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Was bleibt  (Hommage à Jan Peter Tripp)

Was bleibt (Hommage à Jan Peter Tripp)

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KGS


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Was bleibt (Hommage à Jan Peter Tripp)

Bühl, Oktober.2007
http://de.wikipedia.org/wiki/Jan_Peter_Tripp

Aufnahme in einer alten Maschinenhalle
(FinePix f40fd, diffuses Raumlicht)

Kommentare 31

  • Walter Zeis 19. Dezember 2007, 15:15

    Oh, welche Power haben Leute, wenn sie solche langen Anmerkungen schreiben können!!?? Da komm ich nicht (mehr) mit. Kurz: ich nenne so etwas ein "sprechendes" Bild.
    LG Walter
  • Biggi Oehler 15. Dezember 2007, 15:11

    Stimme da Micha voll zu. Das hast Du klasse gesehen.
    LG.
    Biggi
  • KGS 13. Dezember 2007, 22:29

    Als kleiner Nachtrag, da das Bild gleichzeitig auch als Hommage à Jan Peter Tripp gedacht war, ein paar Hinweise zum Künstler aus Internet und Literatur:

    Jan Peter Tripp wurde 1945 in Oberstdorf im Allgäu geboren. Er studierte Bildhauerei an der Akademie Stuttgart und Malerei an der Akademie Wien bei Rudolf Hausner, dessen Meisterschüler er war. In den siebziger Jahren wurde Tripp durch Bilder bekannt, die einerseits beinahe fotorealistisch gemalt waren, den Betrachter aber andererseits mit manchen Rätseln zurückließ. Daneben entwickelte der heute in Mittelbergheim im Elsass lebende Künstler eine intensive, psychologisierende Porträtkunst, die kaum Vergleichbares in der europäischen Moderne nach 1945 hat.
    (nach: Galerie Dorn, Stuttgart)


    … „Wer nicht unter Strom steht, sieht zwar was, deutlich genug sogar, aber er sieht mit leeren Augen, es bewegt sich nichts, ihn bewegt nichts.“

    … „Wir haben Zeitmaßsysteme, die unser Bewusstsein nicht mehr erreichen: Nanosekunden. Aber Sekunden, Minuten, Stunden, Tage, Wochen, Jahre sagen uns auch nichts, wenn sie kein Erinnern, kein Erleben, kein Erfüllen gebracht haben.“

    … „Jan Peter Tripp ist ein Ausnahmefachmann der Malerei. Für vieles Unbeachtete, dem er seine ganze Beachtung widmet. Für das Portrait, für die Natur, für das Still-Leben. Für das Leben, das gestillt ist, ruhig gestellt, entschleunigt. Das damit ein ganz anderes lebbares und erlebbares Leben wird.“

    (Kurt Weidemann in: Jan Peter Tripp. Centrales & Occasionelles, Schwarzwaldverlag, 2000)

    Auch ein Bild, das als Hommage hätte gelten können, da es im Stil einer fotorealistischen Arbeit Tripp's fotografiert wurde.


    Mittelbergheim; nebenan:
    Elsass (Mittelbergheim)
    Elsass (Mittelbergheim)
    KGS
  • E. W. R. 13. Dezember 2007, 17:41

