Zurück zur Liste
Zoom in die Kleine Magellan'sche Wolke: Brennweite 100mm

Zoom in die Kleine Magellan'sche Wolke: Brennweite 100mm

4.670 9

Sighard Schraebler


kostenloses Benutzerkonto, Frankfurt am Main

Zoom in die Kleine Magellan'sche Wolke: Brennweite 100mm

Auch wenn wir den fernen Sterneninseln auf diese Weise nicht wirklich näher kommen können, so vermittelt eine Sequenz von wachsender Brennweite doch den Eindruck einer Reise. Schnell kommt die Sterneninsel näher, noch ist sie ganz zu sehen, gemeinsam in einem Bild mit den eine Million Sternen eines 13400 Lichtjahre entfernten, kompakten Kugelsternhaufens, von frühen Seefahrern mit bloßem Auge wahrgenommen wie ein einzelner Stern: 47 Tucanae.

Bis zur kleinen Magellan'schen Wolke ist es etwa 15 mal so weit. Für die Entfernungsmessung mittels pulsations-veränderlicher Sterne, den sogenannten Cepheiden, sind die Magellan'schen Wolken der Prototyp. Die Methode geht zurück auf die Astronomin Henrietta Swan Leavitt (1912) und macht sich zunutze, dass Cepheiden helle Sterne sind, sichbar auch über große Entfernungen. Sterne des Typs Delta Cephei sind eine späte Phase im Lebenslauf eines normalen Sterns, bei dem Pulsationen im Gleichgewicht zwischen zusammen ziehender Schwerkraft und auseinander treibender Fusion zu deutlich sichtbaren Grundschwingungen der Helligkeit im Bereich von Tagen führen.

Die Pulsations-Periode hängt dabei von der vorhandenen Masse ab. Mit einer Vorstellung vom Aufbau der Sterne und deren masseabhängiger Leuchtkraft sind auch die absolute Helligkeit im Maximum und über die wahrgenommene Helligkeit per Entfernungsmodul die Distanz bekannt. Es ist eine der Standardmethoden der Entfernungsbestimmung über geringe galaktische Entfernungen, leider jedoch nur ein ungenaues Schätzeisen, denn wie sich die Änderung der Opazität eines Sterns mit der Oberflächentemperatur auf dessen Konvektion im Inneren auswirkt, entzieht sich prinzipbedingt der Simulation und ist eines der modernen Rätsel der Astrophysik. Bemerkenswert ist jedenfalls, dass Edwin Hubble mit dieser Methode 1923 erstmals nachweisen konnte, dass die Andromeda-Galaxie nicht zur Milchstraße gehört. Auf die Entfernung von Millionen Lichtjahren tut man sich schon etwas schwerer, Einzelsterne aufzulösen, um 1923 brauchte man dafür die größten damals verfügbaren Teleskope.

Ändert sich heute die Entfernungsangabe aufgrund von Messunsicherheiten, ändert sich auch die Entfernung zu allen anderen, weiter entfernten Galaxien, deren Entfernung mit der gleichen Methode festgemacht wird. Inzwischen ist insbesondere durch die Supernova 1987A in der großen Wolke (LMC) ein weiterer Maßstab greifbar, der diese beiden Zwerggalaxien zusammen mit der Sagittarius Zwerggalaxie zu den nächsten Nachbarn der Milchstrasse machen, und zwar mit 160 tausend Lichtjahren für die große und 200 tausend Lichtjahren für die kleine Wolke.

Die Beobachtung einer Brücke zwischen den Zwerggalaxien Große Magellan'sche Wolke ( LMC) und Kleine Magellans'sche Wolke (SMC) legt den Schluss nahe, dass es sich um Spiralarme einer durch Gezeitenkräfte zerfetzten Galaxie handelt, deren Missgeschick darin bestand, der viel größeren Milchstraße zu nahe gekommen zu sein. http://de.academic.ru/dic.nsf/dewiki/774920

Dass dies klein Einzelfall ist, zeigt das schwarze Loch, dass man zuletzt im Kugelsternhaufen Omega Centauri fand: Dies ist kein klassischer Kugelsternhaufen, sondern das Zentrum einer ehemaligen Zwerggalaxie, ebenfalls von Gezeitenkräften zerrissen und der Milchstraße hinzugefügt.

