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Der Tod des Königs

Der Tod des Königs

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Dietmar Olschak


kostenloses Benutzerkonto, Sangerhausen

Der Tod des Königs

Der Thomas

Sonnabends kam Paps immer mittags nach Hause und schwenkte fröhlich seine Lohntüte.
Muutsch hatte das Haus gebohnert, es roch nach Zuckerkuchen und wir Kinder bekamen eine spitze Tüte mit leckeren sauren Bonbons.

Wie die meisten Bewohner dieses kleinen Städtchens in dem enggewundenen Tal am Südharzrand war Paps Bergmann auf dem Thomas-Müntzer-Schacht.

Der Förderturm der Schachtanlage thronte wie ein Patriarch oben auf dem Berg.
Der THOMAS behandelte seine Kinder, wie es die Väter alter Zeiten immer taten: Er ließ sie hart und unbarmherzig arbeiten, aber die Quellen seines Lohnes sprudelten auch reichlicher als die anderer Väter.
Unter seinem Schutz wuchs und gedieh die Stadt.
Ihre Bewohner stritten und liebten sich und bekamen Kinder, die ihrerseits auch wieder zum THOMAS hinaufzogen, ihr Brot zu verdienen.
Einmal im Jahr öffneten sich die großen Werkstore und alle Bewohner der Stadt feierten seinen Geburtstag.

Die Zeit verging, der THOMAS wurde alt und bekam das Wasser in die Beine.
Zur gleichen Zeit wurde Paps schwer krank und Muutsch weinte heimlich in der Nacht.

Es half nichts, Paps hat den Preis für sein aufopferndes Leben bezahlt, längst deckt kühlendes Efeu sein Grab.
Aber bis zum Ende hat er seinen THOMAS geliebt.
Eines Tages schlossen sich die Werktore für immer, es wurde still in den Hallen, mit hohlem Stöhnen strich der kalte Herbstwind durch die zerbrochenen Fensteraugen.


Und ohne seine Kinder starb der ALTE THOMAS auch.

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