    Liebe Kerstin, gestatte mir eine vergleichsweise kurze Antwort, da ich mit dem, was Du ausführst, völlig d’accord gehe. Da nun das Leben faktisch eine subjektiv aufgrund der Bewusstseinsfähigkeiten erlebte Angelegenheit ist, wäre auch Raum für eine radikal subjektive Sicht der Dinge. So muss ich mich beispielsweise nicht darum scheren, wenn Menschen in meiner beruflichen Umgebung den lieben Gott einen guten Mann sein lassen. Ich muss aber auch nicht bei allerlei akademischem Allotria mitmachen. Soweit ich mir meine eigenen Maßstäbe gebildet habe, handle ich nach diesen und lasse mich von Anderem nicht anfechten. Solange es nicht den eigenen Aktionsradius beschneidet. Das ist allerdings in der Praxis ein Problem, je nachdem, wie die Abhängigkeiten beschaffen sind. Nun, Einstein hatte im Leben auch nicht nur Erfolge, ganz im Gegenteil. Aus der Sicht meines Bewusstseins sind das aber auch nur Geschichten, die mir erzählt werden, und welche ich so verstehe, und welche ein anderer anders in sein Leben einbaut. Es ist auch wahrscheinlich gar nicht gut, als Einzelner gleich dem Mantel der Geschichte eine neue Farbe oder ein neues Muster verpassen zu wollen. Vernünftig und menschlich Handeln in dem Rahmen der Möglichkeiten, die man hat, ist bereits viel. Warum geben wir nicht auf? Manche geben auf. Aber phylogenetisch ist der Mensch Mensch geworden, weil er einen Anspruch hat, der über das jeweils Seiende hinausgeht, und solange das für den Einzelnen auch gilt oder er es für sich gelten lässt, ist die „selige Verblödung“ kein Weg. Und vielleicht will er ja diese Haltung auch an Andere weitergeben, damit sein Ich auch ein Du bekommt oder viele Dus, mit denen er sich austauschen kann, um weiterzukommen. Gut, die Formulierung habe ich heute beim Augenarzt im „Stern“ gelesen, aber gut finde ich sie. Eckhard
  • KGS 13. Dezember 2007, 12:46

    Lieber Eckhard, herzlichen Dank für diese wunderbare Besprechung des Bildes. Könnte man nach diesem tiefen Gedicht von Ingeborg Bachmann nun nicht das Bild nehmen und sich in eine stille Ecke setzen und darauf warten, dass die Nacht der Traurigkeit oder der Depression einen einhüllt?

    Es sind ja nicht nur unser Leben und der Tod, die uns als solche beschäftigen, und die in der Diskussion unter diesem Bild bereits mehrfach angesprochen wurden, weil sich die Menschen damit auseinandersetzen. Es sind vielmehr auch die täglichen Bezüge, die immer wieder Anlass zum Nachdenken geben.
    Es betrifft so viele Dinge, die wir mit zunehmender Erfahrung immer bewusster wahrnehmen, kritisch und nachdenklich werten, seien es tiefe persönliche Einschnitte oder der zwischenmenschliche Bereich, seien es gesellschaftlich-politische Entwicklungen, die Gesamtproblematik der Globalisierung, die bedrohlichen Klimaveränderungen usw.. - Oder, wie schwer wiegt beispielsweise die Erkenntnis, fachlich im Beruf Dinge voranbringen zu können und in bestimmten Bereichen gleichzeitig feststellen zu müssen, dass man Menschen um sich hat, die den „Dienst nach Vorschrift“ bevorzugen, die geistig vielleicht auch gar nicht in der Lage wären, Perspektiven zu erkennen oder herauszuarbeiten, Neid zu spüren, wenn man Erfolge hat, weil man Dinge anders angeht und als Ergebnis im Aktionsradius beschnitten zu werden.
    Man könnte weitere Beispiele anfügen.
    Also, WAS BLEIBT irgendwann von all diesen Idealen übrig, wenn die Kraft oder die Motivation nachlässt, den Stein immer wieder den Berg hinaufwälzen zu wollen?
    Könnte sich dieses Bewusstsein, wenn wir es als Ganzes für unsere alltägliche Umgebung nehmen, dann nicht auch auswirken auf unser Selbstbewusstsein? Wenn wir sehen, dass wir, wenn wir nicht gerade über geniale Begabungen wie Einstein, Mozart o.a. verfügen, im geschichtlichen Kontext als Einzelner eigentlich recht wenig bewirken können? Und wäre der „Unverstand“ dann nicht manchmal die bessere Alternative, mit dem es sich einfacher leben ließe? Warum geben wir eigentlich nicht auf, wenn wir all das erkennen?

