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CHARMES (Vosges), nördliches Seitenschiff der Pfarrkirche Saint-Nicolas, von SW

CHARMES (Vosges), nördliches Seitenschiff der Pfarrkirche Saint-Nicolas, von SW

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Uwe Welz


kostenloses Benutzerkonto, Kaiserslautern

CHARMES (Vosges), nördliches Seitenschiff der Pfarrkirche Saint-Nicolas, von SW

Die Pfarrkirche Saint-Nicolas ist ein völliger Neubau des späten 15. Jahrhunderts. 1475 war die Stadt Charmes nach erfolgreicher Belagerung durch die Truppen Karls des Kühnen (Chales le Téméraire) vollständig zerstört worden; der Wiederaufbau der Stadt kam in dem verwüsteten Umfeld zunächst nur zäh in Gang. Erst nach 1487, als Herzog René II. der Stadt erhebliche Privilegien für den Wiederaufbau einräumte, gewann die Wiederrichtung der Stadt an Dynamik. Wann der Kirchenneubau begonnen wurde, ist nicht bekannt, jedenfalls dürfte die Kirche im Jahr 1493 zumindest teilweise benutzbar gewesen sein (Stiftung eines Glasfensters durch die Gerber und Ledermacher). In der 1. Hälfte des 16. Hahrhunderts wurden noch etliche Kapellen an die Kirche angefügt, als letzte an der Nordseite die Chapelle des Savigny 1537 in der für diese Zeit und Region typischen Mischung aus spätgotischen und Renaissanceformen. Der von zwei Kapellen des 16. Jahrhunderts flankierte neugotische Westturm von 1864 wurde gegen Ende des 2. Weltkriegs (wie auch ein Großteil der Stadt) beim Azug der deutschen Truppen zerstört und Mitte der 1950er-Jahre durch einen neuen Turm in Betonbauweise ersetzt. Dessen Skulpturen 1955 von Jean Lambert-Rucki (1888–1967).

Der Innenraum ist eine recht karge, für Südlothringen recht typische dreischiffige Basilika, aber ohne Querschiff, so dass das gleichhohe Altarhaus im 5/8-Schluss direkt an an das Mittelschiff anschließt ohne besondere Zäsur. Die Einwölbung besteht im Hauptbau durchgängig aus Kreuzrippengewölben. Die vier Mittelschiffsjoche haben einen etwa quadratischen Grundriss, so dass wegen der weiten Arkaden der Raumeindruck trotz der recht steilen Proportionen eine gewisse Weite aufweist. Die Seitenschiffe sind hingegen schmal und vergleichsweise niedrig. Obwohl die oben in der kahlen Wand sitzenden Obergadenfenster recht klein sind – auch dies ist für Südlothingische Kirchen sehr typisch –, ist das Mittelschiff recht hell.
Sehr gelungen sind die starkfarbigen Chorfenster aus den frühen 1960er-Jahren.

Die Kirche ist bisher nicht wirklich genau erforscht worden, entsprechend knapp sind die Beschreibungen in der Literatur:
ANDRÉ PHILIPPE, Charmes-sur-Moselle, in: Congrès archéologique de France, 96e session tenue à Nancy et Verdun en 1933 par la Société Française d'Archéologie, Paris 1934, S. 138–146, hier S. 138–145;
MARIE-CLAIRE BURNAND, La Lorraine gothique (Les monuments de la France gothique), Paris 1989, S. 331 f.;
SUZANNE BRAUN (textes), JACQUES HAMPE (photographies), Lorraine gothique (Itinéraires gothiques), Dijon 2013, S. 218–221.

Aufgenommen mit Nikon D700 mit Nikkor PC-E 1:3,5/24mm vom Stativ (Novoflex Quadropod). Die Bildbearbeitung (Nikon Capture NX2 und Photoshop CS 5.1) musste sehr subtil ausfallen, um den starken Helligkeitsgegensatz zwischen dem hellen Mittel- und dem dunklen Seitenschiff nicht zu verwischen. Das bedeutete eher mehr als weniger Aufwand, aber es ist nicht der schlechteste Weg, ein partielles "Zuviel" zurückzukorrigieren! Etwas an "stürzenden Linien" war auch noch zu geradezustellen, das bedeutete auch hier: die Zwickel unten rechts und links anstücken.

Kommentare 6

  • Kyra Kostena 10. August 2016, 12:50

    Der Einbezug der brennenden Kerzen verleiht dem Bild eine Lebendigkeit welche in diesem alten Gemäuer nicht zwingend zu erkennen ist. Liebe Grüsse Prisca
  • Tavor 25. März 2016, 8:28

    Hallo Uwe,
    ich war schon einmal in Charmes, hatte allerdings keine Gelegenheit, mir damals die Kirche auch von Innen anzusehen. Sehr schade, wie ich nun erkennen kann. Eine feine spätgotische Arbeit, wie man sie in Lothringen häufig finden kann und die ich sehr mag.
    Was den Rheingrafenstein betrifft, hatte mich zuerst der außergewöhnliche Blick ins Nahetal gereizt, den ich schon von früheren Besuchen kannte. Ich war inzwischen auch wieder in Steinkallenfels. Hier erschreckte mich allerdings der sehr schlechte Zustand der Ruine.
    Herzliche Grüße und schöne Feiertage. Stefan
  • Andreas Liwinskas 22. März 2016, 19:27

    Hier gefällt mir alles...Motiv und Info sind auf hüöchsten Niveau !...LG Andreas
  • Ela Ge 22. März 2016, 0:28

    Hier begeistert mich dieses ganz spezielle 'marode' Licht, das nur solches Gemäuer erzeugen/widerspiegeln kann. Über deinen wie immer bedachten Aufnahmestandpunkt brauch ma gar nicht zu diskutieren.
  • Andy-p 21. März 2016, 19:30

    Der Standpunkt war gut gewählt. Bearbeitung und Farben sind sehr gedacht wiedergegeben. Sehr schade finde ich das in Frankreich sehr wenig für Restaurierung ausgegeben wird das sieht man an den Wänden. Mich begeistern immer wieder deine gut gedachte und erforschte Info die ich immer mit großer Interesse lese.
    Schöne Grüße
    Andy
  • Ursula Elise 21. März 2016, 18:15

    Ich habe gesucht, ob vielleicht schon ein Foto von dir aus dieser Kirche vorhanden wäre, und siehe da:

    CHARMES (Vosges), Église paroissiale Saint-Nicolas, Mittelschiff von Westen
    CHARMES (Vosges), Église paroissiale Saint-Nicolas, Mittelschiff von Westen
    Uwe Welz


    Beeindruckt bin ich hier von der fotografischen UND der erklärenden Qualität dessen, was du einstellst.
    Die fotografische Qualität kann ich nicht annähernd bieten (du hast es zu Recht bei einem Foto von mir geschrieben; ich lerne...); die erklärende wohl, wenn ich mich eben mit einer speziellen Kirche wirklich
    beschäftigt hätte.
    Ursula

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Kamera NIKON D700
Objektiv ---
Blende 11
Belichtungszeit 1
Brennweite 24.0 mm
ISO 200

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