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Nebelküste - Triptychon Delta100 Rollfilm 6x7 Negative - noch nicht vergrößert

Nebelküste - Triptychon Delta100 Rollfilm 6x7 Negative - noch nicht vergrößert

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Nebelküste - Triptychon Delta100 Rollfilm 6x7 Negative - noch nicht vergrößert

„ … Photographie will nicht die Realität abbilden. Photographie versucht

darüber nachzudenken - so erschien es mir keinesfalls abwegig,

dem Wunsch meines Patienten Wilhelm B. (Fall Nr. 136) nachzukommen.

Es war einer jener feuchten Oktoberabende. Ein milchiges Licht

grundierte die Landschaft, als wir mit der Kamera unseren Weg

zur Küste antraten. Sein siebtes Bein zog leicht nach. Das be-

unruhigte ihn. Die andern sechs liefen tadellos.

Keineswegs selbstverständlich!

Ein Spaziergang war meist unmöglich. Denn oft strömten alle Beine

in verschiedene Richtungen aus, sobald er unser Institut verließ.

Dann ergriff ihn eine Panik, die in hysterischer Raserei endete.

Wir erreichten die Küste ohne Zwischenfall. Der Nebel fraß das

Meer von Ferne und Feuchtigkeit wehte uns wie feines Haar in die

Gesichter. Jener Felsenstreifen, den Wilhelm in Nächten gesehen

hatte. Seine sieben Beine hatten ihn hier her getragen und immer

und immer wieder berichtete er am andern Morgen von den Kindern,

die in sternenloser Nacht weinend über die Felsen liefen.

Wir fanden, wie ich es erwartet hatte, keine Spuren. Ich fertigte

einige Photographien an, bevor sich die Dunkelheit senkte.

Zum Beweis. Doch es half später nichts. Wilhelm B. beteuerte

die Richtigkeit seiner Erzählung.

Er schwor: Es ist so! Es irrlichtern arme Kinder nachts über die

Felsen und weinen aufs Meer hinaus.

Sieben an der Zahl.“



Dr. Gordon Mendenhall. Psychiater. Aufzeichnungen 1927

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