    Ingeborg Bachmanns Gedicht erscheint auf den ersten Blick sehr traurig, weil es eine tiefe Hoffnungslosigkeit ausdrückt und eine große Abhängigkeit von einem „Kreuz“ aus Beziehungen verschiedenster Art, die sich gegenseitig behindern können. Indem es uns berührt, zeigt es aber auch, wie wichtig uns die Dinge des Lebens sind. Es ist wohl vor allem die Liebe, die uns am Leben erhält, die Liebe zum Leben als solchem in all seinen Formen, die uns Hoffnung und Freude macht, auch wenn wir ungefragt kommen, um zu vergehen und irgendwann weichen zu müssen, die uns beflügelt, uns trotzdem mit Dingen intensiv zu beschäftigen, uns auf etwas einzulassen, etwas zu bewirken, und sei es auch nur im Kleinen. Es ist die Liebe zu den Menschen im Allgemeinen und im Persönlichen, die wir suchen und schenken, es ist die Hand des andern und das Vertrauen, der Halt, der Blick und das Verständnis, welche uns sehr viel bedeuten. Bewusstes „Er-Leben“ und „Er-Lebt“ werden sind ganz wesentliche Antriebskräfte, um die Frage nach dem „Was bleibt“ positiv zu betrachten.

    Ein Bild für die Liebe kommt demnächst.

    Kerstin
  • E. W. R. 12. Dezember 2007, 8:49

    es könnte viel bedeuten

    es könnte viel bedeuten: wir vergehen,
    wir kommen ungefragt und müssen weichen.
    doch daß wir sprechen und uns nicht verstehen
    und keinen augenblick des andern hand erreichen,

    zerschlägt so viel: wir werden nicht bestehen.
    schon den versuch bedrohen fremde zeichen,
    und das verlangen, tief uns anzusehen,
    durchtrennt ein kreuz, uns einsam auszustreichen.

    [ingeborg bachmann]
  • E. W. R. 11. Dezember 2007, 18:42

    Ich möchte das Bild vor dem Hintergrund der Bilder „Mitten im Leben (1)“
    Mitten im Leben
    Mitten im Leben
    E. W. R.
    ,
    „Erinnerung an die Zukunft“
    Erinnerung an die Zukunft
    Erinnerung an die Zukunft
    E. W. R.
    ,
    und „Alte Kumpels (2)“
    Alte Kumpels (2)
    Alte Kumpels (2)
    E. W. R.

    besprechen.

    Denn der Abriss zeigt schließlich einen Traktor.

    So dass es vordergründig um das Ende einer Maschinenhalle geht und damit für ein Beispiel dafür, wie alle Vorhaben technischer Art auch einmal ein Ende finden und anderswo unter anderem Vorzeichen etwas Neues beginnt. Teilweise konservieren wir die Restbestände alter Technik und erfreuen uns daran, wie das etwa die Bilder „Alter Herr“ und „Alte Kumpels (2)“ vermitteln. Aber das sind gehegte Vergangenheiten, die auf dem aktuellen Markt keine Chance hätten, und dieselben Leute, die einen Oldtimer-Trecker besitzen, würden mit dem bestimmt nicht ihre tägliche Arbeit tun. Diesen Oldtimern wird Erhaltung gewährt, die die meisten zeitgenössischen Geräte nicht erfuhren; sie sind längst verschrottet, erinnerte Vergangenheit. Oder nicht erinnerte.

    Damit kommen wir auf den Menschen und seine Vergänglichkeit, für welche die leere und alsbald abzureiißende Maschinenhalle ein Paradigma sein kann.

    Nun ist es einer der großen Widersprüche unseres Daseins, dass wir, kaum, dass wir das Leben geschenkt bekommen haben, auch bereits unaufhaltsam auf den Tod zusteuern. Die Tiere haben damit, wie es scheint, bewusstseinsmäßig kein Problem, weil sie nicht genügend von der Welt wissen, um auf diese Problematik zu kommen. Der Preis des Glücks ist der Unverstand, wie man sagen könnte, und vielleicht liegt darin auch der Sinn der betreffenden Erzählung in der „Genesis“. Der Verstand jedoch macht des Todes bewusst, was besonders in der Entwicklung von Jugendlichen massive psychische Probleme auslösen kann. Wie damit leben? Nun, man kann es sich leicht machen wie jener römische Philosoph, der da sagte „Solange wir da sind, ist der Tod nicht da. Und wenn der Tod da ist, sind wir nicht mehr da!“

    Man mag nun von Epikur halten, was man will, lebenspraktisch ist diese Devise schon. Und sie verweist uns darauf, dass das Leben in erster Linie ein Bewusstseinsphänomen ist, was dessen Er-Leben angeht.

