Mozar Diana Box #9472

Bakelit-Box, Format 6x9 für Rollfilm 120/620, Meniskus, vermutlich 100 mm, Blenden 11 + 16, M(oment, ca. 1/30) + Z(eit), 2 Spiegelsucher, Buchse für Drahtauslöser, 2 Stativgewinde 3/8".

Küchenstudio Paul Kemp, Bad Godesberg, 2021-12-01

Nachdem ich begonnen hatte, das erste Konvolut Kameras zu dokumentieren, das ich von Richard Pilz geschenkt bekommen habe, und die bis dahin eine Vitrine in seinem Fotostudio schmückten, fiel mir beim Öffnen dieser unscheinbaren Box der fertig belichtete Agfapan 400 in die Hand.
Ein Überaschungsfilm!
Von einer Diana Box konnte ich im Netz nichts finden. Also klopfte ich bei Engel Gerhard an:

"Die genaue Bezeichnung ist 'MOZAR Diana Box'. Die Quelle dieser Information ist aus McKeown's 'Cameras', 12th Edition 2005-2006 auf Seite 701 zu finden."

Und dazu gibt es etwas:

"Mozar, Dr. Paul Mozar, Düsseldorf-Gerresheim, Quadenhofstraße 72
Mozar hatte eine Fabrik für Feinmechanik und Elektrotechnik, welche auch als 'Mentorwerk' firmierte und vertrieb noch bis nach 1970 Präzisionsbauelemente. Er fertigte ab Dezember 1949 bis Juli 1950 die 6x9 Box-Kamera 'Diana', 1952 die 6x6 Tubuskamera 'Optima II' und verschiedene Blitzleuchten unter der Typenbezeichnung 'Mentor'.
[Hartmut Thiele "Die Deutsche Photoindustrie - Wer war wer", Privatdruck München 2016, 7. überarbeitete und erweiterte Ausgabe, S. 93]

Nach dem Produktionsstart zu urteilen, war die Kamera für das Weihnachtsgeschäft 1949.

Die Nachfolgefirma 'Mentor' gibt es heute noch:
https://www.mentor.de.com/unternehmen/historie/

Da ich nun eine Rarität besaß, belegte ich den Putzkurs bei Gerhard und verpaßte über die Erstellung der Ablichtung, mein Auto aus der Werkstatt zu holen.

Parallel fragte ich bei Marius Lewerenz an (Chemieprofessor), ob Adonal (Rodinal) 1:100 bei 22 min (push, +1 Blende) gut genug für den alten Agfapan wäre. So kam ich zu einer Einkaufsliste für ein kleines Chemielabor:

1x Goldwaage (Genauigkeit: 0,05 g)
1x Pipette (1 ml) / medizinisches Tropffläschchen
1x Vorratsfläschchen, 50 ml
Kaliumbromid

"Bei unbekannten Filmen praktiziere ich häufig Semi-Standentwicklung, d.h. sehr verdünnter Entwickler wie z.b. Rodinal 1+100 und dann bewegen nach 1 min, 2 min, 4 min, 8 min, 15 min, 30 min und dann ruhen lassen bis 60 min (und zwischendurch gemütlich etwas anderes machen...). Bei überlagerten Filmen tue ich dann manchmal noch eine kleine Menge Kaliumbromid in den Enwickler (0.2-0.5 g/Liter), um den eventuellen Grundschleier zu bremsen."

Das sieht nach einem längeren Projekt aus.

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AfterShot Pro 3.7: straighten: -0.80, +0.6 EV, fill light: 0.50, blacks: 10.00, saturation: 5, contrast: 20,
sharpening: 100, 58% 3:2 crop (effective focal length: ca. 131 mm)

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Mozar Diana Box, aufgeschraubt #9430
Mozar Diana Box, aufgeschraubt #9430
Leppo von Arenfels

Mozar Diana Box, 2. Schritt #9433
Mozar Diana Box, 2. Schritt #9433
Leppo von Arenfels

Mechanik Mozar Diana Box #9435
Mechanik Mozar Diana Box #9435
Leppo von Arenfels

Kommentare 12

  • Andreas Kögler 2. Dezember 2021, 21:53

    da gab es schon obskure Objekte ....,
    schon alleine der Rollfilm ..., den gab es bei uns früher aber nicht von Agfa, das war entweder ORWO, oder russisch ...
    So hatte es halt einfach angefangen - gelle ;-)
    Bei Paul Kemp hast du wohl dein "Studio" eingerichtet ?
    gruß andreas
  • Karlchen Karl 2. Dezember 2021, 11:52

    ...*hach*... ich habe keine Ahnung von dem, was Dich offensichtlich sehr beschäftigt und Du hier so akribisch beschreibst,
    aber ich habe unmittelbar nach dem öffen des Bildes einen schwarzen Kasten wahrgenommen, der mit 2 Augen, einer Knubbelnase und einem erstaunten Mund auf eine 'Rosa Bombe' starrt, weil ich ohne Brille sofort 'explosiv' gelesen habe....*kopfkratz*
    mir gefällt jetzt auch mit Brille die Darstellung mit meinen Augen sehr gut....
    Gruß Karin
  • Thomas Tilker 2. Dezember 2021, 9:10

    Himmel...was für eine Historie! Und ich dachte immer, ich kenne mich mit (Nachkriegs-)Kameras aus...the story has to be continued!
  • Engel Gerhard 2. Dezember 2021, 8:28

    Geschichte und deren Erhalten!
    Ein "Putzkurs" ist nur ein kleiner Teil davon. Die Recherche öffnet auch Türen, hinter welchen sich Menschen befinden, die plötzlich hochinteressiert und motiviert sind ihrer Firmengeschichte den Blumenstrauss zu ergänzen. 
    Super gemacht Leppo und die DIANA Box strahlt. Dass Du darob einen wichtigen Termin vergessen hast, zeugt von (d)einem kerngesunden Enthusiasmus für eine gute Sache!

    Anbei die (so einfachen) Kursunterlagen:
    "Reinigen von Bakelit ist unproblematisch mittels einer verdünnten Abwaschmittellösung abwaschen, Nachreiningung mit Frischwasser, danach mit weichem Tuch trocknen. Einen bis drei Tropfen Balistol auf ein Tuch einreiben und damit die Bakelitoberfläche einreiben, danach mit sauberem weichen Tuch sanft polieren. Ergebnis wie neu. 8tung: Wenn du danach Fotos machen willst, solltest du die Oberflächen nur noch mit Stoffhandschuhen anfassen, ansonsten siehst du alle Fingerandrücke."
    lieben Gruss Gerhard
  • aorta-besler 2. Dezember 2021, 8:19

    Hört sich sehr spannend an!
  • oilhillpitter 2. Dezember 2021, 8:09

    Bakelit. Erfunden von Baekeland. Das kennt man heute gar nicht mehr.
  • ShivaK 2. Dezember 2021, 8:03

    sauspannend!!!!!!!!! Und wenn man dann noch soviel davon versteht wie Du ... eine kleine Wunderwelt, die sich öffnet ... viel Spaß :-)))
    Und dass wir die Bilder von dem Fundfilm sehen wollen, muss ich ja nicht extra erwähnen :-)
    (hoffentlich sind keine Eisvögel mit Fisch quer drauf ...)