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  • Der Westzipfler 30. August 2020, 15:12

    "In meinen Augen sind Innensenator und Richter nicht ihrem Amt gewachsen, sie sollten zurücktreten."

    Dem ersten Teil Deiner Aussage würden mutmaßlich sogar die Rechten und Rechtsextremisten unwidersprochen zustimmen! Es gab in den SM schon gestern Versuche von Rechts, den Unmut 'der anderen Seite' über das Scheitern von Geisel und den Ärger über die Richter wiederum auf ihre politischen Mühlen zu lenken. Dieser Ärger von demokratischer Seite passt nämlich ganz wunderbar zu ihrer Strategie der Verächtlichmachung  und Diffamierung unserer demokratischen Institutionen. Also, quasi eine Win-Win-Win-Situation!
    Ich kann nicht erkennen, was Geisel groß falsch gemacht haben sollte (außer der unüberlegte und taktisch unkluge Satz mit der 'Bühne', die er den Rechten nicht bieten wolle)! Er hat es immerhin versucht! Und die Richter haben nun einmal so entscheiden wie sie entscheiden haben. Man kann selbst nicht für sich und andere Demokratie und Rechtsstaatlichkeit im Munde führen, aber dann zugleich die Eignung der Richter direkt in Zweifel ziehen, sobald diese ein Urteil gefällt haben, das einem subjektiv falsch erscheint und missfällt. Da muss man dann, als guter Demokrat, auch mal konsequent sein und ein solches Urteil akzeptieren, auch wenn es einem nicht behagt. Eine politische Gesinnungsjustiz wie z.B. in Russland oder Polen (wo der zuständige Justizminister in Personalunion zugleich Generalstaatsanwalt ist), die von der Regierungsebene irgendwelche Vorgaben und Ansagen  für irgendwelche politischen Urteile gemacht bekommt, möchte ich hierzulande auch tunlichst nicht mehr sehen und haben!
  • smokeonthewater 30. August 2020, 15:27

    Westzipfler, Geisel hat den Fehler begangen, sich beim Verbot nicht auf die aktuellen Corona-Gesetze zu berufen (Großveranstaltungsverbot, Teilnehmer nur bis 500), sondern nur auf GG Artikel 2 Gesundheitsschutz, also den Infektionsschutz der Teilnehmer. Das war zu schwach. Zudem hat er noch seine Gesinnung ausposaunt, wo das demokratische Dogma der Richter reflexartig einhakte.
    Und die Richter haben versagt, weil sie die bestehenden Gesetze ebenfalls ignoriert haben. Das hätte jeder Jurastudent besser gemacht. Wie Anne sagt, müsste man dann auch Fußballspiele und Konzerte genehmigen, wenn diese Gesetze offenbar keine Rolle spielen.
    Wie will man das jetzt den Bürgern vermitteln: Demonstrieren und Randalieren mit Ansage erlaubt, Sport- und Konzertbesuche aber nicht? Da kann ich dann nur den irritierten Demonstranten zustimmen, die einfach und plausibel erklärt bekommen wollen, was in diesen Zeiten abläuft.
  • Der Westzipfler 30. August 2020, 15:47

    "Wie will man das jetzt den Bürgern vermitteln: Demonstrieren und Randalieren mit Ansage erlaubt, Sport- und Konzertbesuche aber nicht?"

    Juristisch werden politische Demos (die unter das Versammlungs- und Demonstrationsrecht fallen und somit grundgesetzlich besonders geschützt sind) nun einmal anders und höher bewertet als Großveranstaltung, die lediglich dem Volks-Amüsement und der Unterhaltung dienen (und somit  auf Basis des Infektionsschutzgesetzes viel leichter untersagt werden können, weil diese nicht 'verfassungsrelevant' sind).  Das 'schmeckt' mir persönlich zwar auch nicht, ist aber nun einmal so (bislang wurden übrigens rund 90% der behördlichen Demo-Verbote von den Gerichten wieder kassiert). Mir persönlich will es z.B. auch nicht so recht einleuchten, warum ich bei meinem ALDI-Einkauf oder beim Bummel durch die Büsumer Fußgängerzone MNS tragen und Abstand halten muss, aber mehr als 30.000 Demonstranten in Berlin müssen dies hingegen nicht., i.G., sie dürfen sogar ganz bewusst und vorsätzlich dagegen verstoßen, und das sogar quasi 'mit Ansage' und mit richterlichem 'Segen' von oben. Diese seltsame 'Logik'  (und das ist ja nur eine der vielen Widersprüchlichkeiten dieser Tage) kann man niemandem wirklich nachvollziehbar vermitteln und einleuchtend erklären. Warum z.B. hat man die Gedenkdemo letztes Wochenende in Hanau verboten, die Demo in Berlin hingegen nicht? Haben die Richter in Berlin doch Ermessensspielräume weiter ausgelegt, um gesellschaftliche Konflikte nicht weiter eskalieren zu lassen?
  • smokeonthewater 30. August 2020, 16:12

    Westzipfler, Du sagst es: Hanau wurde verboten, Berlin nicht. Es geht also doch. Beides waren politische Demos, aber mit zweierlei Maß beurteilt.
    Ich verstehe nicht, dass die Versammlungsfreiheit ein höheres Gut sein soll, wenn davon akute Infektionsgefahr für die gesamte Bevölkerung ausgeht. Das Recht von 22000 (offiziell 38000) über das Recht von 84 Millionen auf Gesundheitsschutz – ebenfalls laut Grundgesetz? Wo ist da die Verhältnismäßigkeit? Und ist die Wirtschaft nicht schon geschädigt genug?
    Da waren viele Kinder mit dabei, manche saßen auf den Schultern von Papi, so richtig die Nase in der Aerosolwolke – nachher werden wieder die Klassen oder Schulen geschlossen.
    Auch bei Ermessensspielraum halte ich das Berliner Urteil für falsch. Zumal man sich schon mal am 1. August verarschen ließ.
    Was sagen die Künstler dazu, die weiterhin auf Publikum verzichten müssen? Das ist genau der unlogische Schlingerkurs, den die Demonstranten der Politik vorwerfen. Und so bringt man auch noch die loyale Mehrheit gegen sich auf.