    Der unsichtbare Spiegel (1): Korrespondierende Welten
    Der unsichtbare Spiegel (1): Korrespondierende Welten
    E. W. R.


    Ohne Bewusstsein zwar Leben, aber kein Er-Leben. Alles, was wir haben, ist das. Doch immerhin können wir uns transzendieren. Wir können unser erfahrenes Leben durch die aufbewahrte und rezipierte Geschichte über unsere eigene Zeit ausdehnen, uns in die Kontinuität aller Menschen stellen. Und wir können Leben und gewusste Kontinuität weitergeben. Das macht den Tod nicht kleiner. Aber das Leben erträglicher, auch wenn wir wissen, dass wir selbst nicht bleiben. Aber wenn wir nicht sterben müssten, wären wir auch nie geboren worden.
  • Arnd U. B. 10. Dezember 2007, 21:01

    Daran knüpfen sich spontan Gedanken, die ich aber nicht öffentlich darstellen möchte...Vielleicht ist das ja auch nicht notwendig, kerstin. Dein Bild hat tief liegende Assoziationen geweckt...Lg Arnd
  • Sanne BZ 9. Dezember 2007, 18:53

    So ein kleines Detail und doch erzählt es seine Geschichte! Von Vergänglichkeit..und das, was diese übersteht! Schön auf den Punkt gebracht von dir!
    Lg
    Sanne
  • KGS 9. Dezember 2007, 12:55

    @Paul Eßer: Paul, das Bild sollte nicht trübsinnig machen, nur nachdenklich, vielleicht
    ;-))
    @Klaus Gärtner: Vergänglichkeit und Würde gehören leider nicht immer zusammen, es wäre jedoch wünschenswert.
    @Carsten Mundt: Unser Leben vor dem Hintergrund der Vergänglichkeit zu betrachten, zu reflektieren, was bleiben könnte, es dennoch sinnvoll zu gestalten und zu genießen, sind Ansätze, über die jeder irgendwann einmal nachdenkt. Es wird auch immer Momente im Leben geben, die einen zweifeln lassen, die einen in Tiefen hinabziehen, von denen man nie glaubte, dass es sie geben könnte. Wichtig ist, dass man die Kraft, die innere Stärke hat, sich daraus zu befreien.
    @alle: Herzlichen Dank für die Anmerkungen.

    Grüße. Kerstin
  • Carsten Mundt 8. Dezember 2007, 21:56

    Finde auch, dass es was hat ;-)

    Nachdenklich, wehmütig, traurig - auch das.

    Man kann ja auch von der dinglichen Ebene zurücktreten, und es von einer etwas höheren Warte aus sehen.
    Wenn das, was von unserem Leben übrig bleibt, tatsächlich nur einige Bilder und Erinnerungen sein sollten, die zurückgebliebene Menschen an uns haben, kann das in der Tat ein recht trauriger Gedanke sein.
    Und wenn Hirnforscher unser ganzen Sein auf biochemische Prozesse reduzieren, die mit dem Tod aufhören, und somit tatsächlich nichts mehr übrig bleibt, kann einen das auch erschrecken.
    Nun ist der Gedanke und die Frage nach
    dem " Danach " natürlich nicht neu und Antriebsfeder für einige Menschen, ganz Grosses zu hinterlassen und die Geschichte einzugehen.

    Wenn man nicht ganz so versessen auf diese Frage ist, ist es vielleicht ein Grund, sich mit dem Hier und Jetzt zu beschäftigen und das relativ kurze Dasein, das uns geschenkt ist, nach Möglichkeit sinnvoll zu gestalten und den Augenblick zu geniessen.

    Und das kann mich schon wieder recht fröhlich stimmen.
  • Rolf Braun rb 8. Dezember 2007, 20:31

    +++
    Hat was
  • Birgitt Volz 8. Dezember 2007, 19:27

    Was bleibt....vielleicht Traurigkeit...irgendwie haben zerrissene Bilder immer diese Wirkung auf mich
    G Birgitt
  • E-Punkt 8. Dezember 2007, 18:54

    Beeindruckend schöne Aufnahme.
    Macht nachdenklich,was du schreibst.
    LG Elfi
  • DSK 8. Dezember 2007, 18:25

    Gefällt mir sehr gut+++++


    LG Micha
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