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Moskau 1986: Forscherdrang

Moskau 1986: Forscherdrang

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smokeonthewater


Premium (World), Berlin

Moskau 1986: Forscherdrang

Nowodewichje kladbishche – Neujungfrauen-Friedhof:
Boris Wasiljewich Kurchatow (1905–1972), Radiochemiker und Atomphysiker
Pjotr Petrowich Shirshow (1905–1953), Polarforscher und Ozeanologe
Aleksej Mikhailovich Issajew (1908–1971), Raketen- und Triebwerkkonstrukteur

Der Friedhof des Moskauer Neujungfrauenklosters ist der größte Ehrenfriedhof Russlands und war nur an wenigen Tagen zugänglich.
[http://maps.google.com/maps?q=55.724838,37.554206]
Wissenschaftler, russisch "akademiki", nehmen in Moskau im Gegensatz zu Ehrenfriedhöfen in anderen Ländern breiten Raum ein.

Boris Kurchatow war anfänglich zusammen mit seinem berühmteren Bruder Igor an der Forschung zur Kernspaltung beteiligt.
Als Igor 1943 von Stalin zum Bau der sowjetischen Atombombe bis 1948 verpflichtet wurde, zog sich Boris mit moralischen Skrupeln zurück.
Er leitete von 1949 bis 1953 den Bau des Teilchenbeschleunigers im Kernforschungszentrum Dubna.
Nach Berkley 1930 war Dubna 1953 das weltweit zweite Zyklotron, noch bevor 1954 das CERN in Genf seinen Betrieb aufnahm.

Shirshow war ein Pionier der Arktisforschung an Bord der ersten Eisbrecher und auf den "Nordpol"-Eisdriftstationen 1 und 2 (1937–38).
Im Zweiten Weltkrieg war er Volkskommissar und dann Minster für die sowjetische Hochseeflotte.
1946 gründete er das Ozeanologische Institut der Akademie der Wissenschaften.
Als erster Meeresforscher wies er Leben in großen Tiefen unter der arktischen Polareiskappe nach.
Sein Grabmal stellt ihn in einem gläsernen "Eisblock" mit Stativ samt Messgerät in Händen dar.

Issajew war neben Sergej Koroljow der wichtigste Mann im sowjetischen Raumfahrtprogramm.
Mit seiner simplen Flachbauweise der Treibstoffeinspritzung minderte er die Explosionsgefahr bei Raketenstarts.
Er baute die Oberstufentriebwerke, die die Raumflugkörper aus der Erdumlaufbahn heraus zu Mond, Venus oder Mars beschleunigten.
Seine Steuertriebwerke ermöglichten erfolgreiche Landungen auf dem Mond (1966–73), der Venus (1967–70) und dem Mars (1971).
Sein Bremstriebwerk leitete bei den ersten bemannten Wostok- Raumschiffen das Verlassen der Erdumlaufbahn zwecks Landung ein.
Weniger erfolgreich war das Raketenflugzeug BI-1, das bei der Zielgeschwindigkeit aerodynamisch nicht mehr beherrschbar war.
Im Rüstungsbereich arbeitete er an der Langstrecken-Flügelrakete "Burja" (eingestellt) und den "Scud"-Flugabwehrraketen mit.
(Vielen Dank an DDA für die wertvollen Details, die man nicht im Internet findet!)

Mit Duplikatorvorsatz digitalisierte Dias,
entstanden während meines Studiensemesters 1. August bis 18. Dezember 1986 in Moskau
mitten in der Gorbatschow-Ära

Kommentare 3

  • Foto-Nomade 7. Juni 2013, 18:25

    DDA und Du sollten gemeinsam auf Schatzsuche gehen.
    Ihr wäret schon von der Interessenlage her ein unschlagbares Team.
    ~
    Danke zu

    ~
  • DDA 7. Juni 2013, 9:43

    Höchst interessant. Ich war auf den ersten Blick erstaunt, vermutete ich doch Kurtschatow an der Kremlmauer, aber genaueres Lesen zeigte mir, daß es sich um seinen Bruder handelt. Sein Name wird im VIK (Vereinigtes Institut für Kernforschung, dort entstand übrigens unter anderem das Tokamak-Prinzip, nachdem die meisten Kernfusionsreaktor-Testsysteme heutzutage aufgebaut sind) Dubna bis heute hoch gehalten.

    Leider sind die Namen der großen Wissenschaftler insbesondere aus der Anfangsphase der sowjetischen Raktenforschung und -entwicklung heutzutage größtenteils unbekannt, die Geheimhaltung fordert bis heute ihren Tribut.So werden so bedeutende Namen wie Tichonrawow, Jangel oder Tschelomei infolge ihres geringen Bekanntheitsgrades leider ganz leicht übersehen.

    Auf diesem Friedhof kann man wirklich auf Schatzsuche in der sowjetischen Wissenschaftsgeschichte gehen.

    VG
    Axel
  • Foto-Nomade 4. Juni 2013, 22:04

    Da sind von dir höchst interessante Einzelheiten zusammengetragen worden.
    So etwas liest man, Du schreibst es,
    nicht unbedingt in der Prawda oder im ND.
    ~
    Danke zu

    Wir haben die Baude, übrigens recht urig,
    nur zum Teetrinken und eine Suppe löffeln genutzt,
    weil es zu regnen begann.
    Im Sommer oder im Winter, zumindest sollte es trocken sein,
    sicher ein Ort zum Verweilen.
    ~

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