Aufnahme mit EOS 1000D-Kamera und 100mm f/2.8 Objektiv von Rainer Malik. Sie lief am Morgen des 2.6.2011 mit auf der großen deutschen Montierung im Vehrenberg-Observatorium der Farm Hakos / Namibia. Abgeblendet auf f/3.5 belichteten wir 22x4m inklusive autodark und später noch einmal so viele Flats.

zur Entfernungsmessung mit Cepheiden-Sternen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Kappa-Mechanismus http://de.wikipedia.org/wiki/Cepheiden http://de.wikipedia.org/wiki/Edwin_Hubble

zur SMC:
http://de.wikipedia.org/wiki/Magellansche_Wolken http://www.astronews.com/news/artikel/2005/11/0511-015.shtml http://www.br-online.de/wissen-bildung/spacenight/sterngucker/deepsky/nachbargalaxie-gr.html http://www.ottosell.de/space/smc.htm http://www.robgendlerastropics.com/SMC.html

Kommentare 9

  • Sighard Schraebler 3. April 2012, 22:48

    Hallo zusammen, ich danke Euch für Eure Begeisterung. Es bewahrheitet sich mal wieder, dass ein Großteil der Faszination von Objekten ausgeht, die man noch mit bloßem Auge auflöst. Das nächste Mal schauen wir mit 360mm und nehmen die Kühlkamera mit Ha-Filter.
    LG Sighard

    P.S. für Olaf & Wolfgang: Hatte 2009 das Vergnügen, Oskar Duhalde persönlich kennen zu lernen, einen der beiden Entdecker der SN1987a. Dies hier ist das Teleskop, an dem Ian Shelton und er an jenem Abend beobachtet haben. Oskar hat es uns persönlich vorgeführt und ich durfte sogar bis auf die zweite Galerie klettern und von oben hinein schauen :_) Ich mag solche alten Teleskope sehr gerne, weil man sie noch begehen und begreifen kann - im wörtlichen Sinn. Stephen J. O'Meara durfte am Irene DuPont 2.5m Teleskop sogar schon visuell beobachten, das war mir leider nicht vergönnt, aber es war auch so eindrucksvoll.
    2.5m Irénée du Pont Teleskop
    2.5m Irénée du Pont Teleskop
    Sighard Schraebler

  • Olaf Dieme 3. April 2012, 15:15

    Hallo Sighard, finde auch, das es eine sehr schön anzusehende Astroaufnahme ist. Vor allem farblich gelungen. Muß schon ein toller Deep-Sky Himmel in Namibia sein. Sehr informativer Text, hat mir sehr gefallen, bei den vielen Infos muß man diesen fast zweimal lesen. Interessant war die Anmerkung zur 1987 Supernova, damals fing ich gerade mit Astronomie an und hörte die Geschichte der Entdeckung, der Ausgangsstern hieß Sanduleak das habe ich nicht vergessen. Viele Grüße Olaf.
  • Wolfgang WYY 2. April 2012, 16:47

    Hallo Sighard,
    immer wieder sehr informativ, deine Aufnahmen!
    Die KMW mit 100mm, sehr schöne Aufnahme!!!
    Gruß, Wolfgang
  • zirl 2. April 2012, 13:36

    Hallo Sighard,

    es ist immer wieder eine Freude deine Beiträge hier anzusehen und zu lesen. Auch dieser Beitrag bildet da keine Ausnahme... Danke für die Arbeit die du da hineinsteckst !!!

    LG

    Bernd
  • Ralf Thiele 2. April 2012, 0:53

    Hallo Sighard,

    seufz, die Kl. Mag. Wolke habe ich vorletztes Jahr auf den Seychellen sehen können. Samt 47 Tuc.

    Eine sehr schöne Aufnahme mit dem Tele!

    LG, Ralf
  • Achim Reinhardt 1. April 2012, 23:42

    Sehr Interessanter Text
    und schöne Aufnahme.

    v.g.
    Achim
  • Norbert Span 1. April 2012, 23:37

    Hallo Sighard!

    Wow - ein erhabener Anblick - vor allem mit dieser Brennweite!
    lg
    Norbert
  • Hermann A. 1. April 2012, 22:20

    Super, dass man mit so einfachen Mitteln so schöne Aufnahmen machen kann!
    Klasse Dein erklärender Text dazu!
    LG, Hermann