiner Ansicht nach beides nur bedingt und ist mir zu pauschal. Da werden verschiedene Arten von Fotografie in einen Topf geworfen.

    Von Anfang an gab es Fotografen, die nicht nach Masse strebten. Und zur eigenständigen Kunst wurde die Fotografie auch nicht durch ihre Industrialisierung. Die Industrialisierung machte die Fotografie zu einer d e m o k r a t i s c h e r e n Kunstform als die Malerei, so wie der Buchdruck gegenüber der Handschrift. Die Vervielfältigung (fast) exakt gleicher Werke geht schneller, die handwerkliche Seite von Fotografie und Druck ist leichter zu erlernen als die von Malerei und Kalligraphie, die Kosten sind geringer, so dass sich mehr Leute diese Kunstform leisten können. Aber als eigenständige Kunstform bestand die Fotografie schon in ihrer absoluten Anfangsphase, bevor sie industrialisiert wurde.

    So, nun habe ich genug "kluggesch...". :-)
  • Mira Culix 5. April 2012, 13:27

    Hm, jetzt habe ich den Text gelesen, und irgendwas stört mich daran, obwohl viel Wahres dran ist. Aber ich habe es noch nicht präzise genug zu Ende durchdacht, um diesen "Splitter" richtig benennen zu können.
    LG mira