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Czernowitz XX

Es war noch die Zeit vor der orangen Revolution, und auf den Maschinen hockten noch einige Hardcore-Sowjettypen. Ein - auch vom Aussehen her - Lenin-Jünger an der M62 wurde auf mich aufmerksam und aktivierte die Beleuchtung um mein Treiben genauer zu begutachten. Daraufhin alarmierte er die Bahnhofspolizei, welche bis dahin mein Treiben überhaupt nicht interessiert hatte. Als mich die Beamten in Gewahrsam nahmen, gab mir der Typ doch tatsächlich die Hand - als ob ich stolz darauf sein dürfte, dass er als sein Pflicht als Genosse erfüllt hatte. Das Ganze wirkte so skurril, dass ich schon das Gefühl hatte, ich könnte jetzt gehen - aber nein, man nahm mich mit auf's Wachzimmer...

Ich deutete den Polizisten, dass ich mit dem Handy jemanden rufen würde, der sich besser verständigen könnte. In der Wartezeit waren sie zum Scherzen aufgelegt, fast hätte ich wohl noch eine Horilka serviert bekommen. Nach einer Viertelstunde traf mein Vater ein, der als ehemaliger Dozent Russisch wie ein Muttersprachler spricht. Nach kurzer, freundlicher Konversation wurde ich noch einmal ermahnt, auch wenn die Stimmung schön ist, in Zeiten des internationalen Terrorismus müsse man nun sehr vorsichtig sein (der 2. Irakkrieg war zu dem Zeitpunkt erst wenige Wochen alt, die Ukraine Teil der "Koalition der Willigen"). Dann wurde ich entlassen, und wir fuhren zu unserem Stammrestaurant "Utah", wo sich die begeisterte Familie schon zum Abendessen versammelt hatte.

17. 4. 2003

Kommentare 8

  • † AndreasRossel 19. August 2018, 23:50

    So etwas ist mir auch auf der Krim passiert, die Bahnhofschefin  war äusserst vorsichtig und meinte das ich nichts mitbekommen habe das sie mich beobachtet.
    Da ich mir aber keiner Schuldbewusst war habe ich einfach weiterfotografiert, bis dann ein junger Milizmann kam, der mich gebeten hat mal kurz hinter das Bahnhofsgebäude zu gehen. Aufmeine Frage ob er englisch spricht bejahte er das, und im Laufe unseres Gespräch meinet er , das die "Alte" im Bahnhof nervt, weil sie wegen jedem Sch.... die Miliz ruft. Er hat dann seine Zigarette zu Ende geraucht und mir dann den Rat gegeben, meine Bilder ausserhalb des Bahnhof zu machen, oder zumindest dort wo die ....... nichts von ihrem Büro sehen konnte. nach einem kurzen Händeschütteln haben wir uns verabschiedet und ich habe dann noch eineige nette Aufnahmen gemacht.#

    VG Andreas
  • makna 24. April 2018, 13:25

    Die Geschichte des Bildes und des In-Gewahrsam-Nehmens ist schon der Hammer !!!
    BG Manfred
  • Bernd Freimann 15. April 2018, 22:23

    Das sind Erlebnisse, die man wohl ewig in Erinnerung behält ...
    Gruß aus Berlin
    Bernd Freimann
  • Uwe Fligge 15. April 2018, 21:28

    Coole Aufnahmen der Taigatrommel.

    VG Uwe
  • Dieter Jüngling 15. April 2018, 18:45

    M62 erkennt man auch im Dunkel!
    Gruß D. J.
  • Haidhauser 15. April 2018, 15:33

    Spannendes Erlebnis :-)
    Das Essen hinterher im Restaurant hat dir dann sicher umso besser geschmeckt...
    Sehr schöne natürlich beleuchtete Nachtaufnahme!!
    LG Bernhard
  • Peter Semmelroch 15. April 2018, 14:47

    Ja als Eisenbahnfotograg erlebt man schon die tollsten Sachen - schjöne Geschichte!
    LG Peter
  • Klaus Kieslich 15. April 2018, 11:52

    Uff,das war ja ein ganz besondres Abenteuer,das aber glücklich ausging
    Gruß